"Surprise, Surprise": Alexander Van der Bellen angelobt
202 Tage lang war die Hofburg verwaist, nun hat Österreich wieder einen Bundespräsidenten. Alexander Van der Bellen sprach am Donnerstag vor der Bundesversammlung seinen Eid, nahm die Amtsräume in Besitz und wurde vom Bundesheer am Heldenplatz als neuer Oberbefehlshaber begrüßt. Auch die Bundesregierung trat an. Ihr Demissionsangebot lehnte Van der Bellen der Tradition entsprechend ab.
Van der Bellens großer Tag in Bildern
Aus den Reihen der FPÖ, deren gescheitertem Kandidaten Norbert Hofer Van der Bellen "ungeachtet aller Differenzen" Respekt zollte, gab es dafür kaum Applaus, doch sonst wurde der ehemalige Grünen-Chef im Historischen Sitzungssaal des Parlaments quer durch die Fraktionen freudig begrüßt. Unter den Festgästen fanden sich Amtsvorgänger Heinz Fischer, frühere Bundeskanzler, darunter Werner Faymann, Franz Vranitzky und Wolfgang Schüssel, die früheren Vizekanzler Susanne Riess und Josef Pröll oder die Gründerin des Liberalen Forums, Heide Schmidt, aber auch Repräsentanten aus (Zivil-)Gesellschaft, Wirtschaft und Religion.
Video: Die Stunden nach der Angelobung
Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) zeigte sich in ihrer kurzen Ansprache erfreut, dass es nun wieder einen gewählten Bundespräsidenten gibt: "Was lange währt, wird heute gut." Sie freue sich, "dass ich diese Aufgabe in Ihre Hände legen kann". Bundesratspräsidentin Sonja Ledl-Rossmann meinte, nach dem Kampf der Worte im Wahlkampf brauche es jetzt die Kraft des Gemeinsamen.
Kurier.at begleitete live durch den Tag:
"Surprise, Surprise": Alexander Van der Bellen angelobt
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Alexander Van der Bellen ist angelobt. Sein langer erster Arbeitstag als höchster Mann im Staat ist zwar noch nicht zu Ende, denn um 17.00 Uhr lädt er das offizielle Österreich zu einem Empfang. Der ist allerdings nicht medienöffentlich.
Damit verabschieden wir uns für heute und sagen DANKE fürs Dabeisein!
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Im Rahmen des merkbar kurzen Empfangs bei Van der Bellen, zeigt sich Vizekanzler Reinhold Mitterlehner gegenüber unserer Redakteurin vor Ort, Maria Kern, "zuversichtlich, dass wir ein Ergebnis zustande bekommen." Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) sagte der APA, er wünsche sich eine Einigung. Ob diese gelinge, werde man aber erst am Ende des Prozesses wissen. Allzu großen Optimismus strahlte der SPÖ-Chef freilich nicht aus. Befragt, ob er auf einen Fortbestand der Koalition wetten würde, meinte Kern: "Ich wette nicht auf Koalitionsbestände."
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Van der Bellen zeigte sich "sehr zuversichtlich", dass die Regierung das in sie gesetzte Vertrauen rechtfertigen werde. Bezüglich der laufenden Gespräche über eine Neufassung des Regierungsprogramms meinte der Präsident, er hoffe, dass diese weiter konstruktiv verlaufen. Dies sei nicht nur im Interesse der Regierung selbst, sondern der gesamten Bevölkerung.
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Weil "der eine oder andere gleich weg" muss, fängt Van der Bellen gleich an und schüttelt den Regierungsmitglieder die Hand, ein Gruppenfoto gibt es jetzt auch noch.
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Jetzt ist er da, der neue Präsident. Er erklärt den Hintergrund des Demissionsangebots der Regierung. "Das wollen wir jetzt nicht dramatisieren", sagt Van der Bellen. Er nimmt den Rücktritt - "Surprise, Surprise", sagt er - nicht an.
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Falls Sie in der Zwischenzeit etwas lesen wollen, Bernhard Gaul kommentiert die Zeitenwende in Österreich, Stefan Kaltenbrunner das Kaum-bis-Nicht-Klatschen der FPÖ bei der Angelobung und ich den dazugehörigen Facebook-Post von Strache, in dem er das Verhalten eines politischen Gegners in einer alternativen Realität bewertet, die nur in seinem eigenen Kopf existiert.
