Kurz-Urteil: Ein Schuldspruch mit Folgen
Das Image ist angekratzt. Dass die Verurteilung von Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zu acht Monaten bedingter Haft nicht rechtskräftig ist, ändert daran nichts.
Und das ausgerechnet bei jenem Mann, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, in Sachen Image nichts dem Zufall zu überlassen. Der selbst im Gerichtssaal immer einen PR-Berater an seiner Seite hatte, der auf Stichwort Pressemeldungen an Medienvertreter verschickte.
Richter Michael Radasztics schenkte Kurz’ Beteuerungen, im U-Ausschuss die Wahrheit gesagt zu haben, nur bedingt Glauben. Kurz hatte angegeben, bei Aufsichtsratsbesetzungen nur informiert, aber nicht involviert gewesen zu sein. „Sie haben Ihre Rolle verschwiegen und bewusst runtergespielt“, hielt der Richter fest.
Immer wieder hatte der Ex-Kanzler von der feindseligen Stimmung und Angst im U-Ausschuss berichtet. „Er musste befürchten, sich strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen“, argumentierte Verteidiger Otto Dietrich. Gleichzeitig habe Kurz nicht falsch ausgesagt. „Eine eigenartige Doppelstrategie“, beurteilt Strafrechtler Robert Kert von der WU Wien, der auch festhält: „Hätte Kurz im U-Ausschuss gesagt, dass er sich als Bundeskanzler in Postenbesetzungen eingemischt hat, hätte er sich keiner strafrechtlichen Verfolgung ausgesetzt.“
Kleines Delikt, großer Prozess
Wohl aber hätte es einen Aufschrei der politischen Mitbewerber gegeben und eine Optik, die der damalige Kanzler verhindern wollte. Dass eine mutmaßlich falsche Antwort vor Gericht zwölf Tage lang durchgekaut wird, findet Kert bemerkenswert. „Das ist an sich ein kleines Delikt. Nach einem halben Tag fällt normalerweise ein Urteil.“ Nicht so bei Kurz. Da wurden Zeugen aus
Saudi-Arabien eingeflogen, aus Moskau und Amsterdam zugeschaltet. „Unverhältnismäßig“ nennt Kert das.
Ein Neustart in der Politik ist – rein juristisch – für Kurz dennoch möglich. Die Nationalratswahlordnung sieht vor, dass Kandidaten dann nicht antreten dürfen, wenn sie zu einer unbedingten Strafe, die sechs Monate überschreitet, oder einer bedingten, die zwölf Monate überschreitet, verurteilt wurden. Und selbst da gilt die „Sperrfrist“ nur sechs Monate ab Ende der Vollstreckung.
Gegen Kurz wird auch noch in der Causa Beinschab-Tool (Umfrage- und Inseratenaffäre) ermittelt.
Der Kronzeugenstatus für Thomas Schmid rückt näher
Drei Mal wurde der ehemalige ÖBAG-Chef Thomas Schmid in den vergangenen zwölf Verhandlungstagen befragt. Ausführlich, bis ins letzte Detail und teilweise bis in den Bereich persönlicher Peinlichkeiten (Stichwort: Angeblicher Geiselbefreier als Punkt im Lebenslauf) . „Nun gibt es den ersten Richter, der die Aussagen von Schmid als glaubwürdig erachtet hat“, stellt Strafrechtler Robert Kert fest.
Und das, obwohl die Verteidiger von Kurz und Bonelli alles versucht hatten, die Glaubwürdigkeit des ehemaligen Kurz-Vertrauten Schmid infrage zu stellen. Unter anderem mit der abenteuerlichen Geschichte von zwei russischen Geschäftsleuten – die allerdings für Beobachter einen schalen Nachgeschmack hinterließ.
Auch der Prozess gegen Ex-Familienministerin Sophie Karmasin endete mit einem (nicht rechtskräftigen) Schuldspruch. Sie soll zwei Meinungsforscherinnen dazu animiert haben, Scheinangebote zu legen und wurde in erster Instanz wegen Bestimmung zu wettbewerbeschränkenden Absprachen zu 15 Monaten bedingter Haft verurteilt. Der OGH beschäftigt sich am 6. März mit der Causa.
WKStA gewinnt in der Außenwirkung an Profil
Groß war die Kritik an der WKStA zuletzt, als von den üppigen Verdachtsmomenten wegen Bestechung und Bestechlichkeit in der Causa gegen Christoph Chorherr nichts übrig blieb und das Gericht alle Angeklagten freisprach (nicht rechtskräftig).
Immer wieder müssen sich die Korruptionsjäger den Vorwurf gefallen lassen, dass die Anklagen nicht halten würden – was Strafrechtler Kert nicht unterschreiben würde. „Die WKStA führt sehr viel mehr Verfahren durch, die nur nicht an die breite Öffentlichkeit kommen. Da kommt es freilich auch sonst zu vielen Schuldsprüchen.“ Dennoch: Dass der Richter im Kurz-Verfahren zumindest teilweise den Argumenten der Ankläger folgte, könne in der Außenwirkung positiv für die WKStA wirken.
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