Statt Mietpreisbremse: Was die ÖVP den Grünen jetzt vorschlägt
ÖVP und Grüne müssen sich diese Woche auf eine Mietpreisbremse einigen. Wenn nicht, steigen mit 1. April die Richtwertmieten von 376.000 Wohnungen in Österreich um 8,6 Prozent. Der Finanzausschuss des Parlaments tagt am Donnerstag. Spätestens dann müsse das Gesetzesvorhaben eingebracht werden, erklärte Grünen-Bausprecherin Nina Tomaselli am Montag im Ö1-Morgenjournal.
Wie könnte die Erhöhung gebremst werden? Möglicherweise gar nicht. Die ÖVP hat den Grünen nach zähen Verhandlungen am Montag einen Gegenvorschlag unterbreitet.
"Wir schlagen einen weiteren Wohnkostenzuschuss in Höhe von 200 Millionen Euro vor. Der würde vor allem denjenigen helfen, die wirklich Unterstützung brauchen", sagt ÖVP-Verhandler Andreas Ottenschläger zum KUIRER.
Der Zuschuss sei treffsicherer als eine Mietpreisbremse, sagt Ottenschläger. Die Unterstützungsleistung gibt es prinzipiell bereits. Die Regierung erhöhte sie für 2023 schon um 450 Millionen Euro. Der Zuschuss hilft vor allem geringen und mittleren Einkommen. Die Auszahlung würde wie bisher über die Bundesländer vor Ort abgewickelt werden. "Im Gegensatz zu einer Mietpreisbremse profitieren bei unserem Vorschlag alle Wohnformen", sagt Ottenschläger. Ein ähnliches Modell hatte bereits Wien in der Vorwoche vorgestellt.
Die Grünen wollen etwas anderes
Der Zuschuss würde aus Bundesmitteln und somit Steuergeldern bezahlt werden, die Mietpreisbremse ginge auf Kosten der Vermieter. Nun bleibt die Reaktion der Grünen abzuwarten. Sie hätten die Mietpreiserhöhung gerne auf drei Jahre aufgeteilt. In ihrem Modell steigen die Mieten heuer um 3,8 Prozent – die beiden anderen Erhöhungen folgen 2024 und 2025.
Mögliches Problem: Die nächste gesetzlich vorgeschriebene Anpassung erfolgt 2025. Heißt: Dann steigen die Mieten um die Inflationsrate von 2023 und 2024 – mit dem Anteil, der im grünen Modell noch dazu käme. „Das wird zur Folge haben, dass die Richtwertmieten im Jahr 2025 um mindestens 15 Prozent steigen. Das ist ein durchsichtiges Manöver: Verschieben auf die Zeit nach der nächsten Wahl“, kritisiert Neos-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker auf KURIER-Anfrage.
Grüner Vorschlag bei GrESt
Woran die Mietpreisbremse zuvor scheiterte: Die ÖVP fordert im Gegenzug zur Mietpreisbremse eine Steuererleichterung für Häuslbauer. Auf die ersten 500.000 Euro des Kaufpreises soll künftig keine Grunderwerbssteuer (GrESt) mehr anfallen – und zwar beim ersten Eigenheim. Dagegen protestierten die Grünen vor allem deshalb, weil auch die Käufer von Luxusvillen profitieren würden.
Aber: Die Grünen sind mittlerweile zu einem Kompromiss bereit. Sie würden diesem GrESt-Freibetrag zustimmen, wenn die Steuer ab einem Immobilienpreis von einer Million Euro stärker steigt: Und zwar um 5 statt den üblichen 3,5 Prozent.
Wie würde das in der Realität aussehen? Wer um 1,2 Millionen Euro sein erstes Eigenheim erwirbt, zahlt für die ersten 500.000 Euro keine GrESt, für die zweiten 500.000 Euro 3,5 Prozent (17.500 Euro) und für den restlichen Betrag 5 Prozent (10.000 Euro). Heißt: Er erspart sich im Vergleich zum alten Modell immer noch satte 14.500 Euro.
Teil der grünen Argumentation: Mit den höheren Steuern für Gutverdiener ließe sich die Maßnahme auch gegenfinanzieren. Aktuelle Immobilienpreise auf „Willhaben“ zeigen: Auch unter einer Million Kaufpreis lässt sich die eine oder andere luxuriöse Immobilie erwerben – etwa eine Villa im Großraum St. Pölten.
"Tomaselli unterliegt einem Denkfehler"
Der GrESt-Kompromiss, inklusive neuer Steuern, wird wohl nicht zustande kommen. Ottenschläger weist den Grünen-Vorschlag zurück: "Wir wollen Steuern abschaffen und keine erhöhen."
„Tomaselli erliegt einem Denkfehler“, sagt auch Loacker zum KURIER. Die höhere GrESt ab einer Million würde vor allem Bauträger treffen, die Wohnanlagen errichten. Der Bauträger müsse die 5 Prozent dann an die Kunden weitergeben. „Tomasellis Vorschlag führt also zu höheren Steuern bei verdichteter Bauweise. Bestraft werden damit die Wohnungskäufer. Den Vorteil aus der grünen Idee haben die, die ein Einfamilienhaus bauen", sagt Loacker mit Verweis auf die ohnehin starke Bodenversiegelung in Österreich. Vom grünen Vorschlag dezidiert ausgenommen sind jedenfalls gemeinnützige Wohnbauten, die mehr als eine Million kosten.
Finanzminister Magnus Brunner hatte vor dem Wochenende im KURIER-Interview Verhandlungsspielraum in Sachen Grunderwerbsteuer signalisiert. Statt einer generellen Steuerbefreiung bis 500.000 Euro könne er sich auch vorstellen, "eine Obergrenze für den Immobilienpreis insgesamt einzuziehen". Wer diese Kaufpreisgrenze überschreite, müsse die GrESt auch für die ersten 500.000 Euro bezahlen. "Darüber können wir gerne reden", so der Minister.
"Es wird brenzlig"
Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec (ÖVP) appellierte am Montag noch einmal an die Bundesregierung: „Für Mieterinnen und Mieter in Richtwertmietwohnungen wird es zunehmend brenzlig.“ Sie erwarte noch diese Woche eine Einigung, so Korosec: „Ich erhalte viele Hilferufe von Seniorinnen und Senioren, die bereits jetzt teilweise aufs Heizen verzichten mussten, um finanziell über die Runden zu kommen.“
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