Ohrfeigen vom Rechnungshof zur Reform der Bildungsdirektion
Quizfrage: 2021 wies das Bildungsministerium den Bildungsdirektor für Salzburg an, Personalveränderungen beziehungsweise Nachbesetzungen von Landes-bediensteten inklusive Qualifikationsprofilen zu melden. Das Amt der Salzburger Landesregierung untersagte jedoch die Weitergabe der personenbezogenen Daten.
Wie würden Sie entscheiden?
Das ist nur eines der Probleme, die der Rechnungshof in seiner aktuellen Analyse präsentierte. Es geht um die Bildungsdirektionen, die es seit 2019 gibt und aus den aufgelösten Landes- und Stadtschulräten entstanden sind.
Mangelnde Flexibilität
Eines der zentralen Probleme: Die Bildungsdirektorin beziehungsweise der Bildungsdirektor ist in Bundesangelegenheiten des Schulwesens an die Weisungen des Bildungsministers gebunden. Die Landesregierung kann für Landesangelegenheiten Weisungen erteilen. Sind sowohl Bund als auch Land betroffen, muss beiderseitiges Einvernehmen hergestellt werden.
Konkret nennt der Rechnungshofbericht, warum die Reform reformiert gehört: „Das Grundproblem – die Kompetenzzersplitterung im Schulwesen – wurde damit allerdings nicht gelöst: Komplexe Weisungszusammenhänge, mangelnde Flexibilität bei der Personalbewirtschaftung und Unterschiede bei den Bildungsregionen gehen damit einher. Verbesserungsmöglichkeiten gibt es bei der Übertragung von Zuständigkeiten an die Bildungsdirektion durch Bund und Länder und den Stellenbesetzungen. Seit Jahren ausständig ist außerdem eine Verordnung für das Bildungscontrolling, ein wichtiger Teil der Bildungsreform, um die Qualität in den Schulen zu verbessern.“
Politisierte Behörde
Ein anderes grundlegendes Problem: Als gemeinsame Behörde des Bundes und des Landes vollzieht eine Bildungsdirektion sowohl Landes- als auch Bundesagenden des Schulwesens. Geleitet wird sie von der Bildungsdirektorin beziehungsweise dem Bildungsdirektor, die/der beim Bund beschäftigt ist. Das sieht der Rechnungshof im Sinne der Entpolitisierung positiv.
Aber zusätzlich kann die Landeshauptfrau beziehungsweise der Landeshauptmann der Bildungsdirektion als Präsidentin beziehungsweise als Präsident vorstehen oder das in Betracht kommende Mitglied der Landesregierung damit betrauen. Dies, meinen die Rechnungshof-Prüfer, widerspreche aber dem Ziel der Entpolitisierung. Außerdem ergibt sich damit eine weitere Stufe im ohnehin komplexen Weisungsgeflecht.
Das Zuständigkeits-Wirrwarr der Bildungsdirektion
Länder können – freiwillig – Macht abgeben und der Bildungsdirektion zusätzliche Aufgaben übertragen. Davon machten die Länder in unterschiedlichem Ausmaß Gebrauch, während Oberösterreich zum Beispiel das Kindergarten- und Hortwesen, das land- und forstwirtschaftliche Schulwesen und den Vollzug des Bildungsinvestitionsgesetzes betreffend Förderung der ganztägigen Schulformen auf die Bildungsdirektion für Oberösterreich übertrug, wählten andere Länder wie Burgenland, Steiermark oder Wien einen restriktiveren Weg und übertrugen – neben den obligatorischen Aufgaben – nur wenige weitere Kompetenzen.
Das Problem dabei: Nun gibt es österreichweit mitunter unterschiedliche Ansprechstellen für dieselben schulischen Angelegenheiten. Als Beispiel für die nach wie vor bestehende Zersplitterung der Zuständigkeiten nennen die Prüfer des Rechnungshofes, das etwa im Schuljahr 2020/21 beim Antragsformular der Schülerbeihilfe insgesamt 23 verschiedene behördliche Stellen aufscheinen.
Die Empfehlung des Rechnungshofes: Sowohl Länder als auch Bund sollten in ihren Zuständigkeitsbereichen die Übertragung weiterer Aufgaben an die Bildungsdirektionen prüfen und gegebenenfalls umsetzen.
Böses Blut im Haus
Eine weitere Absurdität: Die 1.930 Vollzeitstellen sind unterschiedlich besetzt von Bundes- als auch Landesbediensteten (mehrheitlich aber Bundesbedienstete). Aber, schreibt der Rechnungshof: „Es bestehen zahlreiche dienst und besoldungsrechtliche Unterschiede sowie verschiedene Pensionssysteme zwischen den Bundes- und Landesbediensteten. So erhielten beispielsweise in den Bildungsdirektionen für Burgenland und Niederösterreich die Landesbediensteten, anders als die Bundesbediensteten, am Landesfeiertag dienstfrei. Diese Unterschiede stellen die Bildungsdirektionen vor Herausforderungen, weil sie vor allem eine Beeinträchtigung des Betriebsklimas bedeuten.“
Eine Gleichbehandlung aller Bediensteten sei für die Prüfer aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Bestimmungen – etwa hinsichtlich der Gehälter, Pensionen, Feiertage sowie Urlaubsansprüche – nicht möglich. Die unterschiedlichen Zuständigkeiten für Bundes- und Landesbedienstete würden zudem auch unterschiedliche, parallel bestehende IT-Systeme, wie in der Personalverwaltung sowie beim Reise- und Zeit-Management bedingen.
Postenschacher?
Der Rechnungshof nahm auch die Akten zu 64 Besetzungsverfahren im Zuge der Einrichtung der Bildungsdirektionen unter die Lupe. Die Entscheidungen der Begutachtenden konnte er „nicht vollständig“ nachvollziehen. Und: „Mögliche Einflussnahmen oder bewusste Steuerungen bei Besetzungen konnten nicht zur Gänze ausgeschlossen werden.“ Zudem hätten mehr Männer als Frauen Top-Jobs bekommen.
Kein Controlling
Außerdem wären beinahe drei Jahre nach Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes "wesentliche Bausteine für ein Bildungscontrolling – wie die erforderliche Verordnung – noch ausständig“.
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