U-Ausschuss: Der Bericht des Verfahrensrichters im Detail

Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl im Ibiza-Untersuchungsausschuss.
ÖVP außer im Glücksspielbereich entlastet. Posten für Spende nur im Fall Stieglitz.

Elf Untersuchungsgegenstände auf insgesamt 870 Seiten hat Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl in seinem Abschlussbericht behandelt. Die Themen und Inhalte im Detail:

GLÜCKSSPIEL

Hier wollte Novomatic laut Pöschl neue Berechtigungen in Österreich - sowohl im terrestrischen als auch im Onlinebereich. "Novomatic strebte daher eine Änderung des Glücksspielgesetzes an." Die guten Kontakte zum Finanzministerium - vor allem zum damaligen Generalsekretär Thomas Schmid, der bis vor Kurzen als ÖBAG-Chef fungierte und zum seinerzeitigen Minister Hartwig Löger - seien dafür genauso genutzt worden wie der Kontakt zu Strache. Bei dessen Einsatz für einen Pokersalon für "Pokerkönig" Peter Zanoni ortet der Verfahrensrichter übrigens "Parallelen zu Grubmüllers Privatklinik Währing und deren Aufnahme in den Prikraf": "Strache verwendete auch nahezu die gleichen Worte, als er Zanoni aufforderte, mitzuteilen, 'welches Gesetz für ihn wichtig wäre'".

Der Untersuchungsausschuss hat im Bereich des Glücksspiels keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass Bundeskanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz in sogenannte "Hintergrunddeals" direkt eingebunden gewesen wäre, führt der Verfahrensrichter aus. "Nach den vorliegenden Erkenntnissen war Kurz über wesentliche Ereignisse, wie Postenbesetzungen und die grundsätzliche Ausrichtung von Gesetzesvorhaben informiert. Anhaltspunkte dafür, dass der Bundeskanzler darüber hinaus bestimmenden Einfluss auf die beschriebenen Geschehnisse in diesem Bereich hatte, konnten nicht gefunden werden."

CASAG - Casinos Austria

Hier ist laut Pöschl ein "gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis" zwischen der früheren türkis-blauen Regierung und dem Novomatic-Konzern entstanden, auch wenn ein konkreter Deal nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte. Mit einem "Deal" zwischen den früheren Koalitionspartnern ÖVP und FPÖ mit der Novomatic ist anhand von Angaben in einer Anzeige gemeint, dass es Glücksspiellizenzen im Gegenzug für das mit der Republik abgestimmte Stimmverhalten in der Hauptversammlung der Casinos Austria AG (Casag) geben habe. Das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Regierung und Glücksspielkonzern "führte nicht nur zur Vorstandsbestellung des FPÖ-Mannes Sidlo (Peter, Anm.), sondern ermöglichte der Novomatic Mitsprachemöglichkeiten im Bereich des Glücksspiels und die Aussicht auf eine wunschgemäße Änderung des Glücksspielgesetzes", schreibt Pöschl.

ÖBAG

Hier seien die Besetzungen mit qualifizierten Personen erfolgt. Eine Parteinähe ändere nichts an der Befähigung. "In Anbetracht der Wichtigkeit der zu besetzenden Positionen ist es nicht verwunderlich, dass sich Bundeskanzler und Vizekanzler als Obmänner der Regierungsparteien in die durch den Finanzminister vorzunehmende Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder einbrachten", so Pöschl. Das entspreche Abläufen in der Realpolitik. Kanzler Kurz hat seine Rolle in diesem Zusammenhang bei seiner Aussage im U-Ausschuss kleingeredet, was sich aber durch nachträglich bekannt gewordene Chats anders darstellte. Daher ermittelt die WKStA wegen einer mutmaßlichen Falschaussage gegen Kurz. Die Ausschreibung für den Vorstand sei vom Finanzministerium vorgefertigt worden. Der Aufsichtsrat habe für Bewerber Thomas Schmid - damals noch Generalsekretär des Finanzministeriums - günstige Passagen unverändert gelassen.

Gegen die Ausschreibungsgrundsätze der Objektivität, Effektivität und Transparenz "wurde bei Vorbereitung und Durchführung der Ausschreibung des Postens eines Vorstandes der ÖBAG mehrfach verstoßen, obwohl durch den Aufsichtsrat die formellen Bestimmungen des Stellenbesetzungsgesetzes eingehalten wurde", so Pöschl.

ARE

Der Verfahrensrichter ortet keine Einflussnahmen der türkis-blauen Bundesregierung, die über grundsätzlich zulässige Richtungsentscheidungen hinausgehen. "Dass unterschiedliche Bundesregierungen, je nach der politischen Ausrichtung, auch unterschiedliche Strategien hinsichtlich des Bundesvermögens festlegen" und bei der ARE "Wert auf gewinnorientiertes Wirtschaften gelegt wurde", sei berechtigter Gestaltungswille.

PROJEKT "EDELSTEIN"

Zum Projekt "Edelstein", also dem angedachten Verkauf des Bundesrechenzentrums (BRZ) an die Post AG, stellt der Bericht des Verfahrensrichters fest, dass die Hintergründe, Motive und Strategien weitestgehend aufgeklärt werden hätten können. "Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Arbeiten an diesem Projekt aus anderen als den durch das Regierungsprogramm vorgegebenen objektiven Gründen erfolgten", heißt es wörtlich dazu.