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Die schon schön aufgefädelte Regierung hat sich jetzt wieder zerstreut und steht in Grüppchen herum, dürfte also noch dauern. Wir bleiben dran!
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Warten auf Van der Bellen. Im Gegensatz zu Godot sollte er aber noch auftauchen.
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Wenn man nicht wüsste, dass es eine Regierungskrise gibt - hier würde man es nicht bemerken. Stimmung wirkt gut, teils sogar amikal. Strange.
So schildert Redakteurin Maria Kern die Stimmung im Maria-Theresien-Zimmer.
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Die Regierung ist da, Van der Bellen fehlt noch
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Jetzt wird es gleich spannend, aber nicht so wirklich: Die streitende Bundesregierung bietet dem neuen Bundespräsidenten ihren Rücktritt an. Und auch wenn allerorts spekuliert wird, dass die Regierung vielleicht schon morgen zerbrechen könnte; das Rücktrittsangebot nimmt der Bundespräsident traditionell nicht an.
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KURIER-Videoredakteur Paul Batruel hat sich angesehen, was in den Stunden nach der Angelobung geschah:
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Times New Roman, 12pt, 1,5 Zeilenabstand, sieben DIN A4-Seiten: Die Rede von Alexander Van der Bellen gibt es hier zum Nachlesen.
"Mutig in die neuen Zeiten. Es lebe unsere friedliche europäische Zukunft und es lebe unsere Republik Österreich. Ich danke ihnen!"
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Nach der Ehrensalve - ein "Friedenssymbol", wie der Platzsprecher betonte - schenkten Marketenderinnen Schnaps aus, dem neben Van der Bellen auch First Lady Doris Schmidauer zusprach. Dann ging es zur Gulaschkanone des Bundesheeres. Über der Hofburg wehte da schon die rot-weiß-rote Flagge.
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Van der Bellen erinnerte an Österreichs "dunkelste Seite"
Der internationale Holocaust-Gedenktag am Freitag hat auch in der Antritts-Rede des neuen Bundespräsidenten im Parlament Niederschlag gefunden: Alexander Van der Bellen sprach dabei von der dunkelsten Seite österreichischer Geschichte. Auch die Klubchefs von ÖVP und SPÖ sowie die NEOS äußerten sich zu den Nazi-Verbrechen.Millionen Menschen seien in der Zeit des Nationalsozialismus ermordet worden, so der neue Bundespräsident - "Österreicher gehörten zu den Opfern aber auch zu den Tätern". Wenige der Geflüchteten seien zudem eingeladen worden, zurückzukommen. Viele seien bei ihrer Rückkehr nicht willkommen geheißen worden, meinte van der Bellen und weiter: "Das halte ich für die dunkelste Seite unserer österreichischen Geschichte. Die dunkelste Seite, die wir niemals vergessen werden."
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Das weitere Procedere sieht vor, dass nach dem militärischen Akt mit Kranzniederlegung und Flaggenparade ein Tiroler Volksfest mit Gulaschkanone und sonstigen Annehmlichkeiten von statten geht. Dabei soll es Van der Bellen dann tatsächlich möglich sein, mit der Bevölkerung direkt in Kontakt zu treten. Allzu viel Zeit hat er freilich auch da nicht, da um 14.15 Uhr ein erstes Kennenlernen mit den rund 70 Mitarbeitern der Präsidentschaftskanzlei auf dem Programm steht. Um 15.00 Uhr wird dann die Regierung in der Hofburg erwartet, die - wohl ohne Konsequenzen - ihren Rücktritt anbieten wird. Abgeschlossen wird Van der Bellens erster Präsidententag am späteren Nachmittag mit einem Empfang für geladene Gäste.
