Also wie steht unsere Biosphäre da, nach zwei wichtigen Konferenzen zur Klimakrise und zur Artenvielfalt? Den besten Überblick bieten zwei wissenschaftliche Analysen: Jene über die Belastungsgrenzen der Erde und die Kipppunkte im Klimasystem.
Planetare Grenzen
Dazu haben Forscher für neun Systeme planetare Grenzen definiert, die einen „sicheren Handlungsspielraum“ für die Menschheit auf der Erde festlegen. Bestimmte Grenzwerte sollten nicht über- oder unterschritten werden, um die Resilienz (Widerstandsfähigkeit) der Erde nicht zu gefährden. Der aktuelle Forschungsstand zeigt, dass sechs dieser neun Grenzen überschritten sind:
Abbau der Ozonschicht
Ozon in der Stratosphäre filtert ultraviolettes Licht der Sonnenstrahlung, das den Gen-Code aller Lebewesen schädigen und für Menschen krebserregend sein kann. Die wichtigste Ozon-schädigende Substanz, FCKW-Gas, wurde verboten, ein wichtiger Erfolg der Umweltschutzbewegung.
Aerosole
Der durch Menschen verursachte Ausstoß von Aerosolen, also kleine Partikeln in die Atmosphäre wie etwa Ruß, wirkt sich negativ auf die menschliche Gesundheit aus und führt zu Veränderungen im Klimasystem. Auch diese Belastungsgrenze ist nicht überschritten.
Versauerung der Ozeane
Die Ozeane werden durch die Aufnahme von CO2 aus der Luft immer saurer, das heißt, ihr pH-Wert sinkt. Das hat Auswirkungen auf die Lebewesen im Meer, etwa die Muscheln. Die Belastungsgrenze ist nicht überschritten.
Neue Chemikalien
Die Menschheit hat eine Vielzahl neuer Stoffe in die Umwelt gebracht wie Mikroplastik oder Pestizide. Viele der über 300.000 Chemikalien sind völlig neuartige Stoffe, deren Aus- und Langzeitwirkungen auf das Ökosystem und den Menschen weitgehend unbekannt sind. Diese Grenze gilt als überschritten.
Artenschutz & Biosphäre
Die biologische Vielfalt und die Intaktheit der lebenden Welt stabilisieren das gesamte Erdsystem. Menschliche Eingriffe in die Natur bedrohen diese. Zerstörung von Ökosystemen und Artensterben haben sich vervielfacht, die planetare Belastungsgrenze gilt als bereits weit überschritten.
Stickstoff und Phosphor
Wie andere wichtige Nährstoffe bewegen sich Stickstoff und Phosphor in Kreisläufen und in Mengen, auf die sich die Ökosysteme im Lauf der Evolution eingestellt haben. Diese Kreisläufe sind durch viel Dünger aus der Balance gebracht, es ist zu viel Stickstoff und Phosphor im Umlauf. Die Grenze ist deshalb stark überschritten.
Süßwasser
Das für Pflanzen verfügbare Wasser aus Regen, Bodenfeuchte und Verdunstung („grünes Wasser“) wird weltweit immer knapper.
Landnutzung
Landwirtschaft und Siedlungsbau verändern die Landschaft massiv, insbesondere in den vergangenen 50 Jahren, wo etwa Wälder besonders häufig in landwirtschaftliche Nutzfläche umgewandelt wurden. So verlieren sie wichtige Ökosystem-Funktionen. Die planetare Grenze gilt als leicht überschritten.
Klima
Treibhausgase wie CO2 nehmen seit 150 Jahren zu, die planetare Grenze liegt bei 350 ppm (parts per million), aktuell sind es schon 423 ppm, und es steigt noch weiter.
Kipppunkte im Erdklimasystem
Klima-Kipppunkte sind wie „Schalter“ im Klimasystem der Erde. Wenn sie umgelegt werden, verändern sie das Klima drastisch und oft unumkehrbar. Ein Kipppunkt wird erreicht, wenn eine bestimmte Grenze überschritten wird.
Tropische Korallenriffe
Der Weltklimarat sagt, dass bei + 2 °C Erwärmung mit dem nahezu kompletten Verlust der tropischen Korallenriffe gerechnet werden muss.
Gletscher
Fast alle Gebirgsgletscher sind auf einem rapiden Rückzug. Gletscher spielen eine wichtige Rolle als saisonale Wasserspeicher und für die Trinkwasserversorgung. Bei ungebremsten Emissionen würden die Alpengletscher bis Ende des Jahrhunderts verschwinden.
Monsun
in Indien und China werden mit zunehmender Erwärmung schwankender und unberechenbarer.
Atlantische Umwälzzirkulation
Die Atlantikzirkulation (Golfstrom) bringt warmes Oberflächenwasser vom Südatlantik bis in den Nord-Atlantik und wirkt dort wie eine Zentralheizung. Sie ist durch das Abschmelzen des Grönlandeises gestört.
Boreale Nadelwälder
Bei zunehmender Erwärmung werden die an kalte Klimabedingungen angepassten Nadelwälder des Nordens zunehmend in ihrer Existenz gefährdet sein, etwa durch Feuer oder Insektenbefall.
Permafrostböden
Ein Problem des auftauenden Permafrosts besteht darin, dass hier eine für Jahrhunderte nicht zu kontrollierende Quelle von Treibhausgasemissionen geschaffen wird, die zu weiterer Erwärmung führen dürfte, auch nachdem die direkten menschengemachten Emissionen auf null reduziert worden sind.
Eisschild
Das Eis auf Grönland und der Antarktis reicht, um den Meeresspiegel in einigen hundert Jahren um 65 Meter anzuheben. Der westantarktische Eisschild dürfte bereits instabil geworden sein.
Amazonas
Die Regenwälder leiden unter zunehmenden Dürren. Der Kipppunkt kommt bei weiterer Erwärmung umso früher, je mehr abgeholzt wird. Der Regenwald hat bereits 20 Prozent Fläche verloren.
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