Nächste Absage: Auch Plakolm will nicht nach Brüssel

Für die Grünen war es eine Woche mit schmerzvollen Nackenschlägen: Zuerst sagte Umweltministerin Leonore Gewessler der Partei für die EU-Wahl von 6. bis 9. Juni 2024 ab. Intern stand sie eigentlich als Spitzenkandidatin fest. Parteikollegen gehen davon aus, dass Gewessler darauf spekuliert habe, gleichzeitig Spitzenkandidatin der EU-weiten Grün-Fraktion zu werden. Dieser Posten dürfte nun aber nach Deutschland gehen – weshalb Gewessler abgesprungen ist.
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Am Donnerstag brach dann der nächste grüne Kandidat weg: Nationalrat Michel Reimon, der seinen Antritt erst im Oktober verkündet hatte. Die schwierige Kandidatensuche gilt als Hauptgrund, dass der grüne Bundeskongress am 16. Dezember abgesagt wurde. Die Partei beteuert offiziell, das hänge mit dem Nahost-Konflikt zusammen.
ÖVP vor ähnlichem Dilemma
Auch beim Koalitionspartner im Bund, der ÖVP, verläuft die Kandidatensuche nicht weniger turbulent. Zur Erinnerung: Bei der EU-Wahl 2019 trat die Volkspartei unter Kanzler Sebastian Kurz mit einer Doppelspitze aus Othmar Karas und Karoline Edtstadler an – und gewann mit starken 34,55 Prozent.
Europaministerin Karoline Edtstadler wies Spekulationen, erneut für das EU-Parlament anzutreten, aber bereits im Juli zurück. Parteirebell Karas, aktuell Vizepräsident des EU-Parlaments, bestätigte Anfang Oktober, was sich weite Teile der ÖVP erhofft hatten: Auch er werde nicht kandidieren. „Die ÖVP ist nicht mehr dieselbe Europapartei, nicht mehr die Kraft der Mitte, die sie sein sollte“, nutzte Karas die Möglichkeit für einen Rundumschlag.
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Da auch Außenminister Alexander Schallenberg für die EU-Wahl abgesagt hat, rückte medial zuletzt ein anderer Name in den Fokus: Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm. Die 28-Jährige tritt den Gerüchten auf KURIER-Anfrage nun deutlich entgegen: „Das ist kein Thema. Meine Arbeit als Staatssekretärin für Jugend und Zivildienst macht mir viel Freude und ich habe in meinem Ressort noch einige Projekte vor, die ich umsetzen werde“, sagt Plakolm. Was sie alternativ kommendes Jahr vorhabe? „Ich plane, bei der nächsten Nationalratswahl wieder anzutreten. Eine Kandidatur bei der EU-Wahl kann ich für mich ausschließen.“
Zudem will sich Plakolm 2024 auch der Wiederwahl als Bundesobfrau der Jungen Volkspartei (JVP) stellen. Dafür erarbeite sie seit dem Sommer „Ideen“, heißt es aus ihrem Büro.
Wer übernimmt?
Trotz der prominenten Absagen unterscheidet sich die Situation der ÖVP in einem Punkt von jener der Grünen: Grundsätzlich steht genügend Personal mit EU-Erfahrung und -Ambitionen bereit, das für die Spitzenkandidatur einspringen könnte. Da wäre der Niederösterreicher Lukas Mandl, der 2017 Elisabeth Köstingers Sitz im EU-Parlament übernahm. Als weitere Option gilt die Oberösterreicherin Angelika Winzig, derzeit EU-Delegationsleiterin der ÖVP.
Ein weiterer Name, der in der JVP und im Bauernbund verankert ist und somit von beiden Fraktionen bei der EU-Wahl unterstützt wird: der 31-jährige Kilber (NÖ) Alexander Bernhuber.
Alles klar bei Rot und Blau
Ebenfalls offen ist, wer für die Neos – für ihren EU-Fokus bekannt – ins Rennen geht. Das parteiinterne Auswahlverfahren startet im Dezember. Claudia Gamon, bisher die pinke Vertretung in Brüssel, zieht es als Landessprecherin wieder nach Vorarlberg. Als Nachfolger werden unter anderen Jugendsprecher Yannick Shetty und der Nationalratsabgeordnete Helmut Brandstätter gehandelt.
Geklärt ist die Situation bei der SPÖ und der FPÖ. Bei den Roten hat sich im Vergleich zu 2019 an der Spitze der Wahlliste nichts geändert: Andreas Schieder und Evelyn Regner führen diese an. Gar keinen Kandidaten schickt das Burgenland ins Rennen, nachdem Ex-Verteidigungsminister Norbert Darabos auf dem aussichtslosen siebten Platz gereiht werden sollte.
Die FPÖ will wieder mit Harald Vilimsky antreten, wie Parteichef Herbert Kickl bestätigte. Offiziell entschieden wird das im Frühjahr.
ÖVP
EU-Mandatar Lukas Mandl, ÖVP-EU-Delegationsleiterin Angelika Winzig oder Bauernbund- und JVP-Spitzenkandidat Alexander Bernhuber kommen derzeit als Spitzenkandidaten infrage.
SPÖ
Andreas Schieder und Evelyn Regner führen die SPÖ wie bereits 2019 an.
FPÖ
Laut Parteichef Herbert Kickl soll Harald Vilimsky der blaue Frontmann in Brüssel bleiben.
Grüne
Nach dem Chaos um Leonore Gewessler könnte der amtierende EU-Abgeordnete Tom Waitz einspringen.
Neos
Wer Claudia Gamon ersetzt, ist noch nicht klar.
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