Gewerkschaft provoziert: „Können auch noch drei Jahre länger verhandeln“

APA6034428 - 29112011 - WIEN - ÖSTERREICH: GÖD-Vorsitzender Fritz Neugebauer vor Beginn der GÖD-Bundeskonferenz zum Thema "Beamten-Gehaltsverhandlungen" am Dienstag, 29. November 2011, in Wien. APA-FOTO: ROBERT JAEGER
Neugebauer & Co beeindruckt die Kanzler-Warnung nicht, die Schulreform ohne Gewerkschaft zu beschließen.

Pattstellung ohne Aussicht auf ein Ende – und das nach 27 Verhandlungsrunden in Sachen Lehrerdienstrecht. Und so hat SPÖ-Kanzler Werner Faymann im Sonntags-KURIER mit etwas gedroht, das in Österreich ein Novum und für Standesvertreter ein No-Go wäre: das neue Gehalts- und Dienstrecht für Pädagogen ohne deren Sanktus im Parlament zu beschließen. Die nötige Stimmenmehrheit dafür hätten Rot und Schwarz. Wäre da nicht ÖVP-Mandatar Fritz Neugebauer; der ist freilich auch Chef der Beamtengewerkschaft. Faymann urteilt über ihn: „Neugebauer blockiert alles.“

Wird diesem ob des Kanzlers Warnung nun angst und bang? Aber wo. „Das Wort Fürchten kommt im gewerkschaftlichen Sprachgebrauch nicht vor.“ Im Übrigen glaubt Neugebauer ohnehin nicht, dass Faymanns Worten Taten folgen. „Ich halte das für unrealistisch. Der Bundeskanzler und die Bundesregierung wissen, wie Sozialpartnerschaft funktioniert.“ Er gab Faymann gestern aber eine mit – indem er ihn auf eine Stufe mit Neo-Parteichef Frank Stronach stellte; der hat ja jüngst gemeint, dass Gewerkschaften nicht nötig seien. Neugebauer: „Ich glaube nicht, dass sich der Bundeskanzler in diese Richtung drücken lassen möchte.“

"So eine große Reform braucht eben seine Zeit"

Paul Kimberger, oberster Lehrergewerkschafter und damit Dienstrechtsverhandler, befand: „So eine große Reform braucht eben seine Zeit. Mir geht es nicht um eine schnelle Lösung. Ich denke auch nicht in Legislaturperioden.“ Könnten die Verhandlungen also noch zwei oder drei Jahre länger dauern? „Wenn das Ergebnis gut ist und für die nächsten Jahrzehnte bestehen kann, sollten wir uns diese Zeit auch nehmen. Ich bleibe so lange am Verhandlungstisch, bis wir ein gutes Paket haben.“

Kimberger & Co verwahren sich ja dagegen, dass Pädagogen fortan mehr arbeiten müssen. Und: Über das gesamte Berufsleben hinweg dürften sie nicht weniger verdienen als jetzt (geplant sind höhere Einstiegsgagen, niedrigere gegen Ende hin).

ÖVP will Konsens

Die Schwarzen springen der ÖVP-dominierten Gewerkschaft bei – puncto Procedere. Ohne Konsens mit ihr werden sie das Dienstrecht nicht mit der SPÖ beschließen. Klubchef Karlheinz Kopf zum KURIER: „Es ist in Österreich gute Tradition, dass Fragen der Bezügeregelungen in der Tarifautonomie der Sozialpartner geregelt werden. Wenn nun der Herr Bundeskanzler bei der Schaffung eines neuen Beamten-Gehaltsschemas von dieser sozialpartnerschaftlichen Zuständigkeit durch gesetzlichen Eingriff abgehen will, wandelt er auf den Spuren von Frank Stronach, der ja die Gewerkschaften abschaffen will.“ Ätzender Nachsatz: „Im Vorfeld des ÖGB-Kongresses eine interessante Positionierung.“

Trotz der Schwierigkeiten bei den Lehrern drängt Neugebauer auf ein einheitliches Dienstrecht für den gesamten öffentlichen Dienst, also für Beamte und Vertragsbedienstete. Das ist kein neues Begehren; passieren wird vor der Wahl im Herbst in der Hinsicht aber nichts mehr. Das hat Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek schon klargestellt – es wäre zu teuer. 200 bis 300 Millionen würde diese Reform kosten – weil auch da die Anfangsgehälter steigen sollen. Erst im Laufe der Jahre würde es sich rechnen.

Es ist nur ein Satz in der „Resolution der GÖD-Bundeskonferenz“, der gestern publik geworden ist. Doch er hat Konfliktpotenzial: „Die Gewerkschaft Öffentlicher Dienst fordert die Bundesregierung auf, ohne Zeitverzug Gehaltsverhandlungen für 2014 aufzunehmen.“

Diesen Wunsch hatte Neugebauer bereits Mitte März kund getan. Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek hatte damals schon konsterniert reagiert: Die Sache sei zu wichtig, um es „zu einem Wahlkampfthema zu machen“.

Doch der Beamtengewerkschafter macht jetzt Druck. Er hat – wie auch sonst üblich – am Montag einen Brief an die Beamtenministerin abgeschickt, in dem er um einen Verhandlungstermin bittet. Würde er auch ein „Nein“ der Ministerin akzeptieren, die bekanntlich erst 2014 über die Gehälter verhandeln will? „Nein“, sagt Neugebauer scharf.

Nulllohnrunde

Das Vorgehen Neugebauers verwundert insofern, da der Fahrplan für Gehaltsverhandlungen längst ausverhandelt worden ist: Im Frühjahr 2012 wurde für die Beamten in diesem Jahr eine Nulllohnrunde vereinbart.

Für 2014 sollten die Gehälter für die 200.000 Beamte nur um ein Prozent erhöht werden – dazu soll allerdings eine Einmalzahlung kommen, deren Höhe bisher nicht ausverhandelt worden ist. Am Montag wollte Neugebauer noch nicht verraten, in welcher Höhe die Beamtengehälter steigen sollen. Auch ein Beschluss im Sommer im Plenum sei unproblematisch, er erwarte sich ohnehin zusätzliche Sitzungen des Parlaments im August.

Für Ministerin Heinisch-Hosek, die aufseiten der Regierung mit Neugebauer verhandeln muss, sind die Forderungen der GÖD nur „Wahlkampfgeplänkel“. Einem Gespräch mit Neugebauer werde sie sich zwar nicht verweigern, ließ die Ministerin dem Gewerkschaftschef ausrichten. Aber sie sehe derzeit keine Veranlassung, die Verhandlungen jetzt aufzunehmen.

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