Tomasellis Abrechnung: ÖVP "möchte Wohlhabende beschützen"
Kommt noch eine Mietpreisbremse zustande? ÖVP und Grüne konnten diese Debatte auch am Dienstag nicht klären. Zur Erinnerung: Mit 1. April steigen die Richtwertmieten von 376.000 Haushalten um satte 8,6 Prozent. Bis spätestens beim Finanzausschuss, der morgen, Donnerstag, stattfindet, muss es eine Einigung geben.
Die Grünen wollten diese Erhöhung bekanntlich abfedern – und sie auf drei Jahre aufteilen. Was die ÖVP daran stört, verdeutlicht Finanzminister Magnus Brunner am Dienstag noch einmal gegenüber den Oberösterreichischen Nachrichten: „Das sind großteils Wohnungen in der Wiener Innenstadt und innerhalb des Gürtels. Auf dem Land und in den Bundesländern ist das kaum ein Thema.“ Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) reagiert empört und wirft Brunner „Ignoranz gegenüber der Wiener Bevölkerung“ vor.
Klar ist: Die ÖVP wollte von Beginn an nicht nur Wiener Mietern helfen. Deshalb forderten die Türkisen im Gegenzug zur Mietpreisbremse bei den Verhandlungen zuerst einen Freibetrag von 500.000 Euro bei der Grunderwerbssteuer (GrESt) – auf das erste Eigenheim. Das sollte den Erwerb von Eigentum erleichtern.
Für die Grünen eigentlich keine Option: Sie sahen mit diesem Modell auch die Käufer von Luxusvillen entlastet. Dennoch unterbreiteten sie am Montag ein Kompromissangebot: Kostet eine Immobilie mehr als eine Million Euro, soll die GrESt ab dieser Grenze 5 statt 3,5 Prozent ausmachen. Dann würden sie dem Freibetrag zustimmen.
Nach etwas Bedenkzeit reagierte die ÖVP Montagnachmittag – und schlug plötzlich ein völlig anderes Modell vor.
Tomasellis Abrechnung
Statt einer Mietpreisbremse soll der bereits existierende Wohnkostenzuschuss um 200 Millionen Euro aufgestockt werden. Der Zuschuss wird über die Bundesländer abgewickelt. Er hilft insbesondere niedrigeren sowie mittleren Einkommen – in allen Wohnformen. Während die Mietpreisbremse die Vermieter indirekt finanzieren, bezahlt den Zuschuss der Bund. Unterstützung erhält der ÖVP-Vorschlag vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria. „Der Wohnkostenzuschuss ist im Gegensatz zur Mietpreisbremse sozial treffsicherer und kein Markteingriff. Deshalb hat er auch keine negativen Auswirkungen auf das Wohnungsangebot“, sagt Ökonom Hanno Lorenz zum KURIER.
Warum aber stellte die ÖVP überhaupt immer neue Gegenforderungen?
Dazu äußert sich Nina Tomaselli, Grünen-Bautensprecherin, Dienstagabend ausführlich auf Twitter. Die ÖVP wolle "ihre wohlhabende Klientel beschützen, das Schicksal der vielen MieterInnen, darf da nicht stören", so Tomaselli. Vor allem die ÖVP-Forderung nach dem GrESt-Freibetrag sei "unverhältnismäßig" gewesen. "Mit viel Zähnknirschen, sind wir auch dieser Forderung der ÖVP entgegengetreten", kommentiert sie das Gegenangebot der Grünen. Doch dieses gehe der "ÖVP scheinbar gegen den Strich. Damit für Wohlhabende beim Kauf von Immobilien alles bleibt wie bisher, verzichtet sie sogar auf den eigenen Vorschlag junge Familien beim Kauf des ersten Eigenheims zu unterstützen", so Tomaselli.
Wie geht es weiter?
Die Grünen wollen sich am Dienstag jedenfalls noch nicht darauf festlegen, ob sie auch einem weiteren Wohnkostenzuschuss zustimmen. „Eine Lösung, die den Mieter:innen hilft, ist besser als keine Lösung“, heißt es von den Grünen. Die Einmalzahlungen seien „eine mögliche Alternative“, im Gegensatz zur Mietpreisbremse fehle aber „die inflationsdämpfende Komponente“. Glaubt man den ÖVP-Verhandlern, ist auch ein Kompromiss auf Mietpreisbremse und GrESt weiterhin nicht ausgeschlossen.
Die Mietervereinigung, FPÖ und SPÖ fordern indes weiterhin eine Mietpreisbremse – die SPÖ im Optimalfall das komplette Aussetzen der Mietpreiserhöhung bis Ende 2025. Die Roten plädieren zudem für die Einführung eines Universalmietrechts: Dann müssten künftig alle Wohnungen, auch am gesamten privaten Markt, preislich reguliert werden.
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