Was Pilnaceks Rückkehr ins Justizministerium blockierte

Was Pilnaceks Rückkehr ins Justizministerium blockierte
Verfahren in Innsbruck noch offen, Gespräche im Justizministerium sollen aber bereits stattgefunden haben. Pilnacek verstarb am Freitag.

Der tragische Tod von Christian Pilnacek, ehemals Sektionschef im Justizministerium, hat am Freitag nicht nur den Prozess gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen Falschaussage überschattet. Er führte auch zu einer emotionalen Debatte, wie in Strafverfahren mit persönlichen Informationen, wie Chat-Nachrichten, medial umgegangen werden soll.

Pilnacek galt unter Wegbegleitern als streitbarer – weil meinungsstarker – und gleichsam hervorragender Jurist, der „sieben Tage die Woche“ für seinen Job lebte. Diesem konnte er seit Februar 2021 nicht mehr nachgehen.

 Mehr lesen Sie hier: Wer war Christian Pilnacek?

Die Staatsanwaltschaft Wien stellte damals Pilnaceks Handy sicher. Der Vorwurf: Er soll Investor Michael Tojner 2019 eine Hausdurchsuchung verraten haben. Diese Causa ist noch offen und wohl der Hauptgrund, warum das Justizministerium von Alma Zadić (Grüne) Pilnaceks Suspendierung bisher nicht zurücknahm.

Vermehrt Gespräche

Wie aus gut informierten Justizkreisen zu hören ist, gab es zuletzt aber vermehrt Gespräche im Justizministerium, wie man Pilnaceks Rückkehr gestalten könnte. Schließlich war absehbar, dass das Strafverfahren – dafür zuständig ist die Staatsanwaltschaft Innsbruck – zu einem Abschluss kommen wird.

Beobachter rechneten schon seit längerer Zeit mit einer Einstellung des Verfahrens. Danach hätte die Bundesdisziplinarbehörde die Suspendierung wohl aufgehoben. Ob das Verfahren vor dem Abschluss stand, wollte die Staatsanwaltschaft Innsbruck auf KURIER-Anfrage nicht kommentieren. Nach Pilnaceks Tod wird es nun natürlich zeitnah eingestellt.

Mehr lesen: "An den Pranger gestellt": Kurz kritisiert Umgang mit Pilnacek

Zufallsfunde

Ebenfalls noch offen, für die Suspendierung aber wohl nicht mehr ausschlaggebend: Die Disziplinarbehörde brummte Pilnacek im April eine Geldstrafe von 11.000 Euro auf – etwa ein Monatsgehalt des Sektionschefs.

Hintergrund war eine „schwerwiegende Dienstpflichtverletzung“ im Februar 2021. Pilnacek hatte den damaligen Kabinettschef von Finanzminister Gernot Blümel via Chat beraten, wie er gegen eine Sicherstellungsanordnung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vorgehen soll und deren Aktion als „Putsch“ bezeichnet. Pilnacek beeinspruchte die Geldstrafe beim Bundesverwaltungsgericht (BVwG). Der Chat wurde Justiz und Öffentlichkeit nur bekannt, weil eben im Zuge der Ermittlungen Pilnaceks Handy beschlagnahmt wurde. Wegen „Zufallsfunden“ wie diesem sah sich Pilnacek in seinen Menschenrechten verletzt und zog bis vor Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

In weiteren straf- und disziplinarrechtlichen Fällen, die daraus resultierten, war Pilnacek übrigens freigesprochen worden.

Seine Suspendierung hatte die Disziplinarbehörde eigentlich 2021 aufgehoben. Das Justizministerium legte aber Berufung ein – und bekam vor dem BVwG sowie dem Verfassungsgerichtshof recht. Christian Pilnacek wurde 60 Jahre alt. Er gilt als Architekt der Strafprozessreform 2004.

➤ Leitartikel: Die Lehren aus dem Fall Pilnacek

Kommentare