Justiz braucht 90 Millionen Euro „damit Betrieb nicht stehen bleibt“

Justiz braucht 90 Millionen Euro „damit Betrieb nicht stehen bleibt“
Justizminister Clemens Jabloner will den „stillen Tod“ seines Ressorts durch mehr Budget verhindern.

Der österreichischen Justiz drohe „ein stiller Tod“ – das hatte Clemens Jabloner bereits kurz nach seinem Amtsantritt als Justizminister vorausgesagt. Als parteipolitisch Unabhängiger wollte er seine Amtszeit nutzen, den Missständen auf den Grund zu gehen. Das Ergebnis ist ein „Wahrnehmungsbericht“, den Jabloner seinem Nachfolger hinterlassen will. Der Zeitpunkt ist günstig, wird es doch in absehbarer Zeit  Budgetverhandlungen geben.

Der 55-seitige Bericht zeigt aber nicht nur in finanzieller Hinsicht einigen Reparaturbedarf auf.

Die wichtigsten Punkte

2020 benötigt Justiz 90,6 Millionen mehr

„Das Justiz-Ressort wurde in den vergangenen Legislaturperioden budgetär vernachlässigt“, erklärt Jabloner. Zusätzliche 90,6 Millionen Euro würden im nächsten Jahr gebraucht, nur um den Status quo aufrecht erhalten zu können – also „damit  der Betrieb nicht stehen bleibt“, sagt Jabloner.
Schon heuer wurden 60 bis 70 Millionen zur Deckung der  laufenden Kosten aus Rücklagen aufgelöst. Reformen, die es dringend braucht, sind da aber nicht miteingerechnet. Mehr Ressourcen seien besonders beim Strafvollzug und im Support-Bereich der Gerichte nötig. Bei Letzterem sei der Personalmangel bereits für die Bürger spürbar geworden, etwa durch längere Wartezeiten.

Justizministerium soll eigenständig sein

2017 wurde das Justizministerium von Türkis-Blau umstrukturiert und bekam als „Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz“ (BMVRDJ) deutlich mehr Zuständigkeiten. Jabloner schlägt vor, dass sich das Ressort wieder auf seinen Kernbereich konzentriert: die Justiz. Kritiker meinen (offenbar zurecht), das Ressort sei zu aufgeblasen – „den langen Namen hat sich nie jemand richtig gemerkt“, wird gescherzt. Der Verfassungsdienst, so schlägt Jabloner als langjähriger Sektionschef im Bundeskanzleramt vor,  sollte wieder zurück ins Bundeskanzleramt wandern.

Länder sollen Bezirksgerichte mitfinanzieren

Noch unter Jabloners Vorgänger Josef Moser (ÖVP) waren von einer eigens eingesetzten Arbeitsgruppe Pläne diskutiert worden, einige kleinere Bezirksgerichte einzusparen und zu schließen. In der Landes- und Gemeindepolitik  löste das Empörung aus. Gerade in ländlichen Regionen dürfe nicht noch mehr Infrastruktur wegrationalisiert werden, hieß es. „Die Diskussion darüber wird die kommende Bundesregierung führen müssen“, sagt nun Jabloner. Allerdings: „Soweit bestimmte Gerichtsstandorte gewünscht sind, könnte das einen Niederschlag im Finanzausgleich finden.“ Heißt: Die Länder müssten sie aus dem Geld, das sie vom Bund erhalten, mitfinanzieren.

Strengere Regeln bei Weisungen

Jabloner hatte es gleich zu Beginn seiner Amtszeit mit einem massiven internen Streit zwischen Korruptionsstaatsanwaltschaft und Ministerium zu tun. In der Eurofighter-Causa stand der Vorwurf im Raum, es würden Ermittlungen „von oben abgedreht“. Der Justizminister will nun per Erlass präzisieren, wie die Fachaufsicht als obere Ebene Einfluss nehmen kann. Inhaltliche Änderungen am Vorhaben der Staatsanwaltschaften sollen nur noch per Weisung erfolgen dürfen. Bisher reichten bei kleineren Änderungen auch „Maßgaben“ mit weniger strengen Regeln.

Kein Anpatzen mehr durch Anzeigen

Anzeigen kann jeder alles und das jederzeit und anonym. Bis dato landeten die Angezeigten allzu oft auch nur wegen bloßer Nichtigkeiten in den Medien. Das will das Justizressort nun zum Schutz der Betroffenen ändern: Der Medienerlass soll dahingehend reformiert werden, dass die Justiz zu Anzeigen erst dann öffentlich Auskunft gibt, wenn mehr dahinter steckt – also wenn tatsächlich Ermittlungen eingeleitet werden.

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