"Juristen statt echter Politiker": ÖVP Niederösterreich kritisiert Stil in Bundespolitik

Als Gerhard Karner noch nicht Innenminister war, sondern Landesgeschäftsführer der ÖVP-Niederösterreich, war er berüchtigt für seine Parteiaussendungen. Wenn Karner in die Tasten griff, blieb kein Auge trocken.
Heute sitzt auf Karners damaligem Posten im Parteihaus in St. Pölten Bernhard Ebner. Im Gespräch mit dem KURIER räsoniert Ebner über die alten Zeiten. „Ich sage nicht, dass der angriffige Stil damals falsch war, es waren halt andere Zeiten.“ Aber heute sei das nicht mehr angebracht. "Johanna Mikl-Leitner will das nicht. Sie hat von Anfang an als Landeshauptfrau die Zusammenarbeit, das Gemeinsame, in den Vordergrund gestellt."
Folglich, so Ebner, seien auch von ihm in den fünf Jahren, seit er Landesparteigeschäftsführer ist, „keine Untergriffe und keine flapsig-provokanten Aussagen zu finden“.
"Zu viele Taktiker, zu wenige Strategen"
Kritisch sieht Ebner den Stil in der Bundespolitik. „Die politische Kommunikation auf Bundesebene hat an Relevanz und Langfristigkeit verloren. Man versucht nur mehr, sich Tag für Tag gegenseitig fertigzumachen.“ Es seien „zu viele Taktiker und zu wenige Strategen“ am Werk.
„Das Problem ist, dass in den Wiener Parteibüros zu viele Juristen sitzen, die fürs Schreiben anonymer Anzeigen bezahlt werden, statt echter Politiker, die Ideen formulieren“, sagt Ebner.
Diskussionen über anonyme Vorwürfe würde das bundespolitische Geschehen dominieren – wie zuletzt beim Rechnungshof. Dass diesen Debatten Verfehlungen in der ÖVP zugrunde liegen, lässt Ebner nicht gelten.
Auch dass der ganze Sicherheitsapparat seit der Übernahme des Innenministeriums durch die ÖVP mit schwarz-türkisen Parteigängern besetzt werde, verteidigt Ebner: Ein Minister brauche „Leute, denen er vertrauen kann“, die müssten aber nicht unbedingt ein Parteibuch besitzen.
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