SPÖ Burgenland drängt auf Justizzentren im Ausland
Dem Ex-ÖIF-Chef wird Untreue vorgeworfen. In einer anderen Causa wollte er Kronzeuge werden - ermittelt wird (noch?) nicht. Thomas Schmid wartet unterdessen immer noch auf seinen Status.
Es geht um das „Tafelsilber“ der Republik, das verscherbelt worden sein soll. Der geschätzte Schaden: rund 10 Millionen Euro. Gegen fünf Angeklagte und zwei Verbände wird seit Montag im Landesgericht für Strafsachen in Wien wegen Untreue verhandelt.
Wobei: Zum Auftakt fehlen zwei Angeklagte, darunter der hauptbeschuldigte ehemalige Geschäftsführer des Österreichischen Integrationsfonds (ÖIF).
Die Vorwürfe gehen in die Jahre 2006 bis 2009 zurück. Es geht um Liegenschaften im Besitz des ÖIF, denn einst stellte der Fonds Flüchtlingen Wohnraum zur Verfügung. Im Lauf der Jahre veränderte sich das Betreuungsangebot – und die Liegenschaften sollten verkauft werden. Wurden sie auch.
Allerdings zu Preisen, die weitab jeder Realität gewesen sein sollen, wie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) überzeugt ist. Nach einem verheerenden Rechnungshofbericht 2015 begann die Behörde mit den Ermittlungen.
„Die Angeklagten waren großteils Freunde und Geschäftspartner, die das Vermögen des ÖIF geplündert haben“, hält ein Oberstaatsanwalt der WKStA fest. „Die Immobilien wurden zu einem Spottpreis an die Freunde des Hauptangeklagten verkauft.“ Unter den Angeklagten befindet sich übrigens auch ein ehemaliger Kabinettschef des Innenministeriums. Die Beschuldigten sollen sich gegenseitig Gutachten geschrieben und darin betont haben, wie desolat die Wohnungen wären.
Doch sämtliche Angeklagten bestreiten die Vorwürfe. „Es wird so getan, als ob man Flüchtlingswohnungen so einfach bewerten könnte“, meint Anwalt Michael Rohregger. „Haben Sie schon einmal eine Flüchtlingswohnung gekauft?“ Ziel des ÖIF sei es gewesen, die Immobilien möglichst schnell und im Paket zu verkaufen.
Der erste Verhandlungstag war mittags auch schon wieder zu Ende. Am 2. September soll es weitergehen – da soll auch der hauptangeklagte ehemalige ÖIF-Geschäftsführer wieder von seinem lange geplanten Urlaub zurückgekehrt sein.
Der Ex-ÖIF-Chef ist bei der WKStA übrigens auch in einer anderen Sache vorstellig geworden: Im März 2022 offenbarte er einen „neuen Sachverhalt“. Mit dem Ziel, Kronzeuge zu werden und straffrei zu gehen. (Wichtig: Zur jetzt angeklagten Immobilien-Causa besteht kein Zusammenhang.)
Inseratenkorruption
Damals war bereits seit einem halben Jahr in der ÖVP-Inseratencausa (Stichwort Beinschab-Tool) gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz und Co. ermittelt worden. Bei der WKStA gab der Ex-ÖIF-Chef sinngemäß zu Protokoll, dass es schon zu Kurz’ Zeit als Integrationssekretär (2011 bis 2013) Usus war, den Boulevard mit Inseraten zu füttern. Sprich: Gelder aus dem Integrationsfonds sollen nicht zweckgemäß, sondern zum Vorteil des damals aufstrebenden ÖVP-Politikers verwendet worden sein.
Auf KURIER-Anfrage am Montag äußert man sich bei der WKStA nur insofern, dass man sich im Stadium der Prüfung des Anfangsverdachts befinde.
Ermittlungen wurden also nicht eingeleitet. Und damit fehlt dem Kronzeugen-Antrag (noch?) die Grundlage. Die ÖIF-Vorwürfe – die für sich genommen schon verjährt sein dürften – könnten wieder aktuell werden, wenn die Vorwürfe bezüglich Beinschab-Tool anklagereif werden. Beides lief ja angeblich nach derselben Systematik ab.
Sabine Beinschab Die Meinungsforscherin soll ab 2017 Umfragen zugunsten von Sebastian Kurz bzw. der ÖVP frisiert haben – auf Kosten der Steuerzahler. Im Sommer 2022 wurde sie Kronzeugin.
Thomas Schmid Im Sommer 2022 legte auch Schmid ein Geständnis ab, auf den Kronzeugenstatus wartet er noch immer.
Ex-ÖIF-Chef War im März 2022 bei der WKStA und behauptete, dass es schon 2011, als Kurz Integrationsstaatssekretär war, Inseratenkorruption gegeben habe.
Beinschab-Tool
Der Ex-ÖIF-Chef wäre damit der potenziell dritte Kronzeuge gegen Ex-Kanzler Kurz und Co. rund um das Thema Inseratenkorruption.
Sabine Beinschab, nach der das „Tool“ benannt wurde, hat den schützenden Status nach ihrem Geständnis 2021 recht flott erhalten. Daraufhin hat sich Ex-Finanz-Generalsekretär Thomas Schmid, der das Tool vom Finanzministerium aus gesteuert haben soll, bei der WKStA als Kronzeuge angetragen und noch allerlei weitere Vorwürfe auf den Tisch gelegt.
Die WKStA hat ihren Vorhabensbericht Anfang April an die Fachaufsicht geschickt – das ist mehr als vier Monate her. Am Montag heißt es auf Anfrage im Justizministerium, dass die Prüfung noch nicht abgeschlossen sei.
Justizinsider und -beobachter sind jedenfalls gespannt: Wird die Entscheidung noch vor der Nationalratswahl fallen – Schmid also inmitten des Wahlkampfes zum Kronzeugen gegen seine früheren ÖVP-Freunde gemacht? Im Ministerium kann (wie immer) zum Zeithorizont keine Auskunft erteilt werden.
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