Stopp bei Sozialmarkt
Dass immer mehr Menschen auf Hilfestellungen und Sozialleistungen angewiesen sind, das bekommt auch die Caritas zu spüren.
Das Problem: Bereits jetzt ist die Nachfrage in Sozialsupermärkten so hoch, dass zum ersten Mal überhaupt die Zahl der Kunden begrenzt werden muss, weil die Spenden dafür nicht ausreichen.
Michael Landau, Caritas-Präsident, sagte jüngst zum KURIER: „2021 haben wir allein in Wien durchschnittlich etwa 17 Tonnen an Lebensmitteln pro Woche ausgegeben. Zurzeit geben wir etwa 24 Tonnen aus. Allein in Wien haben wir um 30 Prozent mehr Anfragen als im Vorjahr, im Burgenland um 50 Prozent.“
Stellt sich die Frage: Wann wird sich das wieder bessern? Die ernüchternde Antwort: „Wir werden einen pandemieartigen Inflationsschub erleben“, erklärt Wirtschaftsforscher Stephan Schulmeister im KURIER-Gespräch. „Die Spannungen werden zunehmen und systematisch trifft es vor allem jene am meisten, die bereits jetzt von Armut betroffen sind. Für den sozialen Zusammenhalt ist das natürlich eine Katastrophe.“
Auch WIFO-Chef Gabriel Felbermayr prognostiziert, dass die Situation in naher Zukunft nicht einfacher wird. Er rechnet mit einem weiteren Inflationsanstieg und „kriegswirtschaftlichen Zuständen“, die die Menschen „auf die Straße treiben“ könnten.
Ein schwacher Trost: Noch wirken sich die durchwegs düsteren Prognosen zumindest nicht auf die Psyche von Kindern und Jugendlichen aus – jedenfalls noch nicht merklich. Bei der kostenlosen Krisen-Hotline „Rat auf Draht“ (147) heißt es auf KURIER-Anfrage, dass bei den Beratungsgesprächen Geldprobleme noch kein Thema seien. Auch bei Telefonaten mit Eltern gehe es gegenwärtig nicht um die finanzielle Situation, sondern um die seelische Belastung durch Pandemie und Krieg.
Dennoch, die Situation in der Gesellschaft ist merkbar angespannt. Wie soll und muss also die Politik auf diese prekäre Situation reagieren? „Wir müssen die Inflation bekämpfen und nicht ihre Folgen“, sagt Schulmeister. Ein geeignetes und zielführendes Mittel wäre seiner Meinung nach eine Online-Preisauszeichnungspflicht. Heißt: Die Preise, die die Kunden bereits jetzt im Supermarkt am Preisschild lesen können, sollen auch online verfügbar und damit vergleichbar gemacht werden.
„Aufgeschnalzte“ Preise
Gleichzeitig müsse die Politik mehr Transparenz schaffen. Denn eines der größten Probleme sei, dass die Unternehmen die Notlage der Menschen ausnützen können, indem die Preise nicht nur um jenen Faktor erhöht werden, den die tatsächlich gestiegenen Rohstoffpreise rechtfertigen würden, sondern noch weit darüber hinaus. „Wenn etwa der Weißbrotpreis vom Hofer von 79 Cent auf 99 Cent steigt, dann ist das ein Preisanstieg, der mit den erhöhten Weizenpreisen allein nicht erklärt werden kann“, sagt Schulmeister. Dieses Preissetzungsverhalten, bei dem ein bisschen mehr auf den Preis „aufgeschnalzt“ wird, als es der Kostensteigerung entspricht, sei derzeit die größte Gefahr. Die Politik müsse dieses Verhalten ändern, indem sie „den Unternehmen genauer auf die Finger schaut und vor allem eines macht: Klartext sprechen. Und zwar ohne Hysterie, aber mit klarem Plan und handfesten Vorschlägen.“
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