Volksbegehren startet: "Korrupte Politiker untergraben die Demokratie"

Volksbegehren startet: "Korrupte Politiker untergraben die Demokratie"
Sieben Volksbegehren können ab Montag unterschrieben werden. Franz Fiedler, Proponent des Antikorruptions-Begehrens, spricht im KURIER über nötige Veränderungen.

Gleich sieben Volksbegehren können von 2. bis 9. Mai unterzeichnet werden – online per Handysignatur oder in Eintragungslokalen. Darunter auch das Anti-Korruptionsvolksbegehren, das im Vorhinein für den stärksten medialen Widerhall sorgte – und von einem Dutzend Prominenter aus Justiz und Politik unterstützt wird.

Zu den Proponenten zählt etwa Franz Fiedler, ehemals Präsident des Rechnungshofs und von Transparency International Österreich. Zumindest von 100.000 Unterschriften gehe er aus, sagt Fiedler zum KURIER und meint mit Verweis auf den Wirtschaftsbund-Skandal in Vorarlberg: "Auch die Bevölkerung muss sehen, dass Korruption in Österreich geradezu flächendeckend um sich greift."

Tatsächlich ist Österreich im internationalen Vergleich ein großes Stück von Vorzeigeländern wie Dänemark oder Neuseeland entfernt. Im internationale Korruptionsindex 2021 von Transparency International büßte man im Vergleich zum Jahr 2020 zwei Punkte ein, liegt derzeit bei 74 von 100 möglichen Punkten.

Volksbegehren startet: "Korrupte Politiker untergraben die Demokratie"

"Nachteilige Haltung"

Zwar geht die Alltagskorruption in Österreich zurück, auf staatlicher Ebene zeigt sich aber ein Negativtrend. Fehlende Neuregelungen beim Lobbying, das ausstehende Informationsfreiheitsgesetz oder die aufgeschobene Einführung des Bundesstaatsanwalts sind nur drei Punkte, die einen Fortschritt in puncto Transparenz hemmen.

"Im Verhältnis zum ersten Jahrzehnt dieses Jahrhunderts haben wir uns verschlechtert", befindet Fiedler. Die Politik würde Vorschlägen für mehr Transparenz immer nur zögerlich folgen: "Diese Haltung ist sehr, sehr nachteilig. Die Bevölkerung sieht, dass Parteien die eigenen Reservate, wo es Intransparenz gibt, bewahren wollen."

Fiedler fordert "moralische Reife"

Zumindest ein Punkt, der auch Teil des Volksbegehrens ist, könnte demnächst umgesetzt werden: das Parteiengesetz und damit stärkere Kontrollrechte des Rechnungshofs bei der Parteienfinanzierung. Doch selbst wenn Forderungen wie diese zeitnah umgesetzt würden, wäre das nur ein erster Schritt, meint Fiedler: "Wesentlicher wäre, bei jenen, die dass Sagen haben, auch dafür zu sorgen, dass die moralische Substanz wächst."

Ohne moralische Reife und Vorbildwirkung bei Politikern würden die beste Gesetze nichts ändern, so Fiedler. Insgesamt 72 Forderungen umfasst das Volksbegehren – darunter der Vorschlag, dass Politiker, die höchstgerichtliche oder rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen durch Staatsorgane nicht befolgen, ihre Funktion verlieren.

Fiedler möchte im Übrigen nicht behaupten, dass früher alles besser war, im Gegenteil: In den 1950er- bis 1960er-Jahren hätten sich ÖVP und SPÖ die gesamte Republik aufgeteilt. "Aber die Verhältnisse haben sich geändert und in der Politik hat es sich noch nicht niedergeschlagen, dass es so nicht mehr geht." Jede Korruption untergrabe grundsätzlich den Rechtsstaat – doch korrupte Politiker würden den Rechtsstaat untergraben und zusätzlich das Wesen sowie den Wert der Demokratie beeinträchtigen, warnt Fiedler.

100.000 Unterschriften nötig

Ab 100.000 Unterschriften muss sich das Parlament mit dem Volksbegehren auseinandersetzen. Ebenso unterschrieben werden können ab Montag zwei Begehren gegen die aktuell ausgesetzte Corona-Impfpflicht, Forderungen nach höherem Arbeitslosengeld, einem bedingungslosen Grundeinkommen, dem Ende der Lebendtiertransporte und Maßnahmen für die seelische Gesundheit Jugendlicher.

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