Österreichs Kampf gegen Korruption – mit Russlands (Geld-)Segen
Als die Internationale Anti-Korruptionsakademie (IACA) 2010 von ÖVP-Granden vorgestellt wurde, hieß es, sie werde "weltweit neue Maßstäbe setzen". Seitdem geriet das Prestigeprojekt im niederösterreichischen Laxenburg unter den starken Einfluss von Staaten, die in der Korruptionsbekämpfung eher keine Maßstäbe setzen. Die wichtigsten ausländischen Geldgeber waren bis 2021 Russland, Malaysia und China.
Russland rettete die Akademie 2019 vor der Pleite, trug 1,36 Millionen Euro zum allgemeinen Budget bei, aus dem die IACA etwa Mitarbeiter bezahlt.
Mehr Geld hat bisher nur Österreich mit 5,25 Millionen zur Verfügung gestellt. Im Korruptionsindex von Transparency International liegt Russland von 180 Staaten auf Rang 136. Wie konnte es passieren, dass ausgerechnet die IACA in finanzielle Abhängigkeit von korrupten Staaten geriet?
Der "Geburtsfehler"
Das Projekt stand von Beginn an unter keinem guten Stern. Ehemalige Mitarbeiter kritisieren gegenüber dem KURIER, dass die Politik nichts damit habe anfangen können, das Budget sei für den Auftrag der Akademie "lächerlich" gewesen.
Die IACA zählt heute zwar 76 Mitgliedsstaaten, der Großteil beteiligt sich aber nicht finanziell. Beiträge sind freiwillig – Top-Diplomat Thomas Stelzer, seit 2020 IACA-Dekan, spricht im KURIER von einem "Geburtsfehler", Planungssicherheit sei nicht möglich. Immerhin: China hat für die kommenden vier Jahre 190.000 Euro pro Jahr zugesagt.
Absolventen
Die IACA bietet Masterstudiengänge, Weiterbildungen und Sommerakademien an. Rund 3.000 Alumni aus 172 Staaten
Aufgabe
Staatsanwälte, Richter, Banker oder Beamte aus aller Welt in der Korruptionsbekämpfung ausbilden – meist berufsbegleitend
Budget
40 Prozent des Gesamtbudgets durch freiwillige Spenden, 60 Prozent durch eigene Einnahmen. 18-monatiges Masterstudium kostet rund 12.000 Euro
Dass viele IACA-Mitglieder keine Vorzeigestaaten im Kampf gegen Korruption sind, findet Stelzer nicht nachteilig. Die IACA bietet prinzipiell Masterstudiengänge und Weiterbildungen für Praktiker im Anti-Korruptionsbereich an. "Unsere Aufgabe ist es, unseren Mitgliedsstaaten zu helfen, resiliente Anti-Korruptionssysteme aufzubauen", sagt Stelzer. Viele IACA-Mitgliedsstaaten würden diese auch benötigen. Zudem ist der Dekan positiv gestimmt, in naher Zukunft weitere Mitglieder aus Nordeuropa an Bord holen zu können.
Schiefe Optik: Seit 2019 hat das Board of Governors der IACA – eine Art Aufsichtsrat – mit Alexey Konov einen russischen Uni-Direktor als Vorsitzenden. Er wird am 10. Mai wohl bei der Mitgliederversammlung abgewählt, sein Stellvertreter aus China eventuell auch.
Kein Einzelfall
Russlands Einfluss auf die IACA in den vergangenen Jahren fügt sich jedenfalls in eine Kette diplomatischer Schnitzer ein. Österreichs Image als Insel für diplomatische Verhandlungen, mit einem von weltweit vier UN-Sitzen, hat in den vergangenen Jahren Kratzer erlitten. Das Nein zum UN-Migrationspakt nach Zustimmung auf Beamtenebene wird in diplomatischen Kreisen bis heute als Kardinalfehler bezeichnet.
Auch der stiefmütterliche Umgang mit der IACA ist kein Einzelfall. Für massive Irritation bei internationalen Organisationen in Wien sorgte etwa der Rauswurf des König-Abdullah-Zentrums für interreligiösen Dialog (KAICIID). 2011 ebenfalls auf Bestreben der ÖVP nach Wien geholt, schossen sich zuerst die Grünen, später alle Parteien auf das Zentrum ein.
Hauptgrund: Menschenrechtsverletzungen in Saudi-Arabien. Riads mittelalterliches Strafrecht war aber bereits 2011 öffentlich bekannt. An der Finanzierung des KAICIID hat sich Österreich nie beteiligt, diese oblag Saudi-Arabien. Ernst gemeinte Debatten über eine Neuaufstellung des Zentrums blieben aus. Das KAICIID schließt mit 1. Juli seine Pforten in Wien und zieht nach Lissabon um, bestätigt ein Sprecher. Konträres Bild: Dort bezeichnete der portugiesische Außenminister die Arbeit des KAICIID bei dessen Präsentation als "unverzichtbar".
Skurril: Österreich bleibt Mitgliedsstaat.
"Spannende Entwicklung"
Das Schicksal der IACA scheint indes offen. Österreich stellt bis 2024 eine Basisfinanzierung, bis dahin soll die Akademie neue Geldgeber sichern. Im jetzigen Stadium werde es immer schwieriger, saubere Staaten als Partner zu gewinnen, bilanzieren Insider. Die IACA laufe Gefahr, einen "stillen, einsamen Tod zu sterben".
Stelzer widerspricht deutlich, die Republik Österreich habe im Umgang mit der IACA mittlerweile eine Kehrtwende hingelegt: "Wir haben eine spannende Entwicklung vor uns. Der internationale Kampf gegen Korruption dringt jetzt erst langsam ins Bewusstsein der Regierungen ein."
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