Sollen alle eine betriebliche Zusatzpension bekommen?
Heuer muss der Staat fast 30 Milliarden Euro aus dem Budget zuschießen, um das Pensionssystem zu finanzieren – also rund ein Drittel seiner Einnahmen. Dieser Wert wird noch weiter ansteigen und in etwa zehn Jahren seinen Höhepunkt erreichen. Denn dann hat die geburtenstarke Babyboomer-Generation größtenteils ihren Ruhestand angetreten.
Ob OECD, Rechnungshof oder Ökonomen: Die meisten Experten betonen, dass Österreich eine Pensionsreform benötigt. Unter anderem wird die Ausweitung der betrieblichen und privaten Pensionsvorsorge vorgeschlagen.
Im Wahlkampf spielte das Thema bisher kaum eine Rolle. Am Donnerstag hat der Fachverband Pensions- und Vorsorgekassen – also Obmann Andreas Zakostelsky und Geschäftsführer Stefan Pichler – in Wien seine Vorschläge präsentiert. "Wir wollen die staatliche Pensionssäule nicht schlechtreden, wir wollen das Pensionssystem gutreden", sagt Zakostelsky. Die Stärkung der betrieblichen Vorsorge sei vor allem als Ergänzung gedacht.
Parteien: Wer ist für mehr betriebliche Vorsorge?
In einem ersten Schritt hat der Fachverband alle im Nationalrat vertretenen Parteien gefragt, was sie von einem "Vollausbau" der betrieblichen Altersvorsorge in Österreich halten würden. Auf diese haben derzeit rund 23 Prozent der Arbeitnehmer Anspruch. Bezieher erhalten durchschnittlich 14 Mal pro Jahr 425 Euro. "Ich glaube, es ist ein relevanter Faktor, ob man 425 Euro pro Monat bekommt oder nicht", sagt Pichler.
Seit 1991 weisen die Pensionskassen eine Durchschnittsperformance von 4,95 Prozent pro Jahr auf. Heuer steht nach dem ersten Halbjahr ein Plus von 3,98 Prozent zu Buche. Wegen negativen Ausreißern in schwachen Börsenjahren werden die Kassen von Pensionistenvertretern und Arbeiterkammer dennoch teils massiv kritisiert.
2023 kam beispielsweise ein Minus von 9,68 Prozent zustande, das bei einer Anlage über Jahrzehnte aber überkompensiert wird. Auch in Relation zur Inflation? Die lag von 2014 bis 2023 durchschnittlich bei 2,97 Prozent, die Pensionskassen erwirtschafteten ein Plus von 3,38 Prozent. Also auch unter Berücksichtigung der Krisenjahre gab es ein kleines Plus.
Was sagen also die Parteien?
- Die ÖVP will die betriebliche und private Säule zumindest stärken, um neben der staatlichen Pension zusätzliche Leistungen zu generieren. Das soll ein besseres Auskommen im Alter ermöglichen.
- Die Grünen sind gegen eine betriebliche oder private Zusatzpension für alle. Diese seien "für Menschen aus der unteren Einkommensgruppen, wie etwa Teilzeitbeschäftigte, kaum leistbar" und somit kein Faktor im Kampf gegen Altersarmut.
- Aus Sicht der SPÖ ist das aktuelle Pensionssystem bereits "hervorragend und krisensicher". Die betriebliche Altersvorsorge gehöre reformiert, eine "höhere Flexibilität für die Anwartschafts- und Leistungsberechtigten" sei nötig. Für Frauen mit Teilzeiteinkommen könnten betriebliche Pensionen jedenfalls nur sehr schwer angespart werden.
- Die FPÖ hält einen finanziellen Lückenschluss durch eine Zusatzpension für ein Modell, um Altersarmut zu lindern. "Neue und bessere Rahmenbedingungen, welche die Erfahrungen der letzten Jahre insbesondere auch der Zinslandschaft und der Inflationsentwicklung mitberücksichtigen, wären neben Adaptierungen bei Steuern und Abgaben eine Möglichkeit der Attraktivierung."
- Die Neos fordern dezidiert eine betriebliche Zusatzpension für alle Erwerbstätigen, "nicht nur für privilegierte Gruppen". Ihr Vorschlag: ein Generalpensionskassenvertrag. "Jeder und jede Erwerbstätige soll einen Teil des Einkommens vor Steuer und Sozialversicherung in eine Pensionskasse umleiten können, um sich eine Pension aus der 2. Säule anzusparen."
Was die Pensionskassen fordern
Zumindest im Falle einer schwarz-blauen Koalition könnte sich die Politik bei der betrieblichen Säule also bewegen. Die Pensionskassen fordern neben dem Vollausbau des Systems, dass sich die Alterssicherungskommission künftig auch um die privaten und betrieblichen Pensionen kümmern soll. Derzeit ist sie nur für die staatlichen Pensionen zuständig.
Arbeitnehmer und Arbeitgeber sollen ihre Eigenbeiträge in die betriebliche Vorsorge zudem künftig von der Steuer absetzen können. Bei einkommensschwächeren Arbeitnehmern schlagen die Pensionskassen statt der steuerlichen Absetzbarkeit Prämien vor. Beiträge, die erstattet werden, sollen zudem die gleiche Höhe wie die Förderung der privaten Altersvorsorge haben.
Und: Die Kassen plädieren für eine Abschaffung der Versicherungssteuer bei der betrieblichen Altersvorsorge. Die beträgt derzeit 2,5 Prozent. "Das ersatzlose Streichen der Versicherungssteuer würde nicht nur den gewünschten Lenkungseffekt erzielen, sondern auch eine Verwaltungsvereinfachung darstellen", heißt es.
Veränderungen bei Veranlagung?
Derzeit veranlagen die Pensionskassen die Beiträge eher konservativ. Rund 44 % fließen in Staatsanleihen, 38 % in langfristig wertsteigerndere Aktien. Muss man hier künftig, auch vor dem Hintergrund der stotternden Wirtschaft in Europa, künftig einen Aktien-lastigeren Mix wählen?
Der Anteil bei der Aktienveranlagung sei bereits hoch, meint Zakostelsky. "Unser großer Vorteil ist, dass man international veranlagt. Damit holt man die Wertschöpfung aus anderen Teilen der Welt ins System."
Kommentare