Karenzmuffel: Liebe Väter, wollt oder könnt ihr nicht?
Österreichs Väter sind nach wie vor Karenzmuffel. Nur 13 Prozent gehen in Väterkarenz, schmale drei Prozent länger als drei Monate. Das zeigen laufende Erhebungen der Arbeiterkammer (AK). Es sind auch weiterhin die Mütter, die später in Teilzeit bleiben, um neben dem Job die Kinderbetreuung zu schultern. Das wirkt sich auf Einkommen wie Karriere aus.
Ergebnis: Mütter verdienen zwölf Jahre nach einer Geburt deutlich weniger als zuvor, Väter deutlich mehr.
So gesehen hat sich gesellschaftlich in den vergangenen Jahrzehnten nicht viel geändert. Liegt das an veralteten Rollenbildern? Nicht nur, wie KURIER-Gespräche mit jungen Vätern zeigen.
Faktor Arbeitsplatz
Manuel, im Facility Management für Filialketten tätig, wäre gerne in Väterkarenz gegangen. Aber: „In unserem Unternehmen ist eine Karenz über längere Zeit nicht denkbar, wenn du dich in einer Führungsposition befindest.“ Rechtsanspruch hin oder her: „Wir sind so unterbesetzt, dass schon jeder Krankenstand ein massives Problem ist.“ Wäre Manuel in Karenz gegangen, hätte das berufliche Konsequenzen gehabt.
Die AK-Studie zeigt: Ein veraltetes Verständnis von Kindererziehung ist umso stärker verbreitet, je männlicher eine Branche ist. In der Warenherstellung, dem Bau oder dem Finanzsektor sind karenzierte Väter eine Ausnahme. Anderes Bild im Sozialwesen oder Einzelhandel: „Männer, die in Branchen arbeiten, in denen sonst überwiegend Frauen erwerbstätig sind, haben es leichter, in Karenz zu gehen“, sagt Ökonomin Katharina Mader, AK-Referentin für Frauen und Familie.
Bei gleichem Einkommen ist es die Frau, die später in der Teilzeitfalle landet. „Die traditionellen Rollenbilder, also die Zuständigkeit der Mütter für die Familie und der Väter für deren finanziellen Erhalt, sind nach wie vor ein Riesenfaktor“, sagt Mader.
Ein gemeinsames Projekt
Manuels Frau – ähnlich gut verdienende Handelsangestellte – bekam von ihrem Arbeitgeber keine Steine in den Weg gelegt. Dass Manuel dennoch viel Zeit mit dem Baby verbringen konnte, war der Pandemie geschuldet. „Ich habe das Glück gehabt, dass ich viel im Homeoffice war und somit teilweise wirklich bei der Kleinen sein konnte.“ Wenn Papas Spotify-Playlist nicht läuft, schläft das Kind ungern ein: etwas Klassik, etwas Punkrock.
Gegenbeispiel: Christof, Mitarbeiter einer öffentlichen Universität, hatte die volle Unterstützung seines Arbeitgebers. Für das junge Paar war immer klar: „Bekommen wir ein Kind, wird es ein gemeinsames Projekt“, sagt Christof. Und so haben sie es auch durchgetaktet: Beide gehen ähnlich lang in Karenz. Sie nehmen das einkommensabhängige Modell: Der Karenzierte erhält 80 Prozent seines Gehalts bis maximal 2.000 Euro pro Monat. Beide bleiben nachher in Teilzeit. „Wer sich die Karenz leisten kann, sollte es auch machen. Man versäumt sonst etwas als Mann“, sagt Christof.
Finanzieller Anreiz bei geteilter Karenz: Paare erhalten den Partnerschaftsbonus in Höhe von 1.000 Euro.
Klingt verlockend. Aber wenn der Arbeitgeber nicht mitspielt? Wenn ein Haus abbezahlt werden muss? Noch dazu in ländlichen Regionen, wo die Kinderbetreuung schlechter ausgebaut ist?
"Das ist steinzeitlich"
„Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist ein politisches Schlagwort, das bei jedem Wahlkampf aufs Tapet kommt. Wenn man jung ist, sagt einem das gar nichts. Dann kriegt man Kinder und sie knallt einem so richtig ins Gesicht: Die Erkenntnis, dass es in Österreich nicht vereinbar ist“, sagt Jungvater Peter zum KURIER.
Der Verlagsmitarbeiter war zweimal länger als drei Monate in Karenz. Für das Paar ist vor allem die Zeit danach problematisch: Privatkindergarten finden und finanzieren, bis das Kind in einen öffentlichen kann.
Dass man etwa in Niederösterreich erst ab zweieinhalb Jahren Anspruch auf einen öffentlichen Kindergartenplatz hat, ärgert Peter: „Dieses System ist teilweise steinzeitlich.“ Was sämtliche Väter im Gespräch bilanzieren: Sie sind oder wären gerne in Karenz. Kinderbetreuung sei anstrengend, aber auch schön. Politische Vorschläge, um die Quote zu verbessern, haben sie einige: der Papamonat soll auch bezahlt werden, wenn der Vater nachher zusätzlich in Karenz geht, die Kindergärten gehören ausgebaut, vor allem einkommensschwache Familien stärker gefördert.
Männerbonus?
Auch gut gemeinte Fördermodelle entlarven übrigens oft die Fehler im System. Jakob Schwarz, Budget-Sprecher der Grünen und ebenfalls seit Kurzem Vater, hat den Budgetdienst die Gender-Wirkung der Steuerreform überprüfen lassen. Den unter Türkis-Blau eingeführten Familienbonus erhalten in drei Viertel der Fälle Männer.
Beantragen können den Absetzbetrag beide Elternteile, doch meist macht es der Mann, weil höhere Einkommen stärker vom Bonus profitieren. „Das kann schon einen Anreiz bieten, dass Frauen zu Hause bleiben. Aufgrund der immer noch bestehenden Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen profitieren erstere typischerweise stärker von steuerlichen Entlastungsmaßnahmen, so auch vom Familienbonus“, sagt Schwarz. Mit dem erhöhten Kindermehrbetrag für Alleinerzieherinnen habe man nun aber gegengesteuert.
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