Wo können die Gemeinden ab dem Sommer einen 30er verordnen?
Der Bürgermeister kann künftig in Bereichen, die ein besonderes Schutzbedürfnis haben, per Bescheid einen 30er verordnen. Beispielsweise vor: Schulen, Kindergärten, Spielplätzen, Krankenhäusern oder Seniorenheimen. In diesen Bereichen müssen die Gemeinden kein Gutachten mehr vorbringen, das die Temporeduktion begründet. Bei Tempolimits auf Landesstraßen braucht der Bürgermeister weiterhin eine Genehmigung der Bezirkshauptmannschaft, bei Gemeindestraßen nicht mehr.
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Wie können die Gemeinden künftig noch gegen zu schnelle Fahrer vorgehen?
Bisher durften sie eigenständig keine Radarkontrollen durchführen. Mit Genehmigung des Landes ist das ab Sommer möglich. ÖAMTC-Jurist Matthias Wolf bewertet das kritisch: „Die Anschaffungskosten der Radarboxen sind hoch, die Wartung ist sehr aufwendig. Die Regelung hilft also eher größeren Gemeinden und setzt kleinere unter Druck.“ Karner erwartet sich wiederum eine Entlastung der Polizei.
Was ändert sich durch die Novelle noch?
Gemeinden dürfen künftig auch Schulstraßen bestimmen: Also Straßen (vor einer Schule), die während der Schulzeit für den regulären Autoverkehr gesperrt sind. Bisher war dafür die Bezirkshauptmannschaft zuständig. Und: Rettungsfahrzeuge dürfen künftig auch dann im Halte- und Parkverbot stehen, wenn das Blaulicht ausgeschaltet ist.
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Wie wirkt sich Tempo 30 auf die Verkehrssicherheit aus?
Zwei Drittel aller Verkehrsunfälle passieren im Ortsgebiet. 2023 gab es laut Karner 15.000 Unfälle mit 80 Toten auf Gemeindestraßen. Auch Gewessler betont: Tempo 30 führe zu weniger Verkehrstoten. Diverse Studien – etwa vom Internationalen Verkehrsforum der OECD, 2018 – zeigen, dass bei Tempo 30 die Zahl der Unfälle und Verletzten um 20 bis 30 Prozent sinken kann. Bei einer Vollbremsung kommt ein Pkw, der mit 30 km/h unterwegs ist, nach rund 13,5 Metern zum Stillstand. Bei 50 km/h ist der Anhalteweg mit 27,5 Metern doppelt so lang.
Wie bewertet die Autofahrerlobby das Paket?
Der ÖAMTC sieht „keine bahnbrechenden Veränderungen“. An neuralgischen Punkten würde in den meisten Orten ohnehin schon ein 30er gelten, sagt Wolf. Grundsätzlich seien die Erleichterungen für Bürgermeister aber sinnvoll. Und: „Wir begrüßen, dass Tempo 30 innerorts nicht generell kommt.“ Kritischer sieht die Novelle FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker. Diese sei „ein Türöffner für generelle Tempolimits“.
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Kommt jetzt auch Tempo 100 auf der Autobahn?
In Österreich gibt es dafür keine parlamentarische Mehrheit. ÖVP, FPÖ und weite Teil der SPÖ sind dagegen. Auch die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung ist in Umfragen gegen generelle Tempoverschärfungen.
Sind 30 km/h besser für die Umwelt als 50?
Geringeres Tempo verursache weniger Lärm und klimaschädliche Emissionen, sagt Gewessler. Untersuchungen des deutschen Umweltbundesamts zeigen, dass die Lärmbelastungen bei Tempo 30 sinken. Die CO2-Emissionen würden sich kaum reduzieren, Luftschadstoffe wie Stickoxide wiederum schon.
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