Politiker-Postings wandern ab sofort ins Staatsarchiv

Politiker-Postings wandern ab sofort ins Staatsarchiv
Einstimmiger Beschluss im Kulturausschuss- Online-Aktivitäten der Spitzenpolitiker bekommen „Dokumentenstatus“.

Social-Media: Politiker Postings sollen gespeichert werden

Vizekanzler Heinz-Christian Strache wird sich in Zukunft wohl zweimal überlegen, was er auf Facebook postet. Nach einem „Satire“-Beitrag musste der FPÖ-Chef letztes Jahr eine Entschuldigung und eine Strafzahlung an ZiB-Moderator Armin Wolf richten. Anschließend löschte er sein Posting – und das wird bald nicht mehr möglich sein: Künftig werden sämtliche Postings von Spitzenpolitikern in den sozialen Medien im Staatsarchiv gespeichert.

Das ist der einhellige Wunsch aller fünf Nationalratsparteien. Laut einem Nationalratsantrag, der noch im April beschlossen wird, sollen sämtliche Online-Aktivitäten der „obersten Staatsorgane“ – also Bundespräsident, Kanzler, Minister und Staatssekretäre – aufgezeichnet werden.

„Substanzlos“

In Zukunft werden also Inhalte wie das Video eines Pizza liefernden Kanzlers archiviert – oder beide Varianten des bearbeiteten Fotos eines Kanzler-Besuchs in Vorarlberg. „Kommunikation ist aktuell so substanzlos wie nie zuvor“, sagt Wolfgang Maderthaner, Leiter des österreichischen Staatsarchivs. Durch die neue „wichtige und richtige Regelung“ werde sie jedoch greifbarer gemacht.

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Für dieses Posting musste sich Strache öffentlich bei Armin Wolf entschuldigen.

Die Archivierung dient in erster Linie der rechtlichen Absicherung – so kann zum Beispiel im Zuge eines Untersuchungsausschusses darauf zurückgegriffen werden. Aber auch aus historischer und politikwissenschaftlicher Sicht sind solche Sammlungen interessant. „Es ist ein Muss, dass solche Daten der Wissenschaft zugänglich gemacht werden“, sagt Maderthaner.

E-Mails werden auch heute schon im Staatsarchiv gesammelt, aber „zum Mail-Verkehr gibt es keine besondere Regelung“, sagt der Chef-Archivar. Rein rechtlich werden sie noch wie Briefe behandelt – außerhalb eines Untersuchungsausschusses darf auf sie also erst nach Ablauf einer Frist von 30 Jahren zugegriffen werden.

Der angekündigte Fünf-Parteien-Beschluss im Nationalrat ist eine Aufforderung an die Regierung, tätig zu werden. Der zuständige Minister, Gernot Blümel, sicherte  allerdings bereits zu, noch diesen Herbst einen  Gesetzesentwurf vorzulegen.

In dem Gesetz muss auch klargestellt werden, was genau gespeichert werden soll. „Alles, was im digitalen Raum von Staatsorganen gepostet wird, stellt einen Teil des kulturellen Erbes dar“, sagt ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer.

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Bundeskanzler Sebastian Kurz zu Besuch bei Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner: Das Foto erschien zweimal auf Facebook, da auf dem Bild im Hintergrund ein Joint zu sehen war.

„Man muss aufpassen“

Für FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz wären Nachrichten via WhatsApp auch inbegriffen, es gehe schließlich um die gesamte Kommunikation. Grundsätzlich begrüßt er die Idee, die wohl auch zu mehr Sensibilität im Netz führen würde. Der Anwalt meint aber auch sonst: „Es muss jeder, der ein politisches Amt hat, wissen, was er tut und was er schreibt.“

Auch Thomas Drozda, Bundesgeschäftsführer der SPÖ, steht zu dem Vorhaben. Er selbst habe schließlich auch schon die Folgen unbedachter Postings gespürt: „Aus der Emotion heraus schreibt man schnell etwas, das nachher nicht mehr so gut wirkt. Die Rache des Journalisten an den Politikern ist das Archiv.“

Letztlich wird es von den technischen Möglichkeiten und vorhandenen Ressourcen abhängen, was gespeichert wird. Maderthaner will da noch keine Prognose abgeben, aber: „Der Archivar will natürlich immer möglichst viel archivieren.“

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