„Prinzipiell sehe ich diesen Mindestlohn sehr kritisch, weil ich glaube, dass das Thema bei den Sozialpartnern am besten aufgehoben ist, die Kollektivverträge verhandeln“, sagt Wifo-Ökonom Benjamin Bittschi. „Ich bin sehr skeptisch, dass die Politik besser weiß, was ein angemessener Mindestlohn ist als die Sozialpartner. Es gibt 450 Kollektivverträge. Wir haben eine Abdeckung über die Kollektivverträge von 98 Prozent, da sehe ich keine Notwendigkeit für staatlichen Mindestlohn.“
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Die Gemeinnützigkeit der Pflege will Doskozil durch Anstellung pflegender Angehöriger bei einer Landestochter, Verpflichtung von Heimbetreibern zum Profitverzicht und 71 Pflegestützpunkte quer durchs Land für die gemeindenahe Versorgung von Alten und Kranken erreichen. Umgesetzt ist bisher nur die Anstellung pflegender Angehöriger. Per 1. Mai gab es 273 Anstellungsverhältnisse (meist Frauen) zum Mindestlohn. Gerechnet wurde mit 600.
„Es ist ein relatives Schmalspur-Modell, das recht wenig in Anspruch genommen wird“, sagt die stellvertretende Wifo-Direktorin Ulrike Famira-Mühlberger. „Das System geht an der Realität vorbei. Das Gros der Pflege umfasst mobile Pflege, stationäre Pflege und 24-Stunden-Betreuung in Österreich und auch im Burgenland. Ich sehe das skeptisch, denn es ist ein zusätzlicher Anreiz, dass sich Frauen vom Arbeitsmarkt zurückziehen.“
Weil Doskozil die gemeinnützigen Wohnbaugesellschaften nicht sozial genug sind, steigt das Land auch in den Wohnbau ein – auch dafür wurde eine Landesgesellschaft gegründet. Geplant sind Reihenhäuser und Wohnungen. Mieter können nach spätestens 30 Jahren Eigentümer werden und mit jeder Miete den Kaufpreis abstottern. Die angekündigte Miete pro Quadratmeter: 10-11 Euro netto. Die jährliche Einkommensobergrenze für Bewerber liegt für einen Drei-Personen-Haushalt bei 76.500 Euro netto.
„Wenn die Förderungen im Wohnbau umgelenkt werden, kann es ein Problem für den gemeinnützigen Wohnbau werden“ sagt Wifo-Ökonom Michael Klien. „Ich vernehme schon, dass die Gemeinnützigen nicht glücklich sind und fürchten, von der Förderung abgeschnitten zu werden. Aber ich bin mir nicht sicher, ob der Landeswohnbau vom Volumen her so schnell hochgefahren werden kann. Große Umwälzungen werden nicht sofort bevorstehen.“
Durch die Baulandmobilisierung soll Bauland durch einen festgelegten Maximalpreis „wieder leistbarