Was Claudia Plakolm (30, ÖVP) beim Kopftuchverbot plant, wie sie Analphabetismus unter Migranten bekämpfen und "Fremdeln" mit "unseren eigenen Traditionen" beenden will.
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In der türkis-rot-pinken Koalition ist die ehemalige Jugendstaatssekretärin als neue Ministerin im Bundeskanzleramt für Integration, Europa und Familie zuständig.
Frau Bundesministerin, wie ist es, zu den mächtigsten Frauen der ÖVP zu gehören?
Ich freue mich extrem, dass mich Christian Stocker gefragt hat, ob ich in seinem Regierungsteam sein möchte. Und, dass wir im Regierungsprogramm gerade in meinen Bereichen viele Einigungen getroffen haben.
Teil des Regierungsprogramms ist ein verfassungskonformes Kopftuchverbot. Bis zu welchem Alter und in welchen Bereichen soll es gelten?
Ich werde mich dazu nächste Woche mit Expertinnen und Experten zusammensetzen. Generell wollen wir dafür sorgen, dass junge Musliminnen einen Zugang zu unserer freien Gesellschaft haben. Kinder tragen das Kopftuch oftmals nicht freiwillig und dagegen werden wir vorgehen. Wir denken über ein Stufenmodell nach.
Das wie aussehen könnte?
Zum Beispiel, dass man zuerst Gespräche mit den Eltern und dem Mädchen sucht. In weiterer Folge könnte aber auch die Kinder- und Jugendhilfe herangezogen werden. Ich sehe mich in der Verantwortung, dass Mädchen und junge Frauen bei uns selbstbestimmt sein können. In Ländern, wo sich Frauen verschleiern müssen, ist meist der radikale Islam im Vormarsch.
Auch beim Stopp des Familiennachzugs geht es um rechtliche Fragen. Wie sicher sind Sie sich, dass in Österreich wirklich ein Notstand herrscht und die Regierung nicht das EU-Asylrecht brechen wird?
Unsere Systeme sind überlastet und wir tragen Verantwortung dafür, dass sie weiterhin funktionieren. Ich denke hier an die Bildung, den Sozial- oder den Gesundheitsbereich. Das Innenministerium arbeitet daran, national als auch europäisch eine rechtlich gute Lösung auf die Beine zu stellen.
Der Familiennachzug war in den vergangenen Monaten, mit Blick auf die Zahlen, fast kein Thema mehr. Warum legt die ÖVP gerade darauf jetzt so einen starken Fokus?
Wir erwarten von Menschen, die zu uns kommen, dass sie Deutsch lernen, Arbeiten gehen wollen und unsere Regeln und Werte annehmen. Es gibt zwar eine Fülle an Integrationsangeboten, aber wenn die Nachfrage zu groß ist und Integration nicht mehr bewerkstelligt werden kann, muss man auch Maßnahmen wie diese setzen.
2024 hatten zwei Drittel der Asyl- und subsidiär Schutzberechtigten Alphabetisierungsbedarf, davon 43 Prozent in der Muttersprache. Wie wollen Sie verhindern, dass diese Menschen dauerhaft in der Arbeitslosenstatistik aufscheinen?
Das ist eben die große Herausforderung. Durch den Familiennachzug kommen in erster Linie Menschen nach Österreich, die zum Teil nicht einmal in der eigenen Muttersprache alphabetisiert sind. Deutsch ist die Basis, dass ich eine berufliche Qualifikation absolvieren und einem Job in Österreich nachgehen kann. Die Arbeitsmarktqualifikation stellt sich als extrem schwierig heraus. Wir haben 48.000 Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte, die arbeitslos sind oder in Schulung.
Die Deutschkurse, Integrationsprüfungen und Wertekurse gibt es alle nicht seit gestern. Warum haben die nicht ausreichend funktioniert und was wollen Sie ändern?
Die Praxis in Oberösterreich und Niederösterreich zeigt, wie es besser funktioniert. Dort sind diese Kurse verpflichtend und das steht nun auch im Regierungsprogramm. Werden die Kurse nicht absolviert, hat das Konsequenzen. In Niederösterreich sind es bis zu 50 Prozent Abzug bei Sozialleistungen. Das werden wir jetzt bundesweit einfordern.
Wenn Sie sagen, es „wirkt“: Zeigt sich das in Niederösterreich und Oberösterreich auch in der Arbeitslosenstatistik?
Es geht darum, die Wertekurse verpflichtend vorzuschreiben, sonst wären sie zahnlos.
Ein Regierungsprogramm ist nie ein Parteiprogramm. Es hat in manchen Bereichen mit der FPÖ bessere Überschneidungen gegeben, in manchen mit SPÖ und Neos.
Wie groß waren die Überschneidungen bei der sogenannten „Herdprämie“ mit der FPÖ?
Das ist nur medial diskutiert worden und war in den Verhandlungen kein Thema. Die FPÖ hat das nie eingebracht.
Laut Regierungsprogramm soll die Feiertags- und Festtagskultur in Schulen und Kindergarten gefördert werden. Was konkret würde Ihnen für Ostern vorschweben? Verpflichtende Hasenkostüme?
Wir sind ein christliches Land. Und als Integrationsministerin ist es mir ganz wichtig, dass wir aufhören, mit unseren eigenen Traditionen und Werten zur fremdeln. Man ist nicht rechts, nur weil man Ostern feiert. Man ist auch nicht rechts, weil man Dirndl oder Lederhose trägt. In der Vergangenheit hat es aber Fälle gegeben, wo man aus falsch verstandener Toleranz Brauchtümer zurückgenommen hat.
Ich sehe hier ganz klar die Eltern und auch die Islamische Glaubensgemeinschaft in der Pflicht. Ich finde es bedenklich, wenn der Druck unter Gleichaltrigen oder in der Familie so groß ist, dass junge Musliminnen oder Muslime diese Form des Ramadans ausüben. Auch die Glaubensgemeinschaft hat klargestellt, dass der Ramadan nicht vorsieht, dass Kinder tagsüber auf Trinken und Essen verzichten.
Sie haben hier von Parallelgesellschaften mit „strengen, radikalen Werten“ gesprochen. In Dänemark gibt es ein Gesetz, das genau diese verhindern soll – notfalls mit Umsiedlungen. Können Sie dem etwas abgewinnen?
Dass wir hier Probleme haben, ist unbestritten. Das Wort Extremismus steht nicht grundlos 36-mal im Regierungsprogramm. Wir bemühen uns um Lösungen. Aber auch die Glaubensgemeinschaft ist in der Pflicht, gegen radikale Tendenzen vorzugehen.
Weil sich viele junge Islamisten auf TikTok radikalisieren: Sind Sie für ein Verbot?
Ich habe als Jugendstaatssekretärin Kontakt zu Vertretern von TikTok gehabt. Es ist leider sehr ernüchternd. Diese Plattform unternimmt definitiv zu wenig, Inhalte zu steuern, die insbesondere Kinder und Jugendliche angezeigt bekommen. Hassprediger haben hier offenbar alle Freiheiten. Mit dem Digital Services Act der EU nehmen wir groß Plattformen in die Pflicht, europäisches Regelwerk umzusetzen. Wird das nicht erfüllt, braucht es Konsequenzen, bis hin zu Verboten. Albanien hat TikTok jetzt verbannt.
Sollte sich Christian Stocker nach dieser Amtszeit nicht der Wiederwahl stellen: Die ÖVP hatte ja noch nie eine Parteiobfrau. Auch wenn Sie als sehr traditionsbewusst gelten, würden Sie diese Tradition gerne beenden?
Ich beschäftige mich gerade sehr intensiv damit, dass wir unser Regierungsprogramm umsetzen können. Es liegt viel Arbeit vor uns und die Menschen erwarten sich auch, dass etwas weitergeht. Von parteiinternen Wahlen haben glaube ich gerade alle die Nase voll.
Welches große Thema steht denn als nächstes auf Ihrer Agenda?
Ich richte gerade eine Taskforce ein, wo es um Familienleistungen für Vertriebene aus der Ukraine geht. Wir hatten zuletzt vermehrt Fälle, wo Menschen mit ukrainischem Pass nach Österreich kommen, die nicht aus Kriegsgebieten stammen und weder ukrainisch noch russisch sprechen. Was ich nicht will: Dass unsere Systeme und Familienleistungen als Pull-Faktor dienen, dass sich mehr Menschen auf dem Weg nach Österreich machen. Deswegen erarbeiten wir jetzt klare Kriterien dafür, wer künftig anspruchsberechtigt ist für die Familienbeihilfe.
Das betrifft vor allem Roma und Sinti aus der Westukraine. Wie sollen diese Kriterien aussehen, ohne jemanden zu diskriminieren?
Da sind wir mit Expertinnen und Experten im Austausch. Das aktuelle Modell gilt noch bis Oktober. Wer vor dem Krieg flieht, wird weiterhin Schutz bekommen. Aber die Hilfsbereitschaft der Österreicherinnen und Österreicher darf nicht missbraucht werden.
Zur Person: Die 30-jährige aus Walding (OÖ) wurde erstmals im November 2017 als damals jüngste Nationalratsabgeordnete angelobt. Seit Mai 2021 ist sie Bundesobfrau der Jungen ÖVP, in der türkis-grünen Bundesregierung fungierte Plakolm als Staatssekretärin in Kanzleramt. In dieser Rolle war sie unter anderem für Jugend und Digitalisierung zuständig. In der Koalition mit SPÖ und Neos bleibt sie im Kanzleramt – als Ministerin für Europa, Integration und Familie
(kurier.at, hamm)
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