Nehammer in "ZiB 2": Komplettes Asylverfahren in "grenznahen" Zentren

Karl Nehammer (ÖVP) bei Armin Wolf
Schwarze Netzwerke bezeichnete der Innenminister als "Kickl-Spin". Er sei "kein großer Freund der Inszenierung".

Es würde kein allzu freundliches Interview werden, das Armin Wolf mit ÖVP-Innenminister Karl Nehammer am Montag in der "ZiB2" führte - so viel war schon nach Wolfs erster Frage an den bisherigen ÖVP-Generalsekretär klar.

"Mehr schwarz-türkiser Parteisoldat geht quasi nicht mehr - wer soll Ihnen glauben, dass Sie die Parteibuchwirtschaft und die schwarzen Netzwerke im Innenministerium abstellen werden?", wollte Wolf von Nehammer wissen.Der Gefragte ließ sich jedoch nicht aus der Reserve locken, sprach ein bisschen über seine Lieblingsthemen (Kampf gegen illegale Migration, Kampf gegen politischen Islam) und beantwortete die Ursprungsfrage - auf Nachfrage - dann doch noch: "Jeder, der mich kennt weiß, dass ich nicht auf die politische Farbe schaue, wenn ich etwas umsetze."

Parteibuch zählt nicht

Weitere Nachfragen Wolfs zu ÖVP-Netzwerken im Innenministerium (BMI) wurden dann aber doch als "Herbert-Kickl-Spin" abgetan. Er, Nehammer, habe im Haus nur "herausragende Beamte kennengelernt, die mit großer Freude und Tatkraft arbeiten" und denen er vertraue. "Qualifikation und Leidenschaft" würden zählen, nicht das Parteibuch.

Apropos Kickl: Nehammer, im Nationalratswahlkampf 2019 übrigens nicht nur Generalsekretär, sondern auch Wahlkampfleiter der Volkspartei, betonte, er sei im Gegensatz zu seinem Vorgänger als Innenminister "kein Freund der Inszenierung" und lehne eine solche ab. Immerhin gehe es im BMI um "sehr sensible Themen".

Dessen ungeachtet sagte Nehammer, er hätte die in Kickls Auftrag montierten und höchst umstrittenen "Ausreisezentrum"-Schilder an der Erstaufnahmestelle Traiskirchen auch abgeschraubt, hätte das nicht bereits sein Vorgänger, Beamtenminister Eckart Ratz, erledigen lassen.

Interview mit Innenminister Karl Nehammer (ÖVP)

Viel wichtiger sei aber ohnehin, was drinnen, also hinter den Schildern passiere, betonte der Innenminister. Geht es nach Nehammer und dem Koalitionsabkommen zwischen ÖVP und Grünen, findet das, was derzeit noch in Traiskirchen stattfindet, bald ohnehin woanders statt: nämlich in neu zu schaffenden "grenznahen" Asylzentren.

Asylzentren mit beiden Instanzen

Diese sollen liefern, was derzeit nicht geliefert werden könne, so Nehammer: schnellere und effizientere Asylverfahren. Das soll dadurch gewährleistet werden, dass in diesen neuen Zentren Polizei und Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) "in einem Haus" sitzen würden. In Kombination mit einer Wohnsitzauflage für die Asylwerber soll die erste Instanz des Asylverfahrens vollständig in diesen grenznahen Zentren abgewickelt werden, kündigte der Innenminister an.

Und gab gleich noch einen Einblick in seine Wunschliste: Wenn möglich, sollten "mobile Einheiten des Bundesverwaltungsgerichts" dafür sorgen, dass auch die mögliche zweite Instanz der Asylverfahren an Ort und Stelle erledigt wird, so Nehammer.

Wo genau diese Zentren entstehen sollen, konnte oder wollte Nehammer noch nicht enthüllen, aber: die Grenzbereiche zu Ungarn, Slowenien und Italien böten sich an.

Sicherungshaft nur für Asylwerber

Zum bisher größten Aufregerthema der türkis-grünen Koalition, der Sicherungshaft, erfuhr man dann nicht viel Neues. Innen- und Justizministerium würden daran arbeiten, eine verfassungskonforme Lösung zu finden, sagte Nehammer. Gelten solle diese in erster Linie für Asylwerber.

Warum diese die größere Gefahr als etwa Fußball-Hooligans oder "prügelnde Ehemänner, die ihre Ehefrauen bedrohen" sind, wie Moderator Wolf gerne erfahren hätte, konnte der Innenminister nicht abschließend klären.

Die Lösung für Asylwerber werde jetzt jedenfalls angegangen, weil EU-Aufnahmerichtlinie und Artikel 5 der Menschenrechtskonvention dies erlauben würden.

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