Worseg im Strache-Prozess: "Wir haben heute einen Fernseher ohne Programm"

Worseg im Strache-Prozess: "Wir haben heute einen Fernseher ohne Programm"
Am Wiener Straflandesgericht wird heute der Prozess gegen Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache und Priviatklinik-Betreiber Walter Grubmüller fortgesetzt. Ein Urteil wird für Freitag erwartet.

Am heutigen Montag wird der Prozess gegen Ex-FPÖ-Chef Heinz Christian Strache und den Privatklinikbetreiber Walter Grubmüller fortgesetzt. Den beiden wird Bestechlichkeit bzw. Bestechung vorgeworfen. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Ursprünglich hätte das Verfahren schon Mitte Juli enden sollen, doch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) dehnte den Strafantrag aus und beantragte die Ladung weiterer Zeugen.

An diesem Punkt geht nun also weiter. Fünf Zeugen sind geladen, für diese Woche sind zwei Prozesstage angesetzt, ein Urteil soll am Freitag fallen.

Worum geht es überhaupt?

Laut Anklage soll Strache dafür gesorgt haben, dass Grubmüllers Klinik während der türkis-blauen Koalition in den sogenannten Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfonds (PRIKRAF) aufgenommen wurde. So habe er dem befreundeten Grubmüller eine Gegenverrechnung der Leistungen seiner Klinik mit der Sozialversicherung ermöglichen wollen, glaubt die Staatsanwaltschaft. Tatsächlich wurde die Privatklinik Währing am 1. Jänner 2019  in den PRIKRAF aufgenommen. 

Als Gegenleistung soll Grubmüller der Bundes-FPÖ am 29. August 2017 eine Spende über 10.000 Euro überwiesen und Strache und dessen Ehefrau im Frühjahr 2018 übers Wochenende nach Korfu eingeladen haben. Die Kosten für die Unterkunft sowie die An- und Abreise per Privatjet soll Grubmüller ebenso übernommen haben. Beide Angeklagten haben die Vorwürfe bisher bestritten.

Worseg im Strache-Prozess: "Wir haben heute einen Fernseher ohne Programm"

Wer muss aussagen?

Die Staatsanwaltschaft hingegen spricht von „faktischer Einflussnahme“ Straches auf den damaligen blauen Nationalrats-Abgeordneten und nunmehring Bundesrat Johannes Hübner, um den Gesetzwerdungsprozess zugunsten der Privatklinik Währing anzustoßen. Hübner wurde nun ebenso befragt wie der Ex-FPÖ-Abgeordnete und Ex-Volksanwalt Peter Fichtenbauer und der Leiter der FPÖ-Klub-Pressestelle sowie ein Abteilungsleiter im Gesundheitsministerium.

Ebenso geladen war der Schönheitschirurg Artur Worseg. Er ist seit 2016 der Leiter der Privatklinik Währing. 

Einige Nachfragen

Nach den Aussagen der Zeugen wollte die Richterin am Nachmittag Strache und Grubmüller Gelegenheit zu Stellungnahmen geben. Schon zu Beginn des Prozesstages hatte die Richterin aber einige Nachfragen an Grubmüller und Strache. 

Etwa zu jener Pressekonferenz, bei der die Privatklinik Währing Thema war. Hauptthema sei aber gewesen "die Korruption in der Wirtschaftskammer aufzudecken", erklärte Grubmüller. Die Privatklinik habe nur fünf bis zehn Prozent der Pressekonferenz in Anspruch genommen. "Ich habe das Gefühl, die Rolle der Privatklinik Währing wird immer kleiner und wenn wir noch ein paar Tage verhandeln, wird sie immer unbedeutender", kommentierte die Richterin.

Auch zu einer zweiten Spende Grubmüllers an die FPÖ hatte sie noch Fragen. Ursprünglich hatten Grubmüller gesagt, es habe nur die eine Spende 2017 gegeben. In der Verhandlung stellte sich dann heraus, dass es eine weiter, über 2.000 Euro gegeben hatte. „Ich muss besoffen gewesen sein“, hatte Grubmüller damals erklärt. Sechs Wochen später ist ihm nichts weiteres zu dieser Spende eingefallen. "An eine Spende von 2.000 Euro soll ich mich erinnern, wenn mein Unternehmen damals mehrere Millionen Umsatz gemacht hat?", fragte Grubmüller die Richterin. 

Parteispenden seien jedenfalls nie ein Thema zwischen ihm und Strache gewesen. Strache selbst erklärte, er habe sich nie für Spenden interessiert und könne sich auch an die 2.000 Euro Spende nicht erinnern. Erst im Zuge des Ibiza-Skandals habe er sich eine Liste der Spender von Finanzreferenten der FPÖ schicken lassen, nachdem es Presse-Anfragen dazu gab. Seither habe er sich aber nicht mehr damit beschäftigt. 

