Harte Abrechnung, aber große Zukunftspläne

APA13280760-2 - 18062013 - WIEN - ÖSTERREICH: ZU APA 0136 II - (v.l.n.r.) Vizekanzler Michael Spindelegger und Bundeskanzler Werner Faymann am Dienstag, 18. Juni 2013, während des Pressefoyers nach dem Ministerrat in Wien. APA-FOTO: DRAGAN TATIC
Faymann und Spindelegger werben bei Gewerkschaftern um Unterstützung für den Nationalratswahlkampf.

Wenn Michael Spindelegger will, dann kann er ganz wunderbar poltern, und gestern, Dienstag, wollte er offenbar.

Die ÖVP-nahen Christgewerkschafter der FCG hatten sich im Wiener Austria Center getroffen. Man fixierte die die Linie für den heutigen ÖGB-Bundeskongress (siehe unten), der ÖVP-Chef war zum Referat geladen, und in eben diesem zog Spindelegger scharf gegen die SPÖ, ihren Kanzler und die roten Gewerkschafter vom Leder.

Der „Zwang“ und die „Gewalt“, die Werner Faymann gegenüber den Lehrer-Gewerkschaften in Sachen Dienstrecht an den Tag lege, seien abzulehnen. „Ist das wirklich ein Bundeskanzler für das Land?“, fragte Spindelegger ins Auditorium und gab sich die Antwort gleich selbst: „Ich sage: Nein.“

Und weil der ÖVP-Chef auch die von SPÖ und SP-Gewerkschaftern propagierten Vermögens- und Erbschaftssteuern so gar nicht goutiert und schon überhaupt nichts von einer gemeinsamen Schule der 10- bis 14-Jährigen hält („Mit Michael Spindelegger wird es keine Gesamtschule geben“), bat er die Christgewerkschafter um Hilfe: „Bitte kritisiert das, bitte kritisiert diesen Werner Faymann!“

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die ÖVP-Gewerkschafter die Bitte erhören. Immerhin hat der Wahlkampf längst begonnen. Und so harmonisch sich die Regierung bei ihrem Pakt zur Anhebung der Familienbeihilfe (aber erst für die Zeit nach der Wahl) gibt (siehe Seite 3): Bei der Schul-Debatte, bei Vermögens- und Erbschaftssteuern, ja selbst beim Golan-Abzug – ist man emsig bemüht, Distanz und Unterschiede herauszuarbeiten.

Keine zwei Stunden nach dem Vizekanzler war gestern SPÖ-Chef Werner Faymann im Austria Center an der Reihe. Zeitgleich mit den Christgewerkschaftern und nur durch ein Stockwerk getrennt, hatten sich auch die roten Interessenvertreter der SPÖ-nahen FSG in Stimmung gebracht und den Bundeskanzler, ihren Kanzler, gleich vorab mit Standing Ovations empfangen.

Das wäre nicht weiter erwähnenswert, hätte es nicht beim letzten Bundeskongress vor vier Jahren ausnehmend kritische FSG-Stimmen in Richtung SPÖ und Kanzleramt gegeben.

Gestern war alles anders. „Du kannst zu hundert Prozent mit unserer Unterstützung rechnen, lieber Werner“, versprach FSG-Chef Wolfgang Katzian.

Und während er als Regierungs- und SPÖ-Chef forderte, dass „Millionäre zahlen müssen“ und eindringlich klar machte, dass „die SPÖ nicht jene vertritt, die sich private Eliteschulen für ihre Kinder aussuchen und die Krankenhausrechnung mit dem Scheckbuch bezahlen“, versuchte er die ÖVP-Angriffe mit staatsmännischer Noblesse zu behandeln – und erwähnte den Koalitionspartner und dessen Parteichef mit keinem einzigen Wort.

Den FSG-Funktionären gefiel’s offenbar. Man sprang auf, gab – einmal mehr – stehende Ovationen und versprach dem Kanzler zu helfen. „Wir werden für dich rennen – wie die Wahnsinnigen.“

Am Abend bei der Eröffnung erwies ein Großaufgebot von Prominenz dem ÖGB die Ehre: Bundespräsident, Regierung, Kirchenvertreter, und die anderen Sozialpartnerpräsidenten. Alle bekamen viel Applaus – bis auf einen: Der Klubobmann des Team Stronach, das ein „Zurückstutzen der Gewerkschaft“ forderte, Robert Lugar, wurde ausgebuht.

Der ÖGB ist nach der Bawag-Krise wieder in ruhigen Gefilden unterwegs: Der dreitägige Bundeskongress (18.–20. Juni) im Wiener Austria Center ist der erste seit längerem ohne größere Turbulenzen. Der längst fixierte Leitantrag (Motto: „Unsere Mission: Gerechtigkeit“) beinhaltet gewerkschaftliche Klassiker – vom Wunsch nach Vermögenssteuern bis hin zu einer Fachkräfte-Milliarde. Die Christgewerkschafter unterstützen die bildungspolitischen Forderungen (Gesamtschule) sowie die Forderung nach Vermögens- und Erbschaftssteuern (ab 700.000 bzw. 150.000 Euro) nicht – den Rest des Leitantrages aber schon.

Auch die Personalia sind längst vorentschieden. Präsident Erich Foglar geht in seine zweite Amtsperiode. Überhaupt ändert sich im Spitzenteam der Gewerkschaft nichts gegenüber dem Bundeskongress 2009: Die SP-Gewerkschafter werden weiter von GPA-Chef Wolfgang Katzian angeführt, die Christ-Gewerkschafter vom Beamten-Vertreter Norbert Schnedl. Die Funktionsperiode wird verlängert: Künftig tritt der Bundeskongress nur alle fünf Jahre zusammen.

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