Melisa Erkurt: "Diese Kinder brauchen Vorbilder"

Melisa Erkurt: "Diese Kinder brauchen Vorbilder"
Erkurt im Gespräch mit Lehrer-Bildnerin Marlene Walter: Wie lernen Kinder aus Migrantenfamilien besser Deutsch?

Zwei Drittel der Kinder aus Migrantenfamilien schaffen die Bildungsstandards im Fach Deutsch nicht. Der Befund des Integrationsberichts ist nicht neu. Was heißt das jetzt für das Bildungswesen – was muss sich ändern? Darüber sprechen im KURIER die Journalistin und ehemalige Lehrerin Melisa Erkurt und Marlene Walter, die 44 Jahre lang unterrichtete.

KURIER: Sind die Ergebnisse eine Bankrotterklärung für unser Schulsystem?

Melisa Erkurt: Sicher, aber das ist nichts Neues. Als ich noch Lehrerin war, hat ein Großteil meiner Schüler noch nie ein Buch besessen.

KURIER: Frau Walter, Sie standen 44 Jahre in der Klasse – sind die Lehrer schuld, dass die Kinder nicht lesen können?

Marlene Walter: Ich hoffe nicht. Ich möchte das relativieren, weil es doch sehr auf den Zugang des Lehrers ankommt, ob er Kinder zum Lesen motivieren kann – und es kommt auch auf die Zusammensetzung der Klasse an. Ich traue mir nicht zu, 25 Kindern, die nicht deutsch sprechen, die Sprache innerhalb von vier Jahren beizubringen. Wenn ich zwölf hätte, kann ich das schaffen. Besser wäre, wenn ich genügend deutsch sprechende Kinder in der Klasse hätte – diese beeinflussen dann die anderen. Wenn ich in einer durchmischten Klasse Kinder anhalte, im Unterricht viel zu sprechen, selber zu schreiben und mit eigenen Worten auszudrücken, was sie sagen wollen, wenn ich sie dabei bestärke und sie wertschätze, habe ich am Ende der vierten Klasse Kinder, die wirklich gut Deutsch können.

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