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Nach der Bundeshymne nimmt Van der Bellen gemeinsam mit Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil die Parade ab. In einer kurzen Rede begrüßte Doskozil den neuen Präsidenten und damit den neuen Oberbefehlshaber des Bundesheeres. Er ist sich sicher, dass die Zusammenarbeit sehr gut funktionieren werde und Van der Bellen habe das Vertrauen von allen Soldaten und Soldatinnen genieße. Das Bundesheer habe eine lange Tradition und würde wichtige Aufgaben erledigen, so Doskozil, es würde nationale und internationale Einsätze unterstützen. Gleichzeitig sei das Bundesheer aber gefordert, sich neuen Herausforderungen zu stellen. Am Ende wünschte er Van der Bellen in seiner Funktion alles gute.
Van der Bellen selbst betonte die Wichtigkeit des Bundesheeres und dankte den Soldaten für ihre hohe Bereitschaft und Leistungsfähigkeit. Sei es der Schutz der Grenzen oder ein sicherheitspolizeilicher Einsatz, "die Bevölkerung kann sich auf das Bundesheer verlassen". Ebenfalls betonte der Präsident wie wichtig die Neutralität Österreichs sei und diese abgesichert werden müsse. Aber auch die großen Krisen (Syrien, Terrorismus) weltweit sprach Van der Bellen an. "Die Gefahren sind leider Gottes real und die blutigen Konflikte zeigen, dass wir von einem friedlichen Miteinander noch weit entfernt sind."
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Geklatscht, oder nicht geklatscht? In den Sozialen Medien wird spekuliert und gerätselt, ob FPÖ-Abgeordnete bei der Angelobung von Alexander Van der Bellen applaudiert haben. Eine von zwei Antworten ("geklatscht", "nicht geklatscht") gibt FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache selbst: Ja, geklatscht, aber kurz. (Mehr dazu hier)
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Der neue Bundespräsident hat zu Mittag seine Amtsräume in der Präsidentschaftskanzlei bezogen. Begleitet von seiner Frau und seinem Bürostab lernte Van der Bellen jenes Mobiliar kennen, dass ihn in den kommenden sechs Jahren zur Verfügung stehen wird.
Foto: APA/HANS KLAUS TECHT Bei seinem Eintreffen in den Räumlichkeiten war Van der Bellen noch angetan vom Empfang, den ihm mehrere hundert Österreicher nach seiner Angelobung bereitet hatten. Die Freude und Zuneigung der Leute trage einen.
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Heinz-Christian Strache über das Verhalten der FPÖ-Mandatare während der Angelobung:
Alexander Van der Bellen ist seit heute österreichischer Bundespräsident.
— HC Strache (@HCStracheFP) 26. Januar 2017
Selbstverständlich waren auch ich als... https://t.co/WDFo3k33od -
"Wien ist in Tiroler Hand"
"Ich bin's, euer neuer Präsident." Mit diesen Worten begrüßt Van der Bellen die beiden Kapellen und die Zuschauer vor der Hofburg. In der kurzen Ansprache bedankt er sich, dass alle gekommen sind und freut sich über den Ansturm. Zu lernen habe er noch viel, verspricht Van der Bellen und erntet dafür Applaus. Es ist alles traditionell österreichisch, es gibt Kapellen und Schützen, eine Gulaschkanone und Schnaps. Auch die Flaggenparade in einer halben Stunde darf nicht fehlen. "Wien ist heute in Tiroler Hand", erklärt der sichtlich berührte Präsident. Nun geht es in die Hofburg, natürlich unter einem Spalier durch.
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Mittlerweile spielt die Kapelle aus Peuerbach. Die Stimmung ist gut, das Gedränge groß. Es sind auch jede Menge Medienvertreter vor Ort, berichtet Stefan Kaltenbrunner. In Kürze wird Van der Bellen noch eine Rede halten.
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In seiner ersten Rede als Bundespräsident beschwor Alexander Van der Bellen den Zusammenhalt im Lande und zollte Norbert Hofer, Hofburg-Kontrahent, trotz aller Differenzen Respekt. Hier finden Sie die Rede - Video.
