Landespolitiker bringen im Sommerloch ihre Chefs in Bedrängnis. Das ist nicht nur schlecht

Woran merkt der geneigte Beobachter, dass die Qualität der bundespolitischen Debatten am Boden des Sommerlochs angekommen ist? Vielleicht daran, dass sie nicht nur den normalen Leuten, sondern auch den Landeshauptleuten zu blöd werden.
Mitten im August kämpft der heimische Polit-Betrieb also nicht nur mit seiner eigenen Inhaltsleere (Wurde Herbert Kickl mit Eva Glawischnig bei den Salzburger Festspielen gesichtet? Hat Christian Kern beim Flaschendrehen Verena Altenberger geküsst? Oder war es umgekehrt? Egal), sondern auch mit zunehmendem Gegenwind der Landeschefs. Diese haben sich zuletzt offenbar eine ordentliche Portion föderalen Mutes angeurlaubt – und bringen ihre Bundesparteichefs nun in Bedrängnis.
Kanzler Karl Nehammer, der im jüngsten Video die Bürger (im jovialen Plauderton per Du) zu ihren Zahlungsgewohnheiten befragt und damit die türkise Vorherrschaft über das Thema Bargeld (geklaut von der FPÖ) stärken will, hat sich gleich von drei Landeschefs eine Schelte geholt: Tirols Anton Mattle hält die Verankerung des Bargelds in der Verfassung ebenso wenig für notwendig wie Salzburgs Wilfried Haslauer, der den Vorstoß offen als „Sommerloch-Thema“ abtat.
Steiermarks Christopher Drexler verwehrt sich gegen „unnötige Dekorationselemente“ in der Verfassung. Bei der alten schwarzen Landesriege – von Josef Pühringer bis Erwin Pröll – war man Derartiges gewohnt, bevor Sebastian Kurz die Partei in den Griff bekam. Dass nun Dienstjüngere wie Mattle und Drexler die Tradition wiederbeleben, ist spannend.
Alles bloß ein Zeichen für türkise Führungsschwäche? Mitnichten. Der frisch gewählte SPÖ-Chef Andreas Babler schafft es nicht einmal, den Ex-Kontrahenten, Burgenlands Hans Peter Doskozil, zum gemeinsamen Sommerausflug zu bewegen.
FPÖ-Chef Herbert Kickl – parteiintern und in der Wählergunst an sich im Höhenflug – holte sich mit der Forderung nach einer Nulllohnrunde für Landespolitiker eine Abfuhr. Dass Oberösterreichs Landesvize Manfred Haimbuchner gegen den Chef aufbegehrt, ist dabei noch weniger verwunderlich. Dass sich die Kickl-treue Marlene Svazek, die erst seit Juni in Salzburg mitregiert, gegen ihn stellt, schon eher.
Besser läuft es nur für die Chefs bei Grün und Pink – wer kaum noch funktionierende Landesparteien hat, hat wenig Zuruf zu befürchten. (Und Wiens pinker Vize Christoph Wiederkehr hat bereits von Michael Ludwig gelernt, wie man vornehm schweigt.)
Dass Landespolitiker gegen die Sommerloch-Debatten aufbegehren, ist an sich nichts Schlechtes. (Wenn sie zugleich auch noch beweisen könnten, dass sie es anders machen – umso besser!) Unklar ist, wie lange der (Über-)Mut hält: Die Bundesparteien werden – auch mit Blick auf die anstehende Nationalratswahl – danach trachten, ihre Landeskaiser bald wieder auf Linie zu bringen.

Christoph Schwarz leitet das Chronik-Ressort des KURIER.
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