Stronach-Klubchef wollte Lindner "nicht vergraulen"
Knalleffekt an Mariä Himmelfahrt: Die frühere ORF-Chefin Monika Lindner (68) geht nun doch nicht in die Politik. Erst am Montag war ihre Kandidatur für Stronach auf dem aussichtsreichen Platz Drei seiner Bundesliste offiziell geworden, nur drei Tage später zieht sich Lindner bereits wieder zurück. Ein heftiges internes Zerwürfnis ist der – offizielle – Grund dafür. Selbst ein „klärendes“ Gespräch zwischen Lindner und Frank Stronach am Donnerstag hat nicht mehr geholfen.
Team Stronach-Klubchef Robert Lugar hat sich am Freitag enttäuscht über Lindners Entscheidung gezeigt. "Ich habe sie mit meinem Sager in keinster Weise irgendwie vergraulen wollen, ganz im Gegenteil", meinte Lugar gegenüber der APA. "Ich bin sehr enttäuscht, dass sie diesen Schritt gesetzt hat, denn ich erachte sie noch immer als sehr wertvoll und habe im persönlichen Gespräch einen sehr positiven Eindruck gewonnen", so der Klubchef am Freitag. Ganz im Gegenteil, habe er für die Stronach-Funktionäre darlegen wollen "wie wertvoll sie sein kann", um die Systeme in Österreich zu verstehen "und Lösungen anzubieten".
Als "äußerst peinliche Posse" hat SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos den Rückzug von Lindner beim Team Stronach bezeichnet. "Es zeigt sich einmal mehr, wie instabil und chaotisch die Zustände im Team des kanadischen Milliardärs sind", so Darabos in einer Aussendung. Er erkennt im "ursprünglich geplanten Wechsel der ÖVPlerin" ein Indiz für Vorarbeiten für eine Neuauflage von Schwarz-Blau mit dem Team Stronach und warnt vor diesem "Experiment".
"Speerspitze"
Als Grund für den Rückzug gab Lindner Aussagen von Lugar an, wonach sie als „Speerspitze“ gegen das System ORF, Raiffeisen und Pröll eingesetzt werden sollte. „In der gestrigen Aussage des Klubobmanns Lugar (vom Mittwoch, Anm.), die in keiner Weise abgesprochen war, hat sich gezeigt, dass die Erwartungshaltung zumindest von einem Teil des Teams Stronach mit meinen Intentionen, warum ich der Einladung von Frank Stronach in sein Team gefolgt bin, nicht deckt“, sagt Lindner zu ihrem Rückzug. „Ich kann daher ein Mandat, sollte es dazu kommen, unter diesen Voraussetzungen nicht annehmen“, so Lindner, die die „Entwicklung bedauert“.
Stronach bedauert
Auch Stronach bedauert. Zum KURIER sagte er: „Ich nehme zur Kenntnis, dass Monika Lindner ihre Kandidatur zurücklegt und ein etwaiges Mandat nicht annimmt. Schade, ich hatte das Gefühl, dass sie die Werte des Team Stronach schätzt und, dass sie es gut findet, dass ich politisch tätig bin.“ Chaos Spott und Hohn kommt klarerweise vom politischen Mitbewerb. Von anhaltendem „Personalchaos“ ist die Rede. „Und wieder zerbricht Stronachs Söldnertruppe ein Stück mehr“, ätzte etwa BZÖ-Bündnissprecher Rainer Widmann.
Wahllisten bereits eingereicht
Kurios: Da sämtliche Wahllisten bereits offiziell beim Innenministerium eingereicht wurden, wird Lindner am Wahltag 29. September auf der Stronach-Liste aufscheinen. Sie muss danach eine Verzichtserklärung abgeben, so sie in den Nationalrat gewählt wird. Mit dem Ausscheiden von Monika Lindner steigen die Chancen der nächstgereihten Kandidaten auf ein Mandat – das sind der Wirtschaftsanwalt Georg Vetter, der Abgeordnete Christoph Hagen, der Arzt Marcus Franz und die Ex-Miss-World Ulla Weigerstorfer. Nach derzeitigem Stand.
