Studierende sitzen immer noch daheim: Wie geht es im Herbst weiter?
Gastro offen, Handel offen, Stadion offen. Selbst für die Schüler ist es beinahe wie in den guten, alten Zeiten: Mit Ranzen, Pausenbrot und Test können sie vor Ort ihrer Pflicht nachkommen.
Für Studierende gilt das nicht. Sie bleiben bis in den Herbst, und damit drei Semester in Folge, daheim „eingesperrt“. Die Argumente der Unis, warum sie im laufenden Semester noch in Fernlehre bleiben: Es sei so organisiert, mit den Studierenden abgesprochen, räumliche Kapazitäten seien wegen der Abstandsregeln eingeschränkt.
Geht der Dämmerschlaf im Herbst weiter? Der KURIER hat nachgehakt.
„Wir rätseln, ob die Uni wirklich keinen Plan hat oder ob sie ihn noch nicht kommunizieren will. Viele Studierende denken, sie hätten irgendetwas verpasst“, sagt Lukas Schobesberger, Hochschulvertreter (Junos) an der Uni Innsbruck. Was im Herbst kommt, wisse man nicht. Dieses Semester müsse man im Distance Learning bleiben, die Studierenden hätten sich danach gerichtet, sagt Schobesberger, der Sommerkurse auf freiwilliger Basis vorschlägt. So könnte Unterricht nachgeholt werden.
Abseits davon: Die Forderung nach mehr Kommunikation erklingt auch in Wien.
Eine klare Absage
Die Organisation des Unterrichts sei in der Pandemie bisher „sehr unübersichtlich“ gewesen, sagt Sara Velić, ÖH-Wahlsiegerin mit dem VSStÖ: „Es hat wenig Planungssicherheit und nie so eine richtig langfristige Lösung gegeben. Deshalb wünschen wir uns eine allumfassende Strategie für den Herbst, die im Sommer auch klar kommuniziert wird.“
Velić fordert ein „hybrides Lehrangebot“, damit Personen aus Risikogruppen weiterhin am Unterricht teilnehmen können. Heißt: Studierende sollen ab Herbst selbst entscheiden können, ob sie Präsenz- oder Fernlehre bevorzugen. Weitere Forderungen der Wahlsiegerin: Testboxen vor den Unis, Rückerstattung der Studienbeiträge in Pandemie-Zeiten und die Erhöhung der Beihilfen.
In puncto Studienbeiträge setzt es eine Absage. „Wir sehen derzeit keine Notwendigkeit.“ Der Grund? „Die Studienkennzahlen und Leistungszahlen sind sogar im Plus. Das zeigt: Studierende haben unter den gegebenen Voraussetzungen ihre Leistung erbringen können“, heißt es aus dem Bildungsministerium.
„Hybride“ Zukunft
Zahlen des Ministeriums für das Studienjahr 2019/20 zeigen, dass die Prüfungsaktivität an den Universitäten trotz Pandemie gestiegen ist – die Zahl der Studienbeginner an den FH ebenso. Was die Planungen für den Herbst betrifft, sprechen Bildungsministerium und Universitäten zwar im Krisenstab miteinander. Die Entscheidungen treffen aber die autonomen Hochschulen. Hier sehe man „völlig unterschiedliche Konzepte“, betont das Ministerium.
Die WU Wien habe mit dem ersten Lockdown sofort auf Distance Learning umgestellt, an den praktisch orientierten musischen Hochschulen brauche es hingegen Sicherheitskonzepte für fast jedes Instrument. Bei allen Unterschieden: Für den Herbst planen die meisten Unis recht ähnlich und „hybrides“ Lernen soll auch in Zukunft möglich sein.
Plötzlich kein Platz mehr
Die Universität Wien bleibt bis Sommer im Distance Learning. Ausgenommen sind einige Prüfungen und der Laborbetrieb. „Für den Herbst gehen wir weiterhin von Einschränkungen aus und so planen wir ihn auch“, sagt eine Sprecherin. Der Grund: Sollten weiterhin Abstandsregeln gelten, sind räumliche Kapazitäten schneller ausgelastet. Studienbeginnern möchte die Uni jedenfalls im Herbst prioritär Präsenzunterricht anbieten. Lehrveranstaltungen und Seminare mit kleineren Gruppen haben auch gute Vor-Ort-Chancen, große Vorlesungen hingegen nicht.
Die Pädagogische Hochschule Niederösterreich in Baden plant für den Herbst derzeit „beide Varianten“ ein. Große Vorlesungen sollen im Distance Learning, Seminare sowie Übungen – wenn möglich – im Präsenzunterricht stattfinden. „Allerdings nur dann, wenn es die epidemiologische Lage hergibt“, sagt Sprecherin Birgit Lenauer. Der Fahrplan bis zum Sommer sei klar: „Wir bleiben sicher bis 30. Juni im Distance Learning, das ist auch mit den Studierenden so abgesprochen und deren Wunsch.“
Vor einer kniffligen Situation stand die Pädagogische Hochschule Wien. Wegen eines Umbaus am Campus, der vor Corona begann, hätte es im Herbst nur bedingt Räumlichkeiten für Präsenzunterricht mit Abstandsregeln gegeben. Gute Nachricht: Die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) stellt nun Platz zur Verfügung. Das freut Vizerektorin Evelyn Süss-Stepancik, die bei allen Schwierigkeiten die Pandemie auch als Chance sieht: „Das extreme Distance Learning hat genau gezeigt, in welcher Richtung man in der Hochschulbildung mehr denken kann.“
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