Mietpreisbremse kommt nicht: Regierung einigt sich auf Wohnkostenzuschuss
Nach zähen, wochenlangen Verhandlungen ist klar: Es wird keine Mietpreisbremse geben. Zur Erinnerung: Mit 1. April steigen die Richtwertmieten von 376.000 Haushalten um satte 8,6 Prozent. Bis spätestens beim Finanzausschuss, der am Donnerstag stattfindet, hätte es eine Einigung geben müssen.
Statt einer Mietpreisbremse hat sich die Regierung auf eine "Wohnkostenhilfe" in Höhe von 250 Millionen Euro geeinigt. Davon fließen 225 Millionen Euro in den bereits existierenden Wohnkostenzuschuss, für den die Regierung 2023 bereits 450 Millionen Euro zur Verfügung gestellt hat.
Der Wohnschirm - er soll Personen vor Delogierungen schützen - wird zudem um 25 Millionen Euro aufgestockt. Das Modell präsentierten ÖVP-Klubchef August Wöginger und Sozialminister Johannes Rauch am Mittwoch nach dem Ministerrat.
Wöginger: "Sozial treffsicherer"
Der Zuschuss unterstützt Haushalte mit niedrigen bis mittleren Einkommen. Im Gegensatz zu einer Mietpreisbremse, gilt er für alle Wohnformen. Die genaue Ausgestaltung wie etwa die Einkommensgrenze obliegt den Bundesländern, die Richtlinien für die Wohn- und Heizkostenzuschüsse sind dort recht unterschiedlich ausgestaltet. Je nach Bundesland wird es denn auch Unterschiede dabei geben, wann das Geld bei den Menschen ankommt. Bei der Verteilung des Zuschusses auf die Bundesländer wird nach dem Bevölkerungsanteil vorgegangen. So würde Vorarlberg etwa 10 Millionen und Oberösterreich 38 Millionen Euro zusätzlich bekommen, nannte Wöginger Beispiele.
Er rechnet damit, dass etwa eine Million Haushalte mit durchschnittlich je 200 Euro profitieren wird. Der Zuschuss sei "sozial treffsicherer", betonte Wöginger. Der Wohnkostenzuschuss wird aber nicht automatisch ausbezahlt, sondern muss beantragt werden. "Mein Appell ist: Nützen Sie diese Möglichkeit", sagt Rauch.
Regierung einigt sich auf 250 Mio. Euro Wohnkostenhilfe
Während die Mietpreisbremse die Vermieter indirekt finanzieren, bezahlt den Zuschuss der Bund. Den Vorschlag hatte die ÖVP gemacht, nachdem sie mit mehreren Kompromiss-Angeboten der Grünen nicht einverstanden war.
"Ich sage ganz offen: Die Alternative wäre gewesen, es passiert gar nichts", meinte Rauch.
Tomasellis Abrechnung
Die Grünen wollten die Mietpreiserhöhung um 8,6 Prozent bekanntlich abfedern – und sie auf drei Jahre aufteilen. Was die ÖVP daran stört, verdeutlichte Finanzminister Magnus Brunner am Dienstag noch einmal gegenüber den Oberösterreichischen Nachrichten: „Das sind großteils Wohnungen in der Wiener Innenstadt und innerhalb des Gürtels. Auf dem Land und in den Bundesländern ist das kaum ein Thema.“ Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) reagierte empört und warf Brunner „Ignoranz gegenüber der Wiener Bevölkerung“ vor.
Dass es keine Mietpreisbremse geben wird, stand wohl schon Dienstagabend fest. Denn Nina Tomaselli, Grünen-Bautensprecherin, rechnete auf Twitter mit dem Koalitionspartner ab. Die ÖVP wolle "ihre wohlhabende Klientel beschützen, das Schicksal der vielen MieterInnen, darf da nicht stören", schrieb Tomaselli. "Mit viel Zähnknirschen" sei man den ÖVP-Forderungen entgegen gekommen. Doch all das gehe der "ÖVP scheinbar gegen den Strich. Damit für Wohlhabende beim Kauf von Immobilien alles bleibt wie bisher, verzichtet sie sogar auf den eigenen Vorschlag junge Familien beim Kauf des ersten Eigenheims zu unterstützen", so Tomaselli.
Wäre die ÖVP überhaupt zu einem Kompromiss bereit gewesen? Grüne Vertreter zeigen sich auch am Mittwoch auf KURIER-Nachfrage skeptisch.
Klar ist: Die ÖVP wollte von Beginn an nicht nur Wiener Mietern helfen. Deshalb forderten die Türkisen im Gegenzug zur Mietpreisbremse bei den Verhandlungen zuerst einen Freibetrag von 500.000 Euro bei der Grunderwerbssteuer (GrESt) – auf das erste Eigenheim. Das sollte den Erwerb von Eigentum erleichtern.
Für die Grünen eigentlich keine Option: Sie sahen mit diesem Modell auch die Käufer von Luxusvillen entlastet. Dennoch unterbreiteten sie am Montag ein Kompromissangebot: Kostet eine Immobilie mehr als eine Million Euro, soll die GrESt ab dieser Grenze 5 statt 3,5 Prozent ausmachen. Dann würden sie dem Freibetrag zustimmen. Auch dazu wird es nun wohl nicht mehr kommen.
Empörung
Opposition und Interessensvertreter zeigten sich empört. Die Regierung befeuere die Inflation nun weiter anstatt sie zu bekämpfen, so die Arbeiterkammer. "Die hohen Mieten sind einer der größten Inflationstreiber - das ist ein Teufelskreis. Diese Inflationsspirale muss unterbrochen werden", sprach AK-Präsidentin Renate Anderl in einer Aussendung von einer "Riesensauerei". Nun müssten die Steuerzahler die ohnehin schon fetten Sondergewinne der Immobilienbranche weiter finanzieren.
Die SPÖ schlägt mit ihrer Kritik in dieselbe Kerbe wie die AK und die Gewerkschaft. "Ein Wohnkostenzuschuss kann für einige eine kurzfristige Hilfe sein, löst aber das Problem nicht, sondern ist wieder nur eine Einmalzahlung, die nicht gegen die Inflation wirkt", sagte SPÖ-Vizeklubchef Jörg Leichtfried. "Die höheren Mieten werden ein Vielfaches dieses Zuschusses ausmachen - und diesen Zuschuss gibt es ja nur heuer", so Leichtfried weiter. Bis April 2025 sieht er eine Mietsteigerung von insgesamt 26 Prozent.
Die öffentliche Erpressung der ÖVP sei aufgegangen, kritisierte auch Marcus Arige, Präsident des Sozialdemokratischen Wirtschaftsverbands Wien, die Maßnahme. Nicht nur Haushalte, auch kleine und mittlere Unternehmen hätten eine Mietpreisbremse benötigt, um die Inflation zu bremsen sagte Arige.
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