Das sagen die Zeugen

Als erster Zeuge befragt wurde Hübner. Während einer Nationalratssitzung habe ihn Strache in ein Besprechungszimmer gebeten, um über die Privatklinik Währing zu sprechen. Dabei waren auch Grubmüller und dessen Anwalt (der gleichzeitig sein Bruder ist) anwesend. Er sei gebeten worden, die Causa rechtlich zu prüfen - in der Konsequenz stellte die FPÖ dann den Initiativantrag zur Änderung des PRIKRAF-Gesetzes und gab zuvor die erwähnte Pressekonferen mit dem Titel "Skandalöse Diskriminierung einer Wiener Privatklinik". Denn Hübner habe bei der Prüfung Missstände erkannt: "Dass die Fachgruppe Stellungnahmen abgibt, die einem Veto gleichkommt, und dass die Fachgruppe vom stärksten Konkurrenten des Werbers besetzt ist, ist eine Interessenskollision“. 

Gefragt, ob er den Eindruck hatte, es handelte sich dabei um einen Freundschaftsdienst von Strache an Grubmüller oder sei aus finanziellen Motiven heraus passiert, antwortete Hübner: "Ich habe dazu überhaupt keine Wahrnehmung."

Der Initiativantrag sei ohnedies chancenlos gewesen. „Jeder Initiativantrag, der von der Opposition kommt, ist chancenlos, wenn er nicht mit der Regierung abgesprochen ist."

Strache-Prozess fortgesetzt

Peter Fichtenbauers Befragung war verhältnismäßig kurz. Er will mit der Privatklinik Währing nie etwas zu tun gehabt haben und mit Strache nie darüber gesprochen haben. Immerhin habe seine parlamentarische Tätigkeit nur bis 2013 gedauert. Allerdings: Dass die Privatkrankenanstalten lange Thema für Strache gewesen sind, habe man gewusst. 

Der Leiter der blauen Klub-Pressestelle, Herr G.,  wurde dann vor allem zur Genese von Pressekonferenz und Initiativantrag befragt. Den Initiativantrag ausformuliert habe – auf Basis der Pressekonferenz-Unterlagen – „ein Kollege“, sagte er. Die Behauptung, „die Presseabteilung“ habe den Initiativantrag „ausformuliert“, ließ er aber nicht ganz gelten. Es sei möglich, dass Formulierungen aus seiner Presseaussendung „übernommen“ wurden. Er selbst sei mit dem Thema PRIKRAF "nicht sehr befasst" gewesen. Von Reisen Straches nach Korfu wisse er nichts. 

Bei der Befragung des Vertragsbediensteten aus dem Gesundheitsministerium ging es dann um ein Treffen im Jahr 2018 zwischen dem damaligen Vizekanzler Strache, der damaligen Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein, Grubmüller und dem Zeugen im Parlamentsklub. Dabei sei es darum gegangen, Fakten auf den Tisch zu lege und wohl auch darum, das Gesetz zu ändern, wie der Zeuge erklärte. Soweit er sich erinnern könne, sei es bei der Besprechung ausschließlich um die Klinik Währing gegangen, nicht um eine allgemeine Öffnung des Fonds für alle Privatkliniken. 

Die Mittel für den PRIKRAF waren nach der Einigung auf eine türkis-blaue Koalition Ende 2017 um 14,7 Millionen Euro erhöht worden, die Privatklinik Währing fand in einer Anlage zum PRIKRAF-Gesetz Aufnahme, ein Direktverrechnungsvertrag wurde abgeschlossen. Allerdings gibt es bisher keinen Zusatzvertrag, was in formaler Hinsicht an sich erforderlich wäre, um der Klinik Zugang zu den PRIKRAF-Mitteln zu ermöglichen, bestätigte der Ministerialbeamte. 

Als letzter Zeuge wurde Schönheitschriurg Worseg befragt. Er erklärte ihn verbinde ein freundschaftliches Verhältnis mit Strache und Grubmüller. Für die Klinik sei durch die Aufnahme in den PRIKRAF kein unmittelbarer wirtschaftlicher Vorteil entstanden, sagte er aus. 

Warum es bis heute keinen Zusatzvertrag gibt, der laut Gesetz eigentlich nötig wäre, um der Klinik Zugang zu den PRIKRAF-Mitteln zu ermöglichen, weiß er auch nicht so genau. "Es ist fast kafkaesk", sagte er. Niemand habe ihm genau sagen können, was es brauche, um Vertrag und damit Abrechnungsmöglichkeit zu bekommen. "Wir haben heute einen Fernseher ohne Programm", erklärte Worseg. 

Als  abschließendes Statement hielt  Grubmüller nach den Zeugenaussagen fest: „Ich bin das Korruptionsopfer der korrupten Wirtschaftskammer.“ Im Hinblick auf das Urteil sei man optimistisch, erklärte sein Anwalt. Man gehe von einem Freispruch aus. 

Und Strache? Der will sich als   Kämpfer für Gerechtigkeit verstanden wissen. Hätte Hübner keine Missstände erkannt, hätte er, Strache, die Causa nicht weiter verfolgt. 

Kommentare