Was bisher geschah: Die Regierungskrise am Montag

Kanzler Kurz und Minister Blümel
Ein politisches Nachbeben gab es am Montag nach dem Rücktritt von HC Strache und der Entscheidung für Neuwahlen.

Das "Ibiza-Video" sorgte auch am Montag für anhaltende blaue Katerstimmung in Österreich. Während Norbert Hofer am Montag erstmals als designierter FPÖ-Chef auftrat, wurde am frühen Abend weiter um die Zukunft von Innenminister Herbert Kickl gepokert.

Kurz nach 18.30 verkündete Kanzler Sebastian Kurz schließlich seine Entscheidung: Er werde dem Bundespräsidenten die Entlassung Kickls vorschlagen. Die FPÖ bestätigte daraufhin, dass alle blauen Minister die Regierung verlassen werden. Offen ist, ob die FPÖ einen Misstrauensantrag gegen Sebastian Kurz unterstützen wird. Das soll laut Norbert Hofer in den kommenden Tagen entschieden werden. 

In Oberösterreich trat Landesrat Elmar Podgorschek (FPÖ) zurück. Die Beförderung von Kickls Generalsekretär wurde vom Bundespräsidenten verhindert. Kooperationen platzten.

Weitere Konsequenzen zog die FPÖ selbst nach der Veröffentlichung des Videos. Hofer kündigte eine externe Prüfung der Parteifinanzen an. Bis jetzt habe er persönlich aber keine auffällig hohen Parteispenden gefunden, sagte er. Der designierte Parteichef entschuldigte sich zudem für das Skandal-Video und warb zugleich für seine Person. "Es war mir immer wichtig, ein gutes Verhältnis zu allen anderen Parteien zu pflegen, das betrifft auch die SPÖ", sagte er.

Weniger charmant ging es Kickl an, dessen Kopf in der Regierung auf dem Spiel steht. Er attackierte die ÖVP scharf und ortete beim ehemaligen Koalitionspartner eine "kalte und nüchterne Machtbesoffenheit". Diese wolle nur den Posten des Innenministers für sich - entgegen anderer Vereinbarungen, die nach dem Ausbruch der Regierungskrise getroffen worden seien.

Äußerst knapp geriet das Statement von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nach dem Bundesparteivorstand seiner Partei. Es gebe 100 Prozent Zustimmung für seinen Kurs, sagte er. Ziel der ÖVP sei es, den bisherigen Kurs fortzusetzen und zu stärken, "ohne den Hemmschuh, den wir hier die ganze Zeit erleben mussten". Mit dem Bundespräsidenten sei er einig, dass volle Aufklärung aller Verdachtsmomente im Zusammenhang mit dem Ibiza-Video der FPÖ aufgeklärt werden müssten.

Weniger eilig hat es die ÖVP mit der Behandlung der Affäre im Nationalrat. Die von der SPÖ beantragte Sondersitzung zur Regierungskrise, bei der bereits ein Neuwahlantrag eingebracht werden könnte, soll nach dem Willen der Regierungspartei bis zum Montag nach der EU-Wahl herausgezögert werden. Dies sei heute, Montag, vom schwarzen Klubdirektor mitgeteilt worden, hieß es. SPÖ, NEOS und Liste Jetzt protestierten heftig.

Der von der Liste JETZT angekündigte Misstrauensantrag gegen Kurz brachte die ÖVP zusätzlich unter Druck. Aus FPÖ-Kreisen hieß es, sollte die ÖVP auf den Abzug von Kickl beharren, könnte man das Votum bei der Sondersitzung des Nationalrats unterstützen.

Konsequenzen in Oberösterreich

Auch die SPÖ zog ihre Konsequenzen aus der blauen Affäre: In Linz kündigte SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger das Arbeitsübereinkommen mit der Linzer FPÖ - nachdem seine Bundesparteichefin Pamela Rendi-Wagner dazu aufgefordert hatte. Ab sofort solle ein freies Spiel der Kräfte herrschen. Im Burgenland beschloss der rot-blaue Koalitionsausschuss, die Landtagswahl vom Mai auf den 26. Jänner 2020 vorzuverlegen.

Im - schwarz-blau regierten - Oberösterreich trat Sicherheitslandesrat Elmar Podgorschek (FPÖ) zurück. Er befürchte, "bei der nun einsetzenden oppositionellen Schmutzkübelkampagne anlässlich der sogenannten 'Ibizaaffäre' erneut zur Zielscheibe medialer Angriffe zu werden", hieß es. Die oberösterreichische SPÖ forderte gleich eine Neuwahl des dortigen Landtags.

Die Oppositionsparteien erhöhten den Druck auf FPÖ und ÖVP. Die Liste JETZT kündigte einen Misstrauensantrag gegen Kurz bei der Sondersitzung des Nationalrates an. Die NEOS sehen auch bei der ÖVP Aufklärungsbedarf in Sachen Parteienfinanzierung, die Partei müsse die Geldflüsse etwa bei den Vereinen zur Förderung von Europaminister Gernot Blümel und EU-Kandidat Lukas Mandl transparent machen. Und die Grünen forderten Verschärfung bei Parteienfinanzierung.

Für zusätzlichen Wirbel, auch vonseiten des Kanzlers, sorgte die Bestellung des einstigen Generalsekretärs im Innenministerium und Vertrauensmannes Kickls, Peter Goldgruber, zum Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit, zunächst amtsführend. Im Ressort betonte man zwar, dass dieser Schritt zufällig zu dieser Zeit erfolgt sei. Dennoch unterschrieb Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Ernennung nicht.

Mit der Causa nichts zu tun haben will der Kreml. "Wir wissen nicht, wer diese Frau ist, ob sie russischer Nationalität oder Herkunft ist", hieß es vonseiten Russlands. Die EU-Kommission reagierte zwar fassungslos auf das "Ibiza-Video", vertraue aber weiterhin in die demokratischen Institutionen Österreichs, hieß es. Der ungarische rechtsnationale Premier Viktor Orban sieht die "Jagdsaison" eröffnet. Die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen attestierte Strache einen "schwerwiegenden Fehler".

Kurz wollte Montagnachmittag noch mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen konferieren. Im Anschluss war ein Gespräch mit Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) geplant. Aber nicht nur das: Der Bundeskanzler dürfte auch Vertreter der anderen Parteien, etwa der NEOS; zu sich geladen haben, hieß es dem Vernehmen nach.

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