Die Hausdurchsuchungen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beim Meinungsforschungsinstitut Demox, bei dessen Geschäftsführer Paul Unterhuber und beim Meinungsforscher Franz Sommer vor wenigen Wochen haben viel Staub aufgewirbelt.
Laut WKStA besteht der Verdacht, dass im Namen von drei Ministerien (Landwirtschaft, Verteidigung, Wirtschaft und Digitalisierung) in den Jahren 2020 und 2021 „eine Reihe von Umfragen beauftragt wurden, für die keine oder nur teilweise sachliche Notwendigkeit bestand“. Außerdem hätten die Umfragen „ministeriumsfremde Fragen zum Inhalt, die zumindest zum Teil anderen Zwecken gedient haben dürften“.
„Nachdem die drei genannten Ministerien mit Ministern der ÖVP besetzt waren, drängt sich der logische Schluss auf, dass die systematische parteipolitische Umfragetätigkeit im Interesse dieser Partei erfolgte“, so die WKStA in den Anordnungen. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Untreue, des Betrugs gegen fünf Beschuldigte.
Vor Kurzem hat Demox-Geschäftsführer Paul Unterhuber nun gegen die Hausdurchsuchungen „eine Beschwerde und einen Einspruch wegen Rechtsverletzung“ eingebracht.
„Die WKStA hat (in den Anordnungen) einen Sachverhalt behauptet, dem die vorliegenden Akten drastisch widersprechen. Basierend auf dem bekannten Akteninhalt steht bereits eindeutig fest, (…) dass überhaupt kein Tatverdacht und erst Recht kein begründeter Tatverdacht vorliegt“, heißt es in der Beschwerde. „Der angebliche Tatverdacht ist rechtlich vollkommen verfehlt.“
Am 18. Juli führte die WKStA bei Demox und an Unterhubers Privatadresse Hausdurchsuchungen durch. Am 21. August beantragte die WKStA zwei zusätzliche Razzien bei einem weiteren Institut und dem Meinungsforscher Franz Sommer, der mit Demox zusammenarbeitet und immer wieder Umfragen für die ÖVP gemacht hat.
Keine Dringlichkeit
Laut Beschwerde soll eine gerichtliche HD-Bewilligung am 21. August ausgeblieben sein. Am nächsten Tag ordnete die WKStA dennoch diese zwei Haussuchungen an, „wobei erst während der Amtshandlung die zweite gerichtliche Bewilligung fernmündlich vom Journaldienst eingeholt“ worden sein soll. „Dies, obwohl keine Dringlichkeit bestand, sind doch die Vorwürfe seit eineinhalb Jahren aktenkundig“, heißt es in der Beschwerde.
Indes dreht sich einer der Hauptvorwürfe der WKStA um sogenannte Omnibusumfragen. Bei diesen Umfragen werden mehrere Themenkreise für mehrere Auftraggeber abgefragt. So moniert die WKStA, „dass in keinem Vertrag oder Vertragsentwurf zwischen Demox und den verschiedenen Ministerien eine entsprechende Omnibus-Klausel gefunden wurde“.
Dem wird in der Beschwerde widersprochen. Demox habe zum Beispiel gegenüber dem Verteidigungsministerium „ausdrücklich festgehalten, dass der Auftragnehmer sich eine Omnibus-Durchführung vorbehält“.
Werthaltige Umfragen?
Auch wirft die WKStA Demox vor, dass „für die Umfrageerstellung keine sachlich gerechtfertigten Gründe vorlagen“, weshalb beim Bund ein Schaden entstanden sei. Ein Beispiel: So soll das Landwirtschaftsministerium eine Umfrage bezahlt haben, wobei nur 106 der 148 Fragen laut WKStA „einen Zusammenhang mit den Sachgebieten des Landwirtschaftsministeriums bilden würden“.
Laut der Beschwerde sei aber kein Schaden entstanden. „Einzig relevant ist, hat das, was das Ministerium erhalten hat, einen Wert (zumindest) in der Höhe vom bezahlten Honorar gehabt. Dies war im gegenständlichen Fall jedenfalls der Fall“, heißt es in der Beschwerde weiter. „Bloße Gerüchte und vage Vermutungen allein reichen für eine Durchsuchung nicht aus“, wird der OGH in der Beschwerde zitiert. „Auch Spekulationen begründen keinen Anfangsverdacht.“ Statt den Razzien hätte die WKStA einen Sachverständigen beiziehen sollen, heißt es weiter, ob die Umfragen „werthaltig waren bzw. dem Wert in der Höhe des erhaltenen Honorars entsprochen haben“.
Software für Spionage bei erster Razzia eingesetzt?
In Paul Unterhubers Beschwerde wird auch behauptet, dass die WKStA bei der ersten Hausdurchsuchung rechtswidrigerweise „ein Spionagesoftware“ eingesetzt habe. Demox sei kooperativ gewesen, hätte den Ermittlern Zugang zu den Demox-Serverdaten verschafft. So wurde das nötige Passwort freiwillig in den Laptop der Ermittler eingetippt; in der Annahme, es sei eine einmalige Handlung und die Daten werden danach gemeinsam gesichtet.
„Als schließlich die Sichtung der relevanten Dateien mit dem anwesenden Oberstaatsanwalt erfolgten sollte“, heißt es in der Beschwerde, stellte sich angeblich heraus, dass die Beamten „bereits zu Beginn der Amtshandlung eine Überwachungssoftware („Screen recording“) auf dem Laptop installiert hatten und laufen ließen, die das geschützte Passwort des Demox-Geschäftsführers heimlich aufzeichnete“. Der Oberstaatsanwalt ordnete daraufhin mündlich „die Sicherstellung aller elektronischen Dateien am Serverlaufwerk der Demox an“.
Laut Beschwerde „lag und liegt eine gerichtliche Genehmigung für den Einsatz einer Überwachungssoftware nicht vor“.
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