"Stinkerte Juden": ZiB-Beitrag entlastet FPÖ-Politiker

Markus Abwerzger
Der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger war durch einen ORF-Beitrag wegen vermeintlicher Zustimmung zu antisemitischen Aussagen unter Beschuss geraten. Nun strahlte der Sender seine volle Reaktion aus - die ein anderes Bild zeichnet. Abwerzger fordert Entschuldigung und "nachweisliche Konsequenzen".

Ein ORF-Beitrag über den Wahlkampfauftritt des Tiroler FPÖ-Spitzenkandidaten Markus Abwerzger hatte am Freitag für Aufregung gesorgt. Der Vorwurf: Abwerzger habe im Gespräch mit einem älteren Mann, der von "stinkerten Juden" sprach, verständnisvoll genickt. Die FPÖ sprach von einer verfälschten Darstellung und attackierte den ORF, die SPÖ verlangte sogar bereits Abwerzgers Rücktritt. Der ORF war um Aufklärung bemüht und sendete um 13 Uhr in der Zeit im Bild einen Beitrag, der Abwerzgers volle Reaktion enthält.

Kommentar: "Geht's noch ORF Tirol?"

Fazit: Sowohl Abwerzger als auch der Innsbrucker FPÖ-Politiker Rudolf Federspiel widersprechen dem betagten Nazi-Verharmloser. "Jeder Mensch hat seine Würde", hält letzterer dem Passanten entgegen. Abwerzger hörte dem Mann beim Wahlkampf im Olympischen Dorf in Innsbruck zwar zu, nach den Ausführungen bleiben die Aussagen des 86-Jährigen aber nicht unwidersprochen stehen, wie es der Beitrag in Tirol heute am Freitagabend vermuten hatte lassen.

Abwerzger hatte schon am Freitag empört auf Twitter reagiert. Brigitte Gogl, Chefredakteurin des ORF Tirol, hatte daraufhin Aufarbeitung und Aufklärung versprochen. Diese dürfte mit dem ZiB-Beitrag größtenteils stattgefunden haben. Auch die Rücktrittsforderungen aus der Bundes-SPÖ haben sich damit wohl erledigt.

In der am Samstagnachmittag von der "Tiroler Tageszeitung" veranstalteten Diskussion der Spitzenkandidaten zur Landtagswahl verlangte Abwerzger dann eine Entschuldigung und "nachweisliche Konsequenzen" im öffentlich-rechtlichen Sender. Bewusst Stellungnahmen wegzulassen, sei "letztklassig". Gogl zeigte sich "verwundert" über diese Forderung.

>> ZiB-Beitrag vom Samstag um 13 Uhr

Tirol: FPÖ-Kandidat distanziert sich

Bei der Hitler-Jugend war noch Zucht und Ordnung, sagt der ältere Herr in Tirol Heute zur besten Vorabendzeit in die Kamera. Nicht einmal „Stinkender Jude“ darf man sagen, ohne dass man gleich als Nazi gilt, führt er weiter aus. Das alles sagt er zum Tiroler freiheitlichen Spitzenkandidaten Markus Abwerzger, der sich das wortlos anhört. Ob Abwerzger dem Mann widersprochen hat oder nicht, erfährt der Zuseher nicht mehr, der Beitrag wurde zuvor beendet und mit den Worten „Ein blauer Wahlkampf auf Hochtouren“ launig abmoderiert.

Wie sich freilich jetzt herausstellt, entgegnete Abwerzger tatsächlich etwas, der ORF musste das auf Druck jetzt zugeben und lieferte die nicht gesendete Antwort heute nach. Heißt im Umkehrschluss das Landesstudio Tirol hat diesen Beitrag manipuliert, da wesentliche Teile weggeschnitten wurden. Das widerspricht allen journalistischen Grundprinzipien und ist hoffentlich ein Fall für den Presserat.

Nicht weniger bedenklich ist, dass in der ORF-Redaktion offenbar niemand auf die Idee kam, sich vorab zu überlegen, ob man diese Naziaussagen überhaupt unkommentiert auf Sendung bringt, und den Herrn nicht gleich wegen Wiederbetätigung vor den Richter stellt. Hier fehlte den Redakteuren offenbar jegliche Sensibilität oder das historische Verständnis. Beides ist eine journalistische Bankrotterklärung, die in Zeiten von Fake-News für einen öffentlich-rechtlichen Sender nur noch peinlich ist.

(von Stefan Kaltenbrunner)

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