Die brasilianische Meeresbiologin Raquel Peixoto hat die erste Medizin für Korallen entwickelt. Sie injiziert diesen Probiotika, also lebende Mikroorganismen, die etwa im Joghurt vorkommen. Die kleinen Lebewesen sind aber auch in Medikamenten gegen Darmerkrankungen enthalten. Die 47-Jährige arbeitet an derKAUST Universität in Saudi-Arabien, wo auch ihr Mann als Meeresforscher tätig ist. Ein Gespärch übers Meer, die Riffe und das Ölland Saudi Arabien.
KURIER: Wie fühlen Sie sich, wenn Sie kaputte Korallen sehen?
Raquel Peixoto: Es bricht mir das Herz, wenn ich die Korallenbleiche und das Sterben sehe. Es berührt mich und macht mich traurig. Vergangenes Jahr Jahr war ich so traurig, als ich die Korallenbleiche im Roten Meer beobachtete, dass ich meine Gedanken neu ordnen und die Perspektive ändern musste. Ich beschloss, dass wir keine Zeit haben, traurig zu sein, und rief einige Freunde und Kollegen an, um sofort ein neues Projekt zur Wiederherstellung des Gebiets in unserem Forschungsbereich zu starten. Anstatt zu weinen, beschlossen wir, noch härter zu arbeiten und zu handeln, um dem Ort zu helfen, zu dem wir ständig Zugang haben.
Wie sind Sie zur Probiotika-Behandlung gekommen?
Ich begann meine Karriere als Pflanzen- und Bodenmikrobiologin und arbeitete an Probiotika für Pflanzen und Landwirtschaft. Als ich an einem Projekt zur Sanierung einer ölverschmutzten Mangrove teilnahm, wurde mir klar, dass wir unsere Vorstellungen von der Wiederherstellung von Ökosystemen ändern sollten. Wir sollten uns nicht nur auf die Abschwächung der Verschmutzung konzentrieren, sondern auch die Gesundheit der Organismen und des Ökosystems fördern, ähnlich wie es für den Menschen und die Landwirtschaft getan wurde.
Wie resistent werden die Korallen durch die Probiotika-Behandlung?
So resistent, dass einige von ihnen sogar der Sterblichkeit entgehen können.
Welchen Erfolg erwarten Sie? Wird dieses Medikament eine Wende herbeiführen?
Ich glaube ja, denn es ist die einzige naturbasierte Medizin, die wir haben.
Wie schnell kann diese Methode Korallen widerstandsfähiger machen?
Ich sehe diesen Ansatz in seiner jetzigen Form als Medizin, die die Korallen in Zeiten des Stresses erhalten kann, während wir Kohlenstoffneutralität erreichen. Wir verschaffen ihnen Zeit, da sie sich nicht so schnell weiterentwickeln können wie der Klimawandel. Wenn wir diese Korallen und die Riffe jetzt nicht erhalten, werden wir nichts haben, worauf wir aufbauen können.
Warum sind Korallen so wichtig für das Ökosystem?
Es gibt so viele Gründe ... zum Beispiel sind mehr als 30 Prozent aller Meereslebewesen von ihnen abhängig. Sie sind mit anderen marinen Ökosystemen verbunden, und all dies ist auch mit terrestrischen Ökosystemen verbunden. Sie schützen die Küsten und sind für den Tourismus, die Fischerei und das Nahrungsangebot vieler Länder unverzichtbar.
Abgesehen von der unglaublich wichtigen Rolle der Ozeane für die Welt, was fasziniert Sie an den Meeren?
Mehr als 30 Prozent aller Meereslebewesen hängen von Korallenriffen ab. Und diese Organismen und das Ökosystem sind mit anderen marinen und terrestrischen Ökosystemen verbunden. Ich bin fasziniert von der allgemeinen Vernetzung und den Kreisläufen, die wir in der Natur sehen. Ich bin auch Surferin und Taucherin, ebenso wie mein Mann und meine Kinder, so dass ich den größten Teil meines Lebens im Meer verbringe, es ist mein Zuhause. Vielleicht liegt es auch an meinem Nachnamen (Peixoto), der auf Portugiesisch "kleiner Fisch" bedeutet
Warum ist ein Ölland wie Saudi-Arabien so sehr an der Erhaltung der Korallenriffe interessiert?
Einer der Punkte, die mich an Saudi-Arabien gereizt haben, war die Ausrichtung auf eine nachhaltige Entwicklung und die volle Unterstützung jeder Forschung, die in diese Richtung geht, mit einem großen Schwerpunkt auf dem Schutz der Korallenriffe. Ein Beispiel dafür ist, dass die KAUST Gastgeberin von CORDAP ist, der wichtigsten globalen G-20-Plattform zur Beschleunigung von Forschung und Entwicklung zum Schutz und zur Wiederherstellung von Korallenriffen, wobei der Großteil der derzeitigen Finanzierung aus Saudi-Arabien stammt.
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