Packerlweise Scheine
Kurzum: Man kann einen Händler, Gastronomen oder Dienstleister nicht dazu verpflichten, Bargeld anzunehmen – ohne dabei seine Rechte einzuschränken. Bargeld ist mit Aufwand und Risiken verbunden, gerade bei größeren Transaktionen.
Bezemek schildert ein Extrembeispiel: Würde man einen Autohändler dazu verpflichten, packerlweise Euroscheine anzunehmen, dann müsste er wohl einen Geldtransporter organisieren, der diese sicher zur Bank bringt. Das verursacht Kosten, die der Staat einem Privaten nicht aufbürden kann.
Schon jetzt gibt es einige – vor allem jüngere – Betriebe, die ausschließlich Kartenzahlung akzeptieren, weil sie sich die Kassenhaltung ersparen und die Buchhaltung vereinfachen wollen. Auch der Staat kann auf Kartenzahlung bzw. Überweisung bestehen, wenn der Verwaltungsaufwand sonst zu hoch wäre, sagt der Verfassungsjurist.
Kriminelle Geldflüsse
Welchen Effekt die Festschreibung hätte, hängt vom Modell ab, erklärt Bezemek. In der Light-Variante könnte das Bargeld als Staatsziel festgeschrieben werden und hätte dann in erster Linie Programm-Charakter für künftige Gesetzgeber. Aktuell gibt es die Wasser- und Lebensmittelversorgung sowie die Forschung als Staatsziel.
Bargeld könnte aber auch ein Grundrecht werden. Daran wäre der Gesetzgeber gebunden, wenn es um Pläne zur Einschränkung von Bargeld geht. Derzeit wird auf EU-Ebene ja über eine Geldwäsche-Richtlinie diskutiert, die eine Obergrenze von 10.000 Euro vorsieht, um kriminelle Geldflüsse zu erschweren. Auch hier stellt sich die Frage, ob und unter welchen Umständen die EU und die Mitgliedsstaaten Private zu der einen oder zu der anderen Zahlungsmodalität verpflichten können.
Angst vor Abschaffung
Im Finanzministerium wurde Anfang August eine „Taskforce Bargeld“ eingerichtet. Diese hat zwei Ziele definiert: Die Absicherung von Bargeld als Zahlungsmittel und der Zugang zum Bargeld – hier geht es etwa darum, das Netz an Bankomaten im ganzen Land abzusichern.
Im September soll ein runder Tisch mit Vertretern der Nationalbank und der Branchenvertretung stattfinden. Als Vorbereitung auf diesen Termin wurde der Verfassungsdienst beauftragt, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu prüfen.
➤ Hören Sie dazu auch unseren Daily-Podcast: Ist unser Bargeld in Gefahr?
Und dann gilt es noch, die Opposition ins Boot zu holen. Für eine Verfassungsmehrheit braucht die Regierung die Stimmen von SPÖ oder FPÖ. Von der FPÖ gibt es positive Signale – notgedrungen. Das Thema Bargeld bzw. das Horrorszenario einer Abschaffung steht seit Jahren ganz oben auf der blauen Agenda.
Generalsekretär Christian Hafenecker sagte am Sonntag im APA-Interview, man werde abwarten, was die Regierung vorlegt und zuerst das „Kleingedruckte“ lesen. „Ich traue der ÖVP und den Grünen nicht.“
„Dekorationselement“
Apropos Grüne: Die haben für das neue Lieblingsthema ihres Koalitionspartners wenig Verständnis: Das Bargeld sei mit den bestehenden Gesetzen gut abgesichert. „Das Bargeld bleibt, darüber gibt es überhaupt keine Diskussion“, hieß es zuletzt im Standard.
Aber auch innerhalb der ÖVP kann sich dafür nicht jeder begeistern: Der Tiroler Landeshauptmann Anton Mattle meinte, das Zahlen in bar, mit Karte oder mit Handy sei für ihn selbstverständlich und müsse nicht in den Verfassungsrang gehoben werden.
Sein steirischer Kollege Christopher Drexler sprach sich gegen „unnötige Dekorationselemente“ aus, die Verfassung solle „kein lyrisches Lesebuch sein“. Für Wilfried Haslauer, Salzburg, handelt es sich um ein „Sommerloch-Thema“ wie „Loch Ness“, das jedes Jahr komme.
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