Lügen-Affäre: Luger legt alle SPÖ-Parteifunktionen zurück

LANDESPARTEITAG DER SPÖ OBERÖSTERREICH: LUGER
Nach längerem Schweigen hat Babler den Linzer Bürgermeister doch zum Rücktritt als Linzer SPÖ-Chef aufgefordert. Einem Schiedsgerichtsverfahren kommt Luger mit dem Rückzug zuvor.

In der heiklen Affäre rund um den Linzer SPÖ-Bürgermeister Klaus Luger hat SPÖ-Chef Andreas Babler Donnerstagnachmittag nach längerem Zögern ein Machtwort gesprochen. "Ich fordere Klaus Luger dazu auf, seine Funktion als Parteivorsitzender der SPÖ Linz mit sofortiger Wirkung zurückzulegen. Ansonsten werde ich ein Schiedsgerichtsverfahren in dieser Frage in Gang setzen", so Babler in einem Statement. Die Frage über Lugers Eignung als Bürgermeister obliege der Kompetenz des Gemeinderates.

Lugers Verhalten sei nicht zu entschuldigen, betont Babler: "Ich bin angetreten für eine neue Sozialdemokratie. Als Bundesparteivorsitzender heißt das für mich, klare Konsequenzen einzufordern. In einer Sozialdemokratie unter meiner Führung hat so ein Verhalten keinen Platz." 

Öffentliches Ultimatum

Doch warum setzte Babler den eher ungewöhnlichen Schritt eines derartigen öffentlichen Ultimatums? Luger sei für ein persönliches Gespräch nicht erreichbar gewesen, heißt es in Parteikreisen.  

Kurz darauf kam jedenfalls die Info von Landesparteichef Michael Lindner: "Ich habe heute mit Klaus Luger vereinbart, dass er sich aus allen Parteifunktionen zurückzieht." Demnach lege er seine Funktion als Vorsitzender der größten SPÖ-Bezirksorganisation, nämlich jener der Stadt Linz, zurück. 

"Parteipolitisch ist es nachvollziehbar, dass Rücktrittsforderungen laut werden", sagt Lindner. "Dennoch halte ich es für richtig, dass Klaus Luger diese Angelegenheit als Bürgermeister begleitet und zur Aufklärung beiträgt." Die Frage des Bürgermeisters sei außerdem von den Linzer Gemeinderätinnen zu klären.

Immerhin räumt auch Lindner ein: Das Verhalten von Klaus Luger hat zweifellos seine eigene Glaubwürdigkeit aber auch die der gesamten Sozialdemokratie schwer beschädigt. Es ist klar, dass diese Entwicklungen, gerade zu Beginn eines Wahlkampfes, zur Unzeit kommen und uns einen Bärendienst erwiesen haben."

Wut und Enttäuschung sei vor allem bei den Funktionären groß, bestätigt Lindner Eindrücke aus seiner Sommertour im Innviertel. Die Stadtpartei werde zeitnah die Nachfolge Lugers an der Linzer Parteispitze regeln, sagte Lindner.

Die Rolle Lindners bleibt indes umstritten. Dem Vernehmen nach soll sich auch er  bis zuletzt  gewehrt haben, Konsequenzen von Luger zu fordern. 

Wie nun bekannt wurde, hat der Stadtchef Luger im Jahr 2017 dem mittlerweile gefeuerten Brucknerhaus-Leiter vorab Fragen zu dessen Hearing weitergeleitet und bis zuletzt die Öffentlichkeit darüber belogen. Dennoch bleibt Luger vorerst im Amt: Die Linzer Stadtpartei hat sich am Mittwoch geschlossen hinter ihn gestellt. 

SPÖ-Skandal zur Unzeit

Von allen anderen Parteien hagelte es bereits zuvor Rücktrittsaufforderungen. Für Babler kommt die Causa zur Unzeit, läuft doch der Wahlkampf für die SPÖ derzeit alles andere als rund: In Umfragen steckt man auf Platz drei fest. Fieberhaft beriet man Donnerstagvormittag in der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße noch, wie man mit der Affäre umgehen soll. 

Am frühen Nachmittag hieß es noch: Babler wolle keine Stellungnahme abgeben weil er noch „mitten drinnen“ und für einen Kommentar noch nicht bereit sei. 

Nicht umhin die Causa zu kommentieren, kam zuvor SPÖ-Finanzsprecher Kai Jan Krainer, der auf einer Pressekonferenz in Innsbruck darauf angesprochen wurde. 