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Unmittelbar nachdem er mit dem höchsten Orden der Republik ausgezeichnet wurde, hat sich Alexander van der Bellen erstmals als Präsident der Bevölkerung gezeigt. Empfangen von sicher tausend Anhängern bzw. Interessierten verließ er das Hohe Haus, um durch den Wiener Volksgarten zu seinem neuen Amtssitz, der Präsidentschaftskanzlei in der Wiener Hofburg, zu spazieren. Empfangen wurde das neue Staatsoberhaupt von einer Kapelle aus seiner Heimatregion, dem Kaunertal. Begeistert Fotos schossen auch zahlreiche Anhänger sowie Touristen. Selbst ein Kindergarten hatte sich mit selbst gebastelten rot-weiß-roten Fahnen mit Herz eingefunden, um einen Blick auf den ersten Grünen Präsidenten zu werfen.
Foto: KURIER/Stefan Kaltenbrunner Schwierig gestaltete sich der von Van der Bellen gewünschte direkte Kontakt mit der Bevölkerung. Denn angesichts der Masse an Kameraleuten und Fotografen sowie Sicherheitspersonal kam der Bundespräsident nur langsam vorwärts und kaum jemandem gelang es, tatsächlich mit dem Staatsoberhaupt ins Gespräch zu kommen.
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Es ist vollbracht. Alexander Van der Bellen ist Österreichs neuer Bundespräsident - nun auch angelobt. Während FPÖ-Abgeordnete die Angelobung mit versteinerter Miene verfolgten, zeigte sich Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ) in ihrer kurzen Ansprache erfreut, dass es nun wieder einen gewählten Bundespräsidenten gibt: "Was lange währt, wird heute gut." (Mehr dazu lesen Sie hier)
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FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hielt gegenüber der APA fest: Kurz habe seine Fraktion dem neuen Präsidenten sehr wohl Applaus gegönnt. Aber man habe "keinen Grund für drei Minuten Jubel" gesehen.
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Wie ist der weitere Fahrplan?
Nach der Zeremonie im Parlament begibt sich der ehemalige Grünen-Chef zu Fuß quer durch den Volksgarten zu seinem Amtssitz in der Hofburg. Mit dabei sind zwei Blaskapellen, nämlich jene aus dem Kaunertal in Tirol (Van der Bellens Heimat) sowie Musikanten aus Peuerbach in Oberösterreich (Heimat von First Lady Doris Schmidauer).
Zu Mittag begrüßt das Bundesheer dann seinen neuen Oberbefehlshaber mit militärischen Ehren und Flaggenparade am Heldenplatz, bevor ihm sein Heimatbundesland Tirol einen "landesüblichen Empfang" samt Schützen-Gewehrsalven bereitet.
Nachmittags macht sich dann die Bundesregierung auf den Weg in die Präsidentschaftskanzlei und bietet dem neuen Staatsoberhaupt der Tradition entsprechend ihren Rücktritt an - ein Formalakt, denn der neue Präsident wird die Regierung wohl wie üblich bitten, ihre Arbeit fortzusetzen. Auch hierzu haben wir wieder einen Live-Stream.
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Mutig in die neuen Zeiten! #wirallegemeinsam
— A. Van der Bellen (@vanderbellen) 26. Januar 2017 -
Die Abgeordneten sind übrigens recht singfaul.
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Die Sitzung wird mit Applaus und der Bundeshymne beendet. Es wird nur die erste Strophe gespielt, danach ist die Sitzung geschlossen. Ich glaub, ich muss jetzt aufstehen.
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Der Festakt ist zu Ende, diesmal applaudierten einige, wenn auch nicht alle, FPÖ-Mandatare. Nach Van der Bellens Gelöbnis hatten die Blauen von Parteichef Heinz-Christian Strache abwärts den Applaus verweigert.
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Er schließt die Rede mit seinem Wahlkampfslogan: "Mutig in die neuen Zeiten"
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Er möchte noch "an die Jüngsten sprechen", aber "hier sind wir ja fast alle mittelalterlich". Er sagt es trotzdem: "Ihr seid es, die die Welt neu bauen werden", sagt er. "Wir Älteren brauchen Euch, wir brauchen euren Mut, eure Ideen, euren Respekt, euren Widerspruch, eure Talente, eure Zuversicht. Darauf bauen wir."
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Nach seiner Amtszeit möchte er sagen: "Ja, die Dinge haben sich verändert, aber es ist besser geworden."
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