Warum Korallenriffe wichtig sind und wir sie retten müssen
Der Anker rasselt auf den Grund. Frauen und Männer springen vom Boot ins türkisblaue Meer. Luft anhalten, abtauchen, gegen die unerbittliche Strömung in der Lagune vor Mahébourg auf Mauritius schwimmen. In den Händen ein Seil, bestückt mit zerkleinerten Korallen. Das Tau kommt an ein Metallgerüst im Meer.
Hier, in der Unterwassergärtnerei, wachsen die Korallenfragmente monatelang heran, bis sie groß genug für ihre Bestimmung sind. Biologen restaurieren mit ihnen kaputte Riffe. Sie kleben sie wieder an.
Diese Gruppe von der Naturschutzorganisation „Eco Sud“ auf Mauritius ist nicht die einzige, die so arbeitet.
In den Korallengärten
Denn es ist fünf vor zwölf. Der Klimawandel heizt das Wasser der Ozeane auf. Korallen verlieren rund um den Globus ihre Farben, Riffe sterben und mit ihnen die Artenvielfalt. Zurück bleiben Mondlandschaften ohne Leben. Umweltschutzorganisationen und betroffene Staaten versuchen, die Ökosysteme zu retten. Denn sie sind wichtig.
Regenwald der Meere
Die Riffe sind der „Regenwald der Meere“ und bieten Lebensraum für unzählige Tiere und Pflanzen. Dazu sind sie die größten von Lebewesen geschaffenen Strukturen der Erde. Sie schützen die Küsten, sind wichtig für Nahrungsketten, für die Fischerei – und für den Tourismus. Doch nur noch 20 Prozent sind in einem guten Zustand, stellten die Wissenschafter der Weltkorallenriff-Konferenz 2022 fest.
Mit Hammer und Meißel
Vor der Île aux Aigrettes auf Mauritius wachsen noch intakte Korallen, und Eco-Sud-Skipper Christophe weiß genau wo. „Das ist mein Paradies, und es bricht mir das Herz, wenn sie sterben“, sagt er und taucht zu ihnen hinunter.
Christophe bricht die Korallen mit Hammer und Meißel ab. Nur vor den Feuerkorallen hat er Respekt. Wie der Name schon sagt, brennen sie höllisch auf der Haut. Nicht alle Riffbewohner sind also von der Action unter Wasser begeistert.
Der Stegastes bewacht mit misstrauischem und grimmigem Blick seine Eier und nähert sich den Schnorchlern bedrohlich. Im Gegensatz zu anderen Tropenfischen ist er keine Schönheit. Die Einheimischen nennen ihn auch „nasty farmer“, also fieser Bauer. Meistens ist er feig. Aber ab und zu versucht er, den Eindringling zu beißen. Aber Christophe und die anderen haben sich an ihn gewöhnt. Es muss etwas weitergehen.
Die Freiwilligen und Experten bringen die kratzigen Hirsch-, Röhren oder anderen Korallen an Bord und fitzeln sie in die Seile.
Diese Technik ist nicht die einzige, die rund um den Erdball ausprobiert wird.
Die französische Organisation Coral Planters stellt pyramidenförmige Gerüste auf den Malediven und vor Rodrigues auf. In diesem Jahr soll eine Basis in Mosambik folgen. Dabei macht sie viel Wind in den sozialen Netzwerken. „Das ist wichtig, damit die Menschen sehen, dass die Restaurierung der Riffe funktioniert“, sagt die Sprecherin Amélie Carraut.
Die Formel ist einfach: Wenn man Korallen pflanzt, kommen gleich mehr Fische. „Wir müssen die Menschen darauf aufmerksam machen, dass wir den CO2-Ausstoß senken müssen. Bei der Erwärmung um 1,5 Grad sterben 70 bis 90 Prozent der Korallen. Bei zwei Grad sind es 99 Prozent.“
Korallen adoptieren
Wer eine Koralle adoptiert, bekommt regelmäßig Fotos vom Fortschritt zugeschickt. Und dieser ist durchaus beeindruckend: „Nach ein paar Wochen wachsen die Korallenstücke am Rahmen an. Nach sechs Monaten haben sie neue Zweige. Und nach drei Jahren sind sie reif genug, um sich zu reproduzieren.“
Für die Zucht verwenden die Coral Planters vor allem Stücke jener Korallen, die schon einmal eine Bleiche überstanden haben. Die sind widerstandsfähiger.
Restaurierung allein reicht Raquel Peixoto nicht. Die Professorin für Meeresbiologie entwickelt ein Medikament aus Mikroorganismen, um Korallen resistenter zu machen (siehe Interview). Die Methode könnte ein Gamechanger sein, die Rettung. Peixoto arbeitet an der KAUST-Universität in Saudi-Arabien. Das Ölland ist mittlerweile einer der größten Geldgeber bei der Wiederherstellung von Riffen.
Ein Schlüsselmoment war, als sie die Korallenbleiche im Roten Meer beobachtete. „Anstatt zu weinen, beschlossen wir, noch härter zu arbeiten und zu handeln, um dem Ort zu helfen.“ Währenddessen tauchen Tausende Freiwillige zu den Korallen und Korallengärten, um die Riffe zu reparieren. Begleitet von bunten Fischen.
Was sind Korallen?
Tiere. Genauer gesagt am Meeresboden festsitzende, koloniebildende Nesseltiere. Die meisten Strukturen, die wir als Korallen bezeichnen, bestehen aus Hunderten von winzigen Korallenlebewesen, den Polypen, erklärt das National Ocean Service der USA.
Was fressen sie?
Viele Korallen, die nahe der Wasseroberfläche wachsen, ernähren sich hauptsächlich durch Symbiosealgen, die Korallen ihre Farbe geben. Die einzelligen Algenpflanzen sind im Korallengewebe zu finden. Sie versorgen die Koralle mit Energie, indem sie ihr bei der Nahrungsaufnahme helfen. Sie bekommen als Gegenleistung ein „nettes Zuhause“, so der WWF.
30 Prozent ...
... der bisher bekannten Meeresarten leben in den tropischen Riffen
0,1 Prozent ...
... des weltweiten Meeresbodens bedecken die Korallenriffe lediglich. Ganz schön viel Leben auf so wenig Fläche
Wie entstehen Riffe?
Die Steinkorallen bilden die Riffe. Die Polypen bilden ein Skelett aus Kalk. Wenn sie sterben, bilden sich darauf neue Korallen – über viele Generationen.
640 Mio Tonnen ...
... Riffkalk werden pro Jahr abgelagert
Warum bleichen Korallen?
Die symbiotische Beziehung zwischen Algen (Zooxanthellen)
und Korallen reagiert empfindlich auf Stress. Die Korallen stoßen die Algen ab, da diese wegen der zu hohen Temperaturen Giftstoffe produzieren. Sie werden bleich und anfälliger. Wenn die Zooxanthellen nicht zurückkommen, sterben auch die Korallen
20 Grad Celsius ...
... brauchen riffbildende Korallen auf tropischen Riffen mindestens, um zu überleben. Wo sie sich ansiedeln,. Es gibt aber auch Tiefwasserriffe. Sie liegen in mehreren Hundert Metern Tiefe. Die Korallen brauchen es dort kälter, benötigen kein Licht und ernähren sich von Plankton
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