COFAG-U-AUSSCHUSS: KRAINER

Kai Jan Krainer

Er habe dazu eine „sehr explizite Meinung“, wolle diese jedoch nicht über die Medien ausrichten, sondern werde diese Luger persönlich mitteilen. Zu einem möglichen Rücktritt des Bürgermeisters habe er eine „nicht überraschende“ Meinung, sagte der stellvertretende SPÖ-Klubobmann auf Nachfrage. Diese werde er aber persönlich überbringen - und zwar parteiintern „nicht leise“.

Auch die Tiroler SPÖ-Nationalratsabgeordnete Selma Yildirim bekannte, von der Geschichte „unangenehm überrascht“ worden zu sein. Sie werde diese jedenfalls bei der nächsten Bundesparteivorstandssitzung thematisieren, versprach die Tiroler SPÖ-Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl am 29. September. Für letztere sei die Causa natürlich „nicht total hilfreich“, räumte Krainer auf Nachfrage ein. Jedenfalls habe er diese nicht als „Turbo-Boost“ empfunden.

Abgesehen davon gibt man sich  auch seitens der Länderorganisationen, die sich zuletzt immer wieder äußerst bereitwillig zu innerparteilichen Belangen äußerten, zugeknöpft. Eine offizielle Stellungnahme will ohnehin keiner abgeben, doch auch im Hintergrund gibt man sich sehr wortkarg. Da man nicht unmittelbar betroffen sei, wolle man den Genossen in Oberösterreich nichts über die Öffentlichkeit ausrichten, sagt ein Spitzenfunktionär einer Landespartei auf KURIER-Anfrage. 

"Macht keinen schlanken Fuß"

Andere sind zumindest ein wenig gesprächiger – wenn auch nur hinter vorgehaltener Hand. „Natürlich macht die Causa keinen schlanken Fuß“, sagt ein Vertreter einer Landespartei. 

Ist Luger ob seines Verhaltens nun als Linzer Bürgermeister rücktrittsreif? „Es muss jeder mit sich selbst entscheiden, ob solche Vorfälle mit einer politischen Funktion vereinbar sind.“ 

"Kein Rückenwind im Wahlkampf"

Freilich: „Rückenwind im Wahlkampf wird die Causa keinen bringen. Wobei Österreich aufgrund des Versagens der Bundesregierung ganz andere Probleme hat als eine Postenbesetzung in Linz.“ 

Ein hochrangiger Vertreter einer anderen Landespartei sagt im KURIER-Gespräch: „Ich bin gespannt, wie man aus der Nummer wieder rauskommen will." Die Strategie sei nun "nur das zuzugeben, was ohnehin bewiesen ist, ist noch nie aufgegangen.“

Babler will sich für Kinder stark machen

Dafür, dass sich Babler länger nicht äußerte, hatte der Funktionär bis zu einem gewissen Grad sogar Verständnis: „Der einstimmige Gremien-Beschluss der Linzer SPÖ, ihm das Vertrauen auszusprechen, hat schon Gewicht. Babler hat statutarisch keine Möglichkeit, ihn zu overrulen. Er kann sich höchstens davon distanzieren.“

Erinnerungen an die Causa Nevrivy

Der Genosse erinnert an die Kleingarten-Affäre, die vor knapp einem Jahr rund um Ernst Nevrivy, den mächtigen SPÖ-Bezirksvorsteher der Wiener Donaustadt losgebrochen war. Damals hatte Babler seinen Wiener Parteikollegen zwar scharf offen kritisiert, seinen Rücktritt konnte er aber nicht erzwingen. Denn die Wiener Landespartei machte Nevrivy die Mauer. Was erst recht einen Imageschaden für den damals sich erst kurz im Amt befindlichen Parteichef nach sich zog. 

Parteiintern gab es seinerzeit sogar Kritik an Bablers Nevrivy-Kritik. Es wäre taktisch besser gewesen, hieß es damals, der Parteichef hätte sich aus der Causa, die er ohnehin nicht in seinem Sinne beeinflussen könne, herausgehalten. 

Babler-Kritiker Luger

„Wie die aktuelle Affäre bei den Wählern ankommt, steht aber auf einem anderen Blatt“, so der Ländervertreter. Dass es sich bei Oberösterreich aktuell um ein besonders umkämpftes Bundesland handle, verleihe ihr zusätzliche Brisanz. Ebenso der Umstand, dass es sich bei Luger um einen der schärfsten parteiinternen Kritikern Bablers handle. So hatte er sich unter anderem offen gegen dessen Forderung nach einer Arbeitszeit-Verkürzung ausgesprochen.

Damit der Pikanterie nicht genug: Der für kommenden Donnerstag angesetzte SPÖ-Wahlkampf-Auftakt findet ausgerechnet in Linz statt. 

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