VEREINE

Dass aufgrund von Spenden an parteinahe Vereine bestimmte politische Handlungen bewirkt werden sollten, konnte laut Bericht nur in einem Fall festgestellt werden: So spendete der Immobilienunternehmer Siegfried Stieglitz vor seiner Bestellung in den Aufsichtsrat der ASFINAG insgesamt 10.000 Euro an den FPÖ-Verein Austria in Motion. Aus Chats ergebe sich, dass Stieglitz, Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und der damalige freiheitliche Infrastrukturminister Norbert Hofer vereinbart hätten, dass Stieglitz auf sein Drängen hin in einen Aufsichtsrat bestellt wird.

Auf ÖVP-Seite war der Fokus bei den Vereinen auf das Alois-Mock-Institut gerichtet, dem Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka selbst vorsteht. Dazu heißt es in dem Bericht, das Beweisverfahren habe keine Hinweise zu Geld- oder Sachleistungen an das Alois Mock Institut sowie an die anderen ÖVP-nahen Vereine ergeben, "die über die Förderung des Vereinszwecks in Form von Sponsorings oder Kooperationen und das Entgelt für Inserate hinaus der ÖVP zugutekommen sollten, um deren Bundespolitiker in Richtung der zu untersuchenden Beweisthemen zu beeinflussen".

SPENDEN

Keine Anhaltspunkt findet Pöschl in seinem Bericht für Spenden als Bedingung für Postenvergaben. Es "konnte eine derartige Bedingtheit in keinem Fall von Postenbesetzungen im Bereich der ÖVP nachgewiesen werden", lautet das Ergebnis dieses Kapitels, das sich unter anderem mit dem "Projekt Ballhausplatz" beschäftigt. Viele der Auskunftspersonen hätten nahezu übereinstimmend als Motiv die Hoffnung angegeben, es werde mit einer Regierung Kurz mehr Schwung in die politische und wirtschaftliche Entwicklung in Österreich kommen. "Ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen Spenden und der Bestellung als Aufsichtsrat in einem staatsnahen Unternehmen konnte nicht hergestellt werden."

PRIKRAF - Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds

Beim Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (Prikraf) wurde FPÖ wie ÖVP vorgeworfen, Spenden von Privatklinikbetreibern im Gegenzug für eine Reform der Privatkrankenanstalten-Finanzierung erhalten zu haben. Pöschl weist in seinem Bericht darauf hin, "dass durch das Fehlen gesetzlicher Regelungen ein Anspruchswerber darauf angewiesen ist, Entscheidungsträger der Politik und der Sozialpartner seinem Anliegen günstig zu stimmen". Der Betreiber der Privatklinik Währing, der derzeit mit Strache vor Gericht steht, "hat daher den Weg über die Politik genommen". Gefälligkeiten, wie die Einladungen Straches in Grubmüllers Haus auf Korfu, "könnten zwar auch mit der langjährigen Bekanntschaft erklärt werden, aber auch mit der Dankbarkeit für Straches Einsatz und in der Hoffnung auf sein weiteres Engagement".

IBIZA-ERMITTLUNGEN

Auf die Ibiza-Ermittlungen sieht Pöschl "keine Einflussnahme" der Politik, wenn auch "ungewöhnliche Handlungsweisen" des inzwischen suspendierten Justiz-Sektionschefs Christian Pilnacek und des Leiters der Oberstaatsanwaltschaft (OStA) Wien, Johann Fuchs. Mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) habe es ein "zerrüttetes Verhältnis" gegeben. Jedenfalls wäre es Sache der jeweils zuständigen Minister Josef Moser und Clemens Jabloner gewesen, "gerade wegen der Bedeutung des zu behandelnden Falles nicht nur den Fortgang der Mediation, sondern auch das Verhalten der beteiligten Amtsträger aufmerksam zu verfolgen und aktiv gegen Befangenheiten vorzugehen".

SCHREDDER-AFFÄRE

Auch in der sogenannten Schredder-Affäre entlastet der Bericht die ÖVP. Das Verfahren habe keine Anhaltspunkte dafür geliefert, dass das Schreddern von insgesamt fünf Festplatten durch einen Mitarbeiter im Kanzleramt seinen Grund darin hatte, dass Beweismittel zur Causa Ibiza vernichtet werden sollten. Ebenso wenig konnte zugrunde gelegt werden, "dass das Schreddern von Festplatten an sich ungewöhnlich wäre", heißt es in dem Bericht. Abschließend wies Pöschl darauf hin, "dass es bei ausreichend professioneller Zusammenarbeit zwischen WKStA und Soko Tape wohl möglich gewesen wäre, festzustellen, ob und von wem der damalige Mitarbeiter im Kanzleramt auf seinem Laptop und seinem Mobiltelefon Aufträge erhalten hat".

FMA- Finanzmarktaufsicht

Bei der unter Türkis-Blau geplanten Reform der Finanzmarktaufsicht (FMA) ortet der Bericht "die überragende Bedeutung des Absteckens politischer Einflusssphären und das Zurücktreten sachlicher Überlegungen". Strache hatte an verschiedene Chatteilnehmer sein Entgegenkommen "bei OeNB zu FMA-neu" mit verschiedenen Postenbesetzungen zugunsten der FPÖ junktimiert. Die rein parteipolitische Ausrichtung spiegle sich auch in der Bestellung der Mitglieder des Generalrates und des Direktoriums der OeNB wider.

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