Bemerkenswert, dass es dazu überhaupt eine Anklage gegeben hatte. Der Schuldspruch wegen Falschaussage in einem von drei Punkten (seltsamerweise in Bezug auf die Aufsichtsräte- und nicht auf die Schmid-Bestellung zum ÖBAG-Chef) ist – gelinde gesagt – überraschend. Man kann Kurz vorwerfen, dass er beim U-Ausschuss im Juni 2020 (am Höhepunkt der Corona-Pandemie) besser vorbereitet sein und auf die als Tribunal angelegte Befragung weniger unwirsch reagieren hätte müssen. Aber jeder Kanzler hat noch bei Bestellungen rund um die Staatsholding mitgemischt (ein Fehler von Kurz, im Ausschuss herumzueiern, statt es klar zu sagen). Da geht es ja nicht nur um aktienrechtliche Zuständigkeit, sondern um politische Verantwortung.
Problematischer ist übrigens, dass Schmid als damals mächtiger Generalsekretär des Finanzministeriums am Gesetz für die neue Staatsholding, deren Chef er werden wollte, offenbar mitgezimmert hat. Problematisch ist aber auch, dass U-Ausschüsse, in denen es um politische und nicht um gerichtliche Aufarbeitung geht, zum Instrument der Justiz geworden sind. Die umstrittene WKStA, die sich über Zufallsfunde auf beschlagnahmten Handys gezielt ins Zentrum der damaligen türkisen Macht hangelte, kann über einen „Zwischensieg“ jubeln. Man wird sehen, wie es in der nächsten Instanz weitergeht und darf darauf wetten, dass sich das noch bis zur Herbstwahl ziehen wird. Ein Schelm wer denkt, das könnte sogar Absicht sein.
Aber sonst haben wir eh keine Probleme? Leider schon. Österreich zählt bei wichtigen Indikatoren – Produktionskosten, Inflation, illegale Migration – zu den Schlusslichtern Europas. Ja, Deutschland liegt da und dort noch schlechter, aber Politiker sprechen wenigstens Klartext. Finanzminister Christian Lindner will wegen der deutschen Konjunkturschwäche drei Jahre lang auf neue Sozialleistungen verzichten. In Österreich hingegen versprechen so gut wie alle Parteien, das längst leere Füllhorn weiter auszuschütten. Außerdem befasst man sich ohnehin lieber noch weitere Jahre mit der Ära Sebastian Kurz. Und gibt sich der Illusion hin, dass Wohlstand und innerer Friede auch dann nicht gefährdet sind, wenn die Republik ihre Wettbewerbsfähigkeit und gleichzeitig den politischen Konsens verliert. Vergangenheitsaufarbeitung ist wichtig. Zukunftsbewältigung aber auch.
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