Stronach und das ungeliebte Tirol-Team

APA12255348 - 10042013 - INNSBRUCK - ÖSTERREICH: Team-Stronach Parteigründer Frank Stronach (li), Walter Jenewein (2.v.l) und Hans-Peter Mayr (4.v.l) während eines Treffens zu Beratungen zur Situation des Team Stronach zur Landtagswahl in Tirol am Mittwoch, 10. April 2013, in Innsbruck. Kinder in Stubaier Tracht tanzen für Frank Stronach. APA-FOTO: Robert Parigger
Der Parteigründer unterstützt nun jene Liste, die er nicht wollte. Die wird überwacht.

Wer zahlt, schafft an. Das hat Frank Stronach seinem Team eindrücklich bewiesen. Der Parteigründer gab am Donnerstag nachträglich jener Tiroler Liste seinen Segen, die zuvor von der Bundesparteizentrale mit Klagsdrohungen eingedeckt worden war. Stronach wird demnach Hans-Peter Mayr im Wahlkampf unterstützen; er nützt damit die letzte Chance, bei der Landtagswahl am 28. April ein zählbares Ergebnis einzufahren.

Mayr bekam in einem Listenstreit von der Landeswahlbehörde Recht. Er hatte seinen Wahlvorschlag eingebracht, bevor die offizielle Stronach-Liste abgegeben wurde. Deren Spitzenkandidatin Sonja Ulmer zog gestern enttäuscht Konsequenzen: „Die Entscheidung ist zu akzeptieren. Aber mein Team und ich können sie nicht mittragen. Ich werde meine Funktion zurücklegen.“

Am Mittwoch verhandelte Stronach bis tief in die Nacht mit den Streitparteien über einen Kompromiss. Als gestern bei einem Frühstück mit dem Milliardär in der Inntal-Gemeinde Vomp über Details gesprochen wurde, saßen Ulmer und ihre Leute schon nicht mehr am Tisch.

Bürgerrat als Wächter

Bei diesem Gespräch einigte man sich auf einen Vorschlag des Chefs – mit Anleihen aus der Wirtschaft, aus der Stronach kommt. Eine Art 50-köpfiger Aufsichtsrat soll über Mayr und seine Leute wachen. „Dieser Bürgerrat stellt sicher, dass unsere Werte eingehalten werden und kann Abgeordnete des Team Stronach für Tirol bei einem Bruch der Werte mit einem 2/3-Beschluss ausschließen“, ließ Stronach wissen.

Bestückt wird das Gremium u. a. mit Anhängern von Mayr. Aber auch Walter Jenewein ist mit von der Partie. Er war ursprünglich als Spitzenkandidat vorgesehen, wurde jedoch von der Bundesparteizentrale gefeuert.

Wie die künftig mit den Tirolern zusammenarbeiten soll, ist eine andere Frage. Klubchef Robert Lugar hatte Mayr unter anderem des Betrugs bezichtigt. Euphorie wollte gestern bei ihm ob der neuen Verhältnisse nicht aufkommen: „Ich werde meine Statements nicht zurücknehmen.“ Die Entscheidung für Mayr sei aber „Chefsache“, als solche zu akzeptieren.

„Wir hatten viele schlaflose Nächte.“ Joe Bellinger ist froh, dass Frank Stronach nun ein Machtwort gesprochen hat. Stronach hat der ungeliebten Liste von Bellinger und Hans-Peter Mayr den Segen gegeben. Über die letzten Wochen will Bellinger nicht mehr reden; er will „nach vorne schauen“.