Frank Stronach und seine Ein-Werte-Partei
Neue Parteien haben es traditionell schwer, selbst wenn bei ihnen nur einer etwas zu sagen hat, wie das Team Stronach beweist. Der am Donnerstag verkündete Rückzug der auf Platz drei der Bundesliste gereihten ehemaligen ORF-Generaldirektorin Monika Lindner fügt sich in eine ganze Reihe an teils kuriosen Pannen rund um die Urnengänge, die von der Partei des austro-kanadischen Milliardärs Frank Stronach bisher bestritten wurden. Im Folgenden ein Überblick:
Absurd war das, was sich dieses Frühjahr in Tirol abspielte. Es wurden für das Team Stronach gleich drei Landeslisten eingereicht. Jene der von der Partei auserkorenen Spitzenkandidatin Sonja Ulmer war nicht die erste sondern die des zwischenzeitlich demontierten Landesgeschäftsführers Hans-Peter Mayr, der dann auch von der Landeswahlbehörde mit seiner Liste anerkannt wurde. Erklärte der Klubchef im Nationalrat Robert Lugar zunächst, dass man dann eben keinen Wahlkampf in Tirol bestreiten werde, sah nach einem Gespräch Stronachs mit den Kontrahenten wieder alles anders aus. Mayr durfte mit Unterstützung des Parteigründers antreten, scheiterte aber am Einzug in den Landtag. Mittlerweile ist auch er an der Tiroler Stronach-Spitze Geschichte, die nun Walter Jenewein bildet, übrigens der dritte, der selbstständig eine Liste vor der Tirol-Wahl eingebracht hatte. Und Jenewein hat weiter mit Problemen zu kämpfen. Zuletzt muckten laut Medienberichten die Osttiroler auf, weil sie mit der Listenerstellung für die Nationalratswahl unzufrieden waren.
Ein ziemliches Durcheinander gab es auch in Niederösterreich, wo ursprünglich die Tochter der ehemaligen Innenministerin Liese Prokop, Karin Prokop, die Landesorganisation aufbauen sollte. Die verschwand freilich bald in der Versenkung und Ernest Gabmann junior, Sohn des gleichnamigen Ex-ÖVP-Landesrats übernahm das Kommando. Freilich nur bis zum Wahlabend in Niederösterreich. Denn entgegen den ersten Ankündigungen wurde nicht er Landesrat sondern die vom BZÖ gekommene Nationalratsabgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger. Nicht einmal Klubchef sollte Gabmann werden, sondern auf Stronachs persönlichen Wunsch der ehemalige Rechnungshof-Beamte Walter Laki. Das ist allerdings auch schon wieder Vergangenheit. Der Stronach-Klub wählte Laki wieder ab, nun sitzt Gabmann am Ruder.
In Salzburg herrscht im Team Stronach auch nicht nur Friede, Freude, Eierkuchen. Begonnen hatte man mit Erich Tadler, einem Nationalratsabgeordneten, der früher FPÖ und BZÖ diente. Der musste dann - dem Vernehmen nach nicht ganz freiwillig - an den früheren ÖVP-Politiker Hans Mayr, Bürgermeister von Goldegg, übergeben, der das Stronach-Team sogar in eine Koalition mit ÖVP und Grünen führte. Trotzdem wird auch hier von Problemen mit der Basis berichtet. Unter anderem musste die Klubgeschäftsführerin weichen.
Auch Oberösterreich brachte Parteigründer Frank Stronach Kummer. Im Juni dankte Landesobmann Walter Widholm, früher Linzer Polizeidirektor, ab. Der stellvertretende Landesobmann, Thomas Eppinger hatte sich da schon länger von den Stronachs losgesagt. Das Sagen hat mittlerweile "Bauern-Rebell" Leo Steinbichler, der bei der letzten Nationalratswahl (vergeblich) Fritz Dinkhauser unterstützt hatte.
Absagen
Neben diesen Hauptbaustellen gibt es noch eine ganze Liste potenzieller Mitstreiter, die sich letztlich doch nicht für eine Stronach-Liste begeistern konnten. An der Spitze steht da Stronachs langjähriger Magna-Gefährte Siegfried Wolf, den sich der Industrielle diverse Male schon als Bundeskanzler vorstellen hatte können. Ein anderer prominenter früherer Magna-Mann, der steirische Ex-VP-Landesrat Herberst Paierl, ist bei Stronach überhaupt in Ungnade gefallen, seit er bei der niederösterreichischen Landtagswahl nicht ihn sondern Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP) unterstützt hatte. Immerhin kurz mit dabei war Ex-ÖBB- und Westbahn-Manager Stefan Wehinger, ehe er flott rund um die Tiroler Turbulenzen wieder das Weite suchte. Negativ-Höhepunkt ist nun die Ankündigung Lindners, nicht mehr für das Stronach-Team zur Verfügung zu stehen. Von der Liste kommt die als VP-nahe geltende Ex-ORF-Generalin allerdings nicht mehr, da diese schon eingereicht und veröffentlicht ist. Sollte es sich Lindner also noch überlegen, könnte sie bei einem entsprechenden Wahl-Ergebnis trotz des verkündeten Rückzugs das Mandat annehmen.
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