Scheitert Schilling, scheitert Maurer
Der große Aufstand blieb aus. Klar ist aus Sicht vieler aber: Maurers Schicksal ist mit jenem von Lena Schilling eng verbunden. Heißt: Scheitert Schilling, scheitert Maurer.
Immerhin sei sie diejenige, die sich am stärksten für die Kandidatur der jungen Klimaaktivistin eingesetzt hat, interne Bedenken im Vorfeld weggewischt hat und sie mit Vehemenz verteidigt, wie es heißt.
Die Klubchefin trage also „definitiv“ die Verantwortung, sollte die EU-Wahl zum Debakel geraten. Gerade in Hinblick auf die Nationalratswahl im Herbst müsse man die entsprechenden Schlüsse ziehen, sagt ein erfahrener Parteifunktionär.
Könnte Maurer nach der EU-Wahl also ihren Job los sein?
Aussprechen will das niemand so konkret. Nur so viel: „Ein Wahldebakel erfordert immer, dass man evaluiert, in sich geht und dass am Ende des Tages jemand die Verantwortung übernimmt.“ Auch Parteichef und Vizekanzler Werner Kogler, der sich erneut als Spitzenkandidat aufstellen lassen will, ist offenbar nicht sakrosankt, wie aus Gespräche mit Funktionären herauszuhören ist.
An dieser Stelle taucht auch der Name Alma Zadić auf: Es ist kein Geheimnis, dass die Justizministerin auch in einer nächsten Koalition Justizministerin sein möchte. Oder zumindest Klubchefin, sollten die Grünen nach der Wahl in der Opposition landen. Zadić hat sich aus der Causa Schilling bis dato komplett herausgehalten – wohl, um nicht selbst beschädigt zu werden.
Verunsicherung
Verärgerung und Verunsicherung besteht an der Grünen Basis vor allem deshalb, weil unklar ist, was da noch alles ans Tageslicht kommen könnte.
Die 23-Jährige dürfte in ihrer bisherigen Laufbahn mehrere Menschen in ihrem nahen Umfeld schwer enttäuscht und verärgert haben. Seit dem ersten Artikel des Standard vor einer Woche sind alle Dämme gebrochen. Fast täglich tauchen neue Geschichten aus dem (Privat-)Leben der umtriebigen Klimaaktivistin auf.
Ein Funktionär drückt es so aus: „Das, was derzeit auf dem Tisch liegt, ist nicht angenehm, aber das werden wir überstehen. Wenn aber noch mehr kommt, das auch belegbar ist, dann müssen wir die Lage neu bewerten.“
Aktuell hat das Ehepaar Bohrn Mena, das den Stein ins Rollen gebracht hat, Schilling auf dem zivilrechtlichen Weg auf Widerruf geklagt. Zudem gibt es eine Anzeige wegen Verleumdung, die strafrechtlich geprüft wird.
Rückzug kein Thema
Aus dem Wahlkampf-Team von Lena Schilling heißt es, dass man sich derzeit darauf konzentriere, diese Geschichten einzuordnen und Kontext zu liefern. Die Jungpolitikerin sei nach wie vor wild entschlossen, den Wahlkampf durchzuziehen. Ein Rückzug sei kein Thema.
Die Sorge, dass da noch Leichen im Keller sind, teilt die Parteispitze nicht. Das Vertrauen sei intakt, die notwendige Offenheit gegeben, heißt es da aus dem Umfeld von Klubchefin Maurer.
Gab es einen Backgroundcheck?
Was die Frage aufwirft: Hat die Partei diese Dinge nicht vorher geprüft? Gerade bei Quereinsteigern, die nicht in einer Partei sozialisiert und verwurzelt sind, wird üblicherweise ein gründlicher Backgroundcheck gemacht. Allerdings: Geprüft wird da vorrangig, ob es Vorstrafen oder laufende Verfahren, Probleme mit Drogen, Alkohol oder Schulden gibt. Gescannt werden allenfalls noch alte Postings in den sozialen Medien und ganz generell, ob jemand Feinde hat. Höchstpersönliche Dinge wie Beziehungen werden gemeinhin nicht abgefragt.
Wie das bei Schilling abgelaufen ist, war am Dienstag nicht zu erfahren.
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