Zuletzt dürfte es hart gewesen sein. „Es kann schon sein, dass in Gesprächen mit der Liste Mayr der Umgangston kein freundlicher war“, sagt Ex-Kommunikationschef Rudi Fußi zum KURIER: „Es ging um das Scheitern des ganzen Projekts.“

Der „unfreundliche Umgangston“ ist wohl untertrieben. Als man in Wien erfuhr, dass die ungeliebte Gruppe um Mayr eilends eine Stronach-Liste bei der Wahlbehörde in Tirol eingereicht hatte, drohte man mit Millionenklagen und der Zerstörung der Existenz. Fußi soll prophezeit haben, „den dritten Weltkrieg“ gegen die Listenvertreter anzuzetteln. Plakate ließ Fußi abmontieren.

Er sagt: „Das Team Stronach hat beschlossen, den Wahlkampf einzustellen.“ Als Agentur habe man den Auftrag des Kunden erfüllt. Fußis Vertrag mit Stronach wurde Anfang April beendet. Fußi schießt weiter gegen Mayr und Bellinger. Er halte sie weiter für „Leute, die sich Mandate erschleichen und sich persönlich bereichern“.

Der Entscheidung war ein beinharter Machtkampf um das Team Stronach in Tirol vorausgegangen: Wie berichtet wurde der einstige Teamkoordinator Alois Wechselberger nach Vorwürfen, eine rechte Hetz-Homepage zu betreiben, abgezogen. Mit ihm gingen Weggefährten wie Peter Prantl, Fabio Gruber und Hans Moser, die aber in der Parteizentrale in Wien Stimmung machten. Teils tauchten sie auf der Liste von Sonja Ulmer (Stronachs Wunsch-Liste) wieder auf.

Ende März reichten beide Listen bei der Wahlbehörde ein – die Liste Mayr bekam das Okay. Frank Stronach hatte nur zwei Optionen: Die Liste Mayr zu unterstützen – oder in Tirol kurz vor der Wahl die Segel zu streichen.

Die neuen Transparenzregeln machen’s möglich: Auf der Homepage des Rechnungshofes müssen seit wenigen Monaten Großspenden an politische Parteien über 50.000 Euro sofort bekannt gegeben werden.

Der vorerst letzte Eintrag datiert vom 9. April 2013: 400.000 Euro hat Frank Stronach seiner Partei zur Verfügung gestellt, es ist die bereits neunte Zuwendung an sein „Team Stronach“. Insgesamt hat der Milliardär bis jetzt 9.469.000 Euro einbezahlt, in unterschiedlich hohen Tranchen zwischen 90.000 Euro und 2,5 Millionen Euro.

Stronach, der derzeit mit seinem rund 30 Millionen Euro teuren Privatjet (Dassault Falcon 7X) auf Wahlkampftour in Salzburg und Tirol ist, gab an, allein in Salzburg einige Hunderttausend Euro in den Wahlkampf investieren zu wollen.

Insgesamt, gab er wiederholt an, sei er bereit, 25 Millionen Euro bis zur Nationalratswahl im Herbst für sein politisches Engagement investieren zu wollen.

Auffällig ist, dass Stronach offenbar der einzige Großspender in der Politik ist. Derzeit finden sich nur nur drei weitere Einträge:

Der Industrielle Hans-Peter Haselsteiner hat am 9. April dem Liberalen Forum 100.000 Euro gespendet.

Die Innsbrucker „PPP Logistik GmbH“ hat im Jänner 200.000 Euro an die Wahlliste „vorwärts tirol“ gezahlt.

Und der „Förderverein Volkshäuser“, ebenfalls aus Innsbruck, hat der SPÖ Innsbruck-Stadt noch im Dezember 289.454 Euro und zwei Eurocent überwiesen.

Allerdings müssen auch niedrigere Spenden veröffentlicht werden, sofern sie 3500 Euro übersteigen. Zuwendungen an Bundes-, Landes- und Bezirksparteien müssen addiert werden. Die Spendenliste wird erst mit den Rechenschaftsberichten der Parteien Ende 2013 veröffentlicht. Einnahmen aus Sponsoring sind ab 12.000 Euro, Inserate ab 3500 Euro publik zu machen.

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