Die Grünen wollten die Erhöhung der rund 376.000 Richtwertmieten von 8,6 Prozent auf drei Jahre aufteilen. Das hätte die Inflation um 0,1 bis 0,15 Prozentpunkte gesenkt, schätzen Wifo-Experten. Eine Senkung aller Mieten – auch aller nicht-regulierten – würde die Inflation wohl um 0,3 bis 0,4 Prozentpunkte senken. Das hänge aber auch davon ab, wie die Mietsteigerung im unregulierten Markt ausfallen, sagt Klien.
Heizt der Wohnkostenzuschuss die Inflation an?
Der Zuschuss gilt nicht als „Gießkannen“-Maßnahme. Warum? Im Vergleich zum Klimabonus bekommen ihn nicht alle Einkommensgruppen. Dementsprechend weniger stark wirkt er sich auf den Konsum und die Inflation aus. Dennoch: Der Zusatzbeitrag des Wohnkostenzuschusses werde „gering sein, ist aber inflationserhöhend, wogegen eine Mietpreisbremse in die andere Richtung gelenkt hätte“, sagt Klien. Der Zuschuss erhöhe das verfügbare Haushaltseinkommen: „Er wird relativ unmittelbar konsumiert – besonders bei Haushalten mit niedrigem Einkommen.“
Die SPÖ fordert künftig die Regulierung aller Mieten. Ist das praktisch umsetzbar?
„Nicht in der Kürze. Ein neues Mietrecht, egal wie es dann schlussendlich aussieht und wie restriktiv es ist, wird Zeit brauchen“, sagt Klien. Vor 2022 sei die Anpassung des Mietzinses an die Inflation kaum ein Thema gewesen. „Die hohe Inflation hat das geändert, ist aber in Wirklichkeit auch Symptom einer generellen Mietrechtsdebatte. Insofern wäre der nächste logische Schritt ein neues Mietrecht bzw. die Vorbereitungen dafür“, sagt Klien. Die letzte größere Mietrechtsänderung fand 1994 statt.
Welche anderen Vorschläge gibt es?
Derzeit werden Richtwertmieten über den Verbraucherpreisindex (VPI) erhöht. Fiskalrats-Präsident Christoph Badelt hat eine Debatte gefordert, einen nachhaltigeren Index zu gestalten, der besser zu den Mieten passt als der VPI. „Ich könnte mir vorstellen, dass zum Beispiel die Verbraucherpreise, die Baupreise und Zinssätze in diesen neuen Index passen würden“, sagte Badelt vor zweieinhalb Wochen zum KURIER.
Ist die Koalition zufrieden mit dem Kompromiss?
Eher nicht. Dass die Verhandlungen tatsächlich gescheitert sind, sorgt vor allem bei den Grünen für massives Unverständnis. Die Zusammenarbeit mit den Türkisen sei „sicher nicht einfacher geworden“ und mittlerweile „wirklich zäh“, sagen hochrangige Grüne zum KURIER. Die ÖVP hätte eine Einigung auf den letzten Metern gekübelt, niemand sei mit dem Kompromiss zufrieden: „Jetzt zahlt die Regierung 250 Millionen Euro aus und wird dafür gescholten.“
Weisen die gescheiterten Verhandlungen auf vorgezogene Neuwahlen hin?
Eine Erzählung, die auch wegen dieser Vorgänge die Runde macht: Da die Unruhe in der SPÖ die Chance auf Blau-Schwarz im Bund erhöhe, versuche die ÖVP vorzeitige Neuwahlen zu provozieren. Doch selbst die Grünen teilen diesen Eindruck einer „kontrollierten Sprengung“ der Koalition nicht. „Man hat eher das Gefühl, dass die ÖVP wegen Kickl komplett panisch ist“, heißt es. Die „Nehammer-ÖVP“ agiere inhaltlich planlos und habe kaum Forderungen. Auch deshalb glauben die Grünen intern kaum noch an die Umsetzung des Klimaschutzgesetzes – ihrem wichtigsten, verbleibenden Projekt für diese Legislaturperiode.
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