Neuer ÖBAG-Chef: Wie Top-Favorit Wolfgang Hesoun diskreditiert wird
In nicht einmal zwei Wochen läuft die Ausschreibungsfrist für den Alleinvorstand der Staatsholding ÖBAG ab. Klar, dass in Politik- und Wirtschaftskreisen heftig über die Nachfolge von Thomas Schmid spekuliert und intrigiert wird. Immerhin geht es um die Leitung von Österreichs größter Industrieholding, die Beteiligungen der Republik im aktuellen Börsenwert von 27 Milliarden Euro managt. Ein Job zwischen Politik und Wirtschaft, mit viel Einfluss und stark unter öffentlicher Beobachtung.
Als Top-Favorit wird nach wie vor Wolfgang Hesoun gehandelt, Chef von Siemens Österreich. Der 61-jährige Top-Manager gilt als SP-nahe, kann aber mit allen politischen Parteien gut, ist ein hervorragender Netzwerker bis hin zu ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz und in Wirtschaftskreisen sowie bei den Sozialpartnern hoch angesehen. Für Kurz und den formal zuständigen Finanzminister Gernot Blümel hätte die Bestellung von Hesoun außerdem den Charme, dass sie nach dem Wirbel um Schmid keinen eigenen Parteigänger an die ÖBAG-Spitze setzen würden.
Ein perfekter Chef für die Staatsholding, würde man meinen. Weil es an Hesouns Performance nichts auszusetzen gibt, wird im Intrigenstadl mit einem reichlich seltsamen Argument gearbeitet, um ihn doch noch zu degradieren. Sein Englisch sei zu schlecht für den ÖBAG-Job, wird in ÖVP- und in Aufsichtsrats-Kreisen kolportiert.
Seit fast elf Jahren managt Hesoun erfolgreich Siemens Österreich, ist verantwortlich für 8800 Mitarbeiter und 2,6 Milliarden Euro Umsatz. Siemens Österreich ist im Konzern zuständig für Zentral- und Osteuropa, insgesamt 21 Länder. Zuvor stand Hesoun an der Spitze des börsenotierten Baukonzerns Porr. Bisher jedenfalls war kein Vorstand der Staatsholding derart breit international aufgestellt.
Dolmetscher oder Industriemanager?
Aber vielleicht will man einen Dolmetscher und keinen g’standenen Industriemanager. Der es für den ÖBAG-Job bei der Gage auch noch billiger geben würde. Mit Siemens-Dimensionen kann die Republik nicht mithalten. Sieht jedenfalls ganz so aus, als ob Hesoun gezielt verhindert werden solle.
Insider unterstellen Teilen des Aufsichtsrates und Vorsitzendem Helmut Kern gewisse Ambitionen. Kern leitet den Nominierungsausschuss, in dem noch der Wärmepumpenhersteller Karl Ochsner und Telekom-Betriebsratschef Werner Luksch sitzen. Als Headhunter ist Egon Zehnder beauftragt.
Kern wolle einen schwachen Vorstand und favorisiere daher Susanne Höllinger, 56, Ex-Raiffeisen-Bankerin und ÖBAG-Aufsichtsrätin, wird kolportiert. Höllinger ist jene Managerin, die Schmid in seinen Chats für den Aufsichtsrat als „steuerbar“ empfahl, die für Niederösterreich „delikate Sachen sauber erledigt“ habe.
Es ist allerdings nicht anzunehmen, dass die Grünen einem fliegenden Wechsel vom Aufsichtsrat in den Vorstand zustimmen würden. Absichten, selbst den Vorstand zu übernehmen, hatte Kern immer dementiert. Wäre ohnehin nicht realistisch.
Aus der ÖBAG hört man auch, dass Kern versuche, das derzeitige Machtvakuum in der Staatsholding zu nutzen und sich über die eher schwache Interims-Vorständen Christine Catasta hinweg ins operative Geschäft einzumischen. Er wolle, heißt es, „bei allen wichtigen Sachen selbst dabei sein“.
Kern will gegenüber dem KURIER zu den Spekulationen keine Stellung nehmen.: „Ich kommentiere keine Gerüchte“. Zum Vorwurf, er wolle einen schwachen Vorstand, sagt Kern: „Das ist vollkommener Unsinn. Ein schwacher ÖBAG-Vorstand ist nicht im Sinn der Republik, im Gegenteil, wir wollen eine möglichst starke Persönlichkeit“. Die ÖBAG brauche Augenhöhe mit den CEOs der Beteiligungsunternehmen und mit den Syndikatspartnern sowie eine starke Vertretung in den Aufsichtsräten der Beteiligungen.
In Eigentümerkreisen empfiehlt man dem ÖBAG-Aufsichtsrat jedenfalls, den Ball derzeit flach zu halten und den Headhunter arbeiten zu lassen. Bei der für Mitte September geplanten Entscheidung wird die Politik ein gewichtiges Wörtchen mitreden. Sein Amt soll der Schmid-Nachfolger dann Anfang 2022 antreten.
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