Erwin Pröll verteidigt schwarze Hochburg

Erwin Pröll verteidigt schwarze Hochburg
Erwin Pröll hält dem Angriff stand und verteidigt seine absolute Mehrheit. Im Duell mit Frank Stronach blieben SPÖ und FPÖ auf der Strecke.

Das war der schmutzigste Wahlkampf, den ich erlebt habe. Ich glaube aber, dass am Ende des Tages ein Fünfer bei der ÖVP vorne stehen wird.“ So optimistisch klang Sonntagfrüh Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll bei der Stimmabgabe in seinem Heimatort Radlbrunn.

Erwin Pröll verteidigt schwarze Hochburg

Pröll, der bereits seine fünfte Landtagswahl schlug, sollte mit seiner Einschätzung recht behalten. Trotz Stimmenverlusten verteidigte der Landeshauptmann seine Vormachtstellung. Damit gelang Pröll das Kunststück, zum dritten Mal in Folge eine absolute Mehrheit in der Landesregierung und im Landtag zu erhalten. „In diesen Zeiten ist das ein sensationelles Ergebnis“, sagte Pröll. Dem Druck der anderen Parteien Stand zu halten, habe für ihn „eine besondere Qualität“. Pröll kritisierte besonders SPÖ und FPÖ. Beide Parteien hätten in den vergangenen fünf Jahren von der Regierungsbank aus „Opposition gespielt“.

Schlappe für SP und FP

Die Gegner des Landeshauptmannes hatten damit ihr wichtigstes Wahlziel verfehlt. Bitter verlief der Wahltag daher für Rot und Blau. SPÖ-Landesvize Josef Leitner steht nach einem Minus knapp vier Prozent vor dem Rücktritt. Die SPÖ, die bereits vor fünf Jahren ihren historischen Tiefststand erreicht hatte, baute weiter ab

Als mögliche Nachfolger Leitners sind in der SPÖ der St. Pöltener Bürgermeister Matthias Stadler oder Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek im Gespräch. Für Stadler spricht, dass er die SPÖ-Hochburg im Bezirk St. Pölten hinter sich hat. Heinisch-Hosek hat nicht nur die Bundespartei, sondern auch SPÖ-Kreise im bevölkerungsreichen Industrieviertel hinter sich.

Einen neuen Job braucht auch FPÖ-Landeschefin Barbara Rosenkranz. Nach Verlusten von zwei Prozent ist ihr Regierungssitz weg. Die Freiheitlichen schafften kein zweistelliges Ergebnis mehr.

Auch wenn er sein Wahlziel – Prölls Absolute zu brechen – nicht erreicht hatte, lieferte Frank Stronach die Überraschung des Wahltages. Der Austro-Kanadier, der nicht in den Landtag einziehen wird, landete auf Anhieb auf Platz drei. Er überholte damit auch die Grünen, die trotz Zugewinnen auf Platz fünf landeten.

Der Wahlkampf in Niederösterreich war besonders vom Duell zwischen Pröll und Stronach geprägt. Beide lieferten sich bis zum letzten Tag vor der Wahl eine Materialschlacht und heftige Wortgefechte.

Dazu kam der heftige Schlagabtausch um die umstrittene Veranlagung der niederösterreichischen Wohnbaugelder. Die Herausforderer Prölls sprachen von einem Spekulationsskandal, nachdem auch der Rechnungshof bescheinigt hatte, dass das Land sein Veranlagungsziel um eine Milliarde Euro nicht erreichen konnte.

ÖVP-Gegenstrategie

Die ÖVP hielt mit einem in dieser Form noch nie dagewesenen Persönlichkeitswahlkampf entgegen. Pröll warb unermüdlich für „Stabilität“ und „klare Verhältnisse“. Zugleich wurde vor politischen Verhältnissen wie in Kärnten oder zuletzt wie in Italien gewarnt.

Nach Einschätzung von Politologen hat auch die Kampfansage Stronachs den ÖVP-Strategen in die Hände gespielt. Die Angriffe hätten besonders die ÖVP-Funktionäre motiviert.

Auch wenn Pröll im Gegensatz zu den anderen Parteien sehr spät in den Wahlkampf zog, zeichnete sich in den Tagen vor der Wahl ab, dass die Strategie der ÖVP aufgehen kann und die Gegner Prölls keine Wendestimmung in Niederösterreich erzeugen können.

Eigentlich wollte er Geschichte schreiben: „Ich glaube, dass dieser Tag in die Geschichte Österreichs – und auch in die Geschichte der Welt – eingehen wird“, hatte Frank Stronach anlässlich seiner Parteigründung im September 2012 befunden. Fünf Monate später ist Stronach mit seinem Team in der politischen Realität angekommen. Bei der Landtagswahl in Kärnten hat seine Partei laut SORA 10,6 Prozent, bei jener in Niederösterreich 11,2 Prozentpunkte erreicht.

Auch wenn die Hochrechnungen in Kärnten bis zu 15 Prozent prophezeiten, gibt sich Stronachs dortiger Spitzenkandidat, Gerhard Köfer, zufrieden: „Ich bin mehr als erfreut. Wir haben so ein Resultat erhofft, aber nicht erwarten dürfen. Mit vier Mandaten haben wir aus dem Stand den Klubstatus geschafft.“ Zwei Mal brandete unter den rund 100 Anwesenden im Klagenfurter Hotel Sandwirth Jubel auf: einmal bei der Verkündung des eigenen Ergebnisses, einmal bei den herben Verlusten für die FPK von Gerhard Dörfler. Auch einen Regierungssitz hat Stronachs Truppe nach einigem Zittern geschafft – ob Köfer selbst dort Platz nimmt, ist noch offen.

Wermutstropfen

Einen Regierungssitz hat das Team Stronach auch in Niederösterreich erobert. Spitzenkandidat Frank Stronach war zwar angekündigt, ließ sich bis 17 Uhr bei der Wahlparty im Austria Trend Hotel in St. Pölten aber nicht blicken. Sein dortiger Spitzenkandidat Ernest Gabmann zeigte sich im KURIER-Gespräch aber „sehr glücklich“: „Wir haben versucht, für uns die richtige Linie zu finden – und haben sie offenbar gefunden, wie der starke Wähler-Zuspruch zeigt.“

Auch die Nationalratsabgeordnete Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, offiziell Nummer drei auf der Landesliste, war „überwältigt“. Mit diesem Erfolg habe sie nicht gerechnet. Als Wermutstropfen bezeichnet sie, dass man nicht geschafft habe, die Absolute von Erwin Pröll in Niederösterreich zu brechen: „Wir haben gehofft, dass die Demokratie in Niederösterreich wieder eine Heimat findet.“

Frank Stronach kommentierte die Ergebnisse vorerst nicht, sein Klubobmann Robert Lugar qualifizierte die Landtagswahlresultate im KURIER-Gespräch als „sensationell“: „Und wenn wir uns die Niederösterreich-Ergebnisse ansehen, können wir auch bundesweit jedenfalls mit mindestens 12 Prozent rechnen.“

Weniger euphorisch waren die Polit-Experten. „Für den Aufwand, den Stronach in Kärnten betrieben hat, ist das eher ein mediokres Ergebnis“, meinte etwa Polit-Berater Thomas Hofer auf ATV. Und SORA-Meinungsforscher Günther Ogris sieht ihn vor allem im Teich der FPÖ fischen: „Die Stimmen kommen großteils vom dritten Lager.“ Stronach habe besonders bei jungen Männern gepunktet: „Das waren klar Proteststimmen.“

Mit versteinerter Miene nahm Landesvize Josef Leitner das Ergebnis entgegen. Nach 2008, wo die SPÖ mit Heidemaria Onodi schwere Verluste hinnehmen musste (von 33,6 auf 25,5 Prozent ), ging am Sonntag der Sturzflug der Roten weiter. Mit etwa minus vier Prozent bleiben die Sozialdemokraten zwar zweitstärkste Partei im Landtag, doch es wurde kein einziges Wahlziel erreicht.

„Das ist ein unerfreuliches Ergebnis. Wir konnten mit unseren Themen nicht durchdringen“, sagte der politisch schwer angeschlagene SPÖ-Spitzenkanditat. Von einem Rücktritt wollte Leitner zwar noch nicht sprechen, aber Konsequenzen sind sehr wahrscheinlich. „Am Montag tagt das Parteipräsidium, da werden wir alles analysieren.“

Am Nachmittag tauchte Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek in der Parteizentrale auf. Hinter verschlossenen Türen führte sie einige Gespräche mit Parteikollegen, als Leitners Nachfolgerin will sie aber offiziell nicht ins Spiel gebracht werden. „Ich bleibe Frauenministerin und werde als solche in die Nationalratswahlen gehen“, sagte sie zum KURIER.

Das „Ergebnis analysieren“ – wie es Spitzenkandidatin Barbara Rosenkranz formulierte – müssen auch die Freiheitlichen in Niederösterreich. Nachdem die FPÖ 2008 um sechs Prozentpunkte zulegte, musste die Partei am Sonntag einen herben Verlust hinnehmen – mit einem Minus von mehr als zwei Prozentpunkten und einem Verlust von zwei Mandaten. Barbara Rosenkranz – sie war in der vergangenen Regierungsperiode die einzige blaue Landesrätin, wird ihren Landesratsposten an das Team Stronach verlieren. Die Stimmung im freiheitlichen Landtagsklub war dementsprechend getrübt. Wie es zu dem Verlust kommen konnte, wollte Rosenkranz vorerst nicht kommentieren. „Aber klar ist natürlich, dass wir uns ein anderes Ergebnis erhofft haben“, sagte Rosenkranz.

Starkes Ergebnis

Anders das Ergebnis bei den Grünen. Madeleine Petrovic konnte ihr bisher stärkstes Ergebnis einfahren. Die Grünen sind damit die einzige bisherige Landtagspartei mit leichten Zugewinnen. „Ich habe im Wahlkampf viele positive Rückmeldungen erlebt, aber dass sich das auch so konkret in einem Stimmenzuwachs niederschlägt, hab ich nicht zu hoffen getraut“, sagt Petrovic. Das Ziel, die Absolute der ÖVP zu knacken, „wird wohl auch in der nächsten Zeit nicht zu schaffen sein“.

Acht Parteien wollten die absolute Mehrheit von Niederösterreichs ÖVP-Landeschef Erwin Pröll brechen. Daraus ist nichts geworden. Trotz Stimmenverlusten bleibt der Langzeit-Landeshauptmann im Amt. Pröll verteidigte seine absolute Mehrheit in Stimmen und wird weitere fünf Jahre lang die Geschicke des Landes lenken.

Dabei hatten Prölls Gegner im Wahlkampf jede Menge Staub aufgewirbelt. Mit der umstrittenen Veranlagung der Wohnbaugelder wollten die Parteien der ÖVP zusetzen. Zusätzlich sorgte Frank Stronach mit seiner Kandidatur für ein Spannungselement. Die Rechnung der Herausforderer ist nicht aufgegangen.

Eine schwere Wahlschlappe bezog die SPÖ, die nach schweren Verlusten vor fünf Jahren noch einmal ein ordentliches Minus einfuhr. Die Tage von Spitzenkandidat Josef Leitner sind damit gezählt.

Das Wahlergebnis in Niederösterreich zeigt auch, dass im Land keine Wendestimmung vorhanden war. Pröll wird zugetraut, in schwierigen Zeiten die Probleme zu lösen.

Die Niederösterreicher haben sich damit gegen Verhältnisse wie in Italien und in Kärnten ausgesprochen. Für den Landeschef bedeutet das Ergebnis, dass sein Einfluss auf die Bundespolitik erhalten bleibt.

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