Was auf Migrationskommissar Magnus Brunner zukommt
Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) ist als EU-Kommissar künftig für das Ressort Migration und Inneres zuständig. Er sei „überrascht, aber positiv überrascht“, dass ihm EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen diese Aufgabe zutraue, sagt Brunner. Denn größere Vorerfahrungen weist der gelernte Jurist in diesem Bereich nicht auf.
Der 52-jährige Vorarlberger erhält eines der konfliktträchtigsten Ressorts – spätestens seit der Migrationskrise 2015. Sei es bei dem Streit um die Verteilung von Flüchtlingen auf die EU-Staaten, bei der finanziellen Unterstützung für EU-Außengrenzländer oder bei Abschiebungen. Kurzum: Viel zu gewinnen gibt es bei diesem Thema nicht.
Die Rolle des Vermittlers
Dass ausgerechnet ein ÖVP-Mann dieses heikle Thema nun in Brüssel abwickeln muss, erweitert auch die innenpolitische Angriffsfläche der Volkspartei. Ihr wird es erschwert, beim Migrationsthema künftig zu stark auf Konfrontationskurs mit Brüssel zu gehen – sofern sie nicht ihren eigenen Kommissar angreifen will. Ende 2022 blockierte die ÖVP mit dem Schengen-Veto bekanntlich den EU-Beitritt von Rumänien und Bulgarien – auf den die EU-Kommission längst eingestimmt war.
Was Brunner in die Karten spielt: Mit der Einigung auf den Asyl- und Migrationspakt haben die EU-Staaten seinen Weg quasi vorgezeichnet. An dessen Umsetzung dürfte er wiederum gemessen werden.
Die politischen Schwerpunkte des Absolventen des Londoner King’s College lagen bisher in den Bereichen Finanzen und Energie. Am 6. Dezember 2021 übernahm er das Finanzministerium (BMF) von Gernot Blümel. Im APA-OGM-Vertrauensindex gehört Brunner seither zu den beliebteren ÖVP-Politikern, trotz Krise. Aber was bleibt von seiner Amtszeit übrig?
Nach Jahrzehnten abgeschafft
Unter Brunners Leitung habe das Ministerium bis September 2024 90 Gesetze, 120 Verordnungen und 230 Ministerratsvorträge erfolgreich durchgesetzt, heißt es aus dem BMF. "Wir haben die letzten fünf Jahre trotz aller inhaltlichen Differenzen viel mit dem Koalitionspartner weitergebracht. Diese Regierung ist eine Entlastungsregierung", sagt Brunner rückblickend.
Er kann sich insbesondere die Abschaffung der kalten Progression ans Revers heften. Die Forderung nach der Abschaffung der schleichenden Steuererhöhung war ein jahrzehntelanger Evergreen in Wahlprogrammen. Während bis Ende 2023 die ersten 11.000 Euro des Einkommens steuerfrei waren, sind es ab 2025 die ersten 13.329 Euro.
Was reklamiert Brunner noch für sich? Man habe, im Gegensatz zu Wien, im Bund die Gebühren eingefroren. Die Körperschaftsteuer (KÖSt) habe man von 25 auf 23 Prozent gesenkt und damit "rund 150.000 österreichische Unternehmen" entlastet. Und: "Wir haben nach sieben Jahren erstmals wieder den Finanzausgleich verhandelt." Die zusätzlichen Bundesmittel für Länder und Gemeinden fließen vor allem in Gesundheit, Pflege und Kinderbetreuung.
Weitere Brocken: zwei Milliarden Euro für den Wohnbau, 1,3 Milliarden für Gemeinden oder die Ausweitung der Spendenabsetzbarkeit. Bei den relevanten Ratingagenturen hat Österreich zudem nach wie vor eine hohe Kreditwürdigkeit.
Brunner hofft auf "zukunftsfreundlicheren" Partner
Demgegenüber steht eine Schuldenquote von rund 80 Prozent sowie ein Rekordschuldenstand von 380 Milliarden Euro. Mit einem Minus von 13,76 Milliarden weist das Bundesbudget im ersten Halbjahr ein noch schlechteres Nettofinanzierungssaldo als im Vorjahreszeitraum auf. Die EU-Maastrichtkriterien von einer Neuverschuldung von drei Prozent des BIP werden auch heuer voraussichtlich nicht eingehalten. Die nächste Regierung muss also ein Sparpaket umsetzen.
Das BMF verbucht unter "nicht gelungen" aber vor allem folgenden Punkt: Die Umsetzung eines Vorsorgekontos sei an der "Kapitalmarktskepsis" der Grünen gescheitert. Wer ein solches Konto eröffnet und in bestimmte Wertpapiere investiert, soll auf diese nach einer gewissen Frist die Kapitalertragssteuer entfallen. "Ich hoffe, dass wir in Zukunft einen Partner finden, der etwas zukunftsfreundlicher sein wird", sagt Brunner.
Kommentare