Mit einem überdimensionalen Besen haben die Initiatoren des Anti-Korruptionsvolksbegehrens am Dienstag vor dem Bundeskanzleramt gekehrt. Anlass ist der internationale Anti-Korruptionstag am 9. Dezember.
Mit der Aktion sandte die Initiative auch gleich eine Botschaft an die neu aufgestellte Regierung: Die Bekämpfung von Korruption müsse zum zentralen Thema werden – zumal Korruptionsvorwürfe ja auch Anlass für die Regierungsumbildung waren.
Gemeint ist die Ibiza-Affäre mit ihren Nebensträngen, die zuletzt auch zum Rücktritt von Kanzler Sebastian Kurz geführt haben. Zentrales Element ist das Handy von Ex-Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid: Zufallsfunde führten zu immer neuen Ermittlungen, wurden im U-Ausschuss und in der Öffentlichkeit breitgetreten.
Dadurch wurde auch eine Debatte um die Abgrenzung zwischen privaten und beruflichen bzw. politisch relevanten Dingen, die sich auf einem Handy finden, entfacht.
Sauberer wäre der Schnitt, würden (Ex-)Politiker wie Kurz oder Blümel ihre Diensthandys nicht auch privat nutzen. Dafür plädiert Bettina Knötzl, Präsidentin von Transparency International Österreich und Anwältin. „Schon allein aus Sicherheitsgründen sollte jeder, der mit Amtsgeheimnissen in Berührung kommt, strikt zwischen beruflichem und privatem Handy trennen.“
Vorteil für Beschuldigte, Erschwernis für Justiz
Das Zufallsfund-Thema würde dadurch entschärft, sagt Knötzl: Wenn die Staatsanwaltschaft einen Minister beispielsweise des Amtsmissbrauchs verdächtigt, würde in erster Linie sein Diensthandy beschlagnahmt. Für das private Handy bräuchte es noch einmal konkrete Verdachtsmomente. Ein Vorteil für Beschuldigte, eine Erschwernis für Ermittler sowie Aufdecker im U-Ausschuss.
Drittens wäre ein separates Diensthandy, dessen Daten nachhaltig gesichert werden können, im Sinne von Transparenz und Geschichtsforschung „extrem wünschenswert“, betont Knötzl. Ein Amtsträger könnte am Ende seiner Amtszeit einfach sein Diensthandy im Staatsarchiv abgeben.
Derzeit landet dort laut geltendem Bundesarchivgesetz nur „Schriftgut“. Das können durchaus auch elektronische Akten sein. Rein digitale Inhalte gehören aber nicht dazu.
Im April 2019 war eine Novelle per einstimmigem Entschließungsantrag im Parlament geplant (der KURIER berichtete). Dann platzte die Ibiza-Affäre, der Plan wurde ad acta gelegt. „Dabei wäre die Novelle gerade seit der Ibiza-Affäre wichtiger denn je“, sagt Knötzl.
SPÖ-Vorstoß vertagt
Die SPÖ startete kürzlich mit einem Antrag im Verfassungsausschuss einen neuen Anlauf. Die Forderungen: Regierungsmitglieder und andere Oberste Organe sollen auch digitales Schrift- und Kommunikationsgut ans Staatsarchiv liefern müssen.
Zudem sollen sie dazu verpflichtet werden, einzig für dienstliche Zwecke vorgesehene Mobiltelefone zu benutzen. Das Löschen von Daten solle strafrechtlich verfolgt werden. Der Antrag wurde vertagt.
SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried sieht Handlungsbedarf: Ex-Kanzler Kurz gab ja zu, sein Handy regelmäßig zu löschen. „Nicht ohne Grund“, meint Leichtfried. „Wir brauchen ein Archivgesetz auf der Höhe der Zeit.“
Kanzleramt: "Nicht übers Ziel hinausschießen"
Im Bundeskanzleramt gibt es bereits Pläne, das Gesetz zu präzisieren, Historiker und IT-Experten sollen eingebunden werden. Wer auf volle Transparenz hofft, wird enttäuscht. „Chats sind vergleichbar mit persönlichen Gesprächen. Die Archivierung aller Nachrichten würde über das Ziel hinausschießen und einer vollumfänglichen Überwachung gleichkommen“, heißt es aus dem Bundeskanzleramt.
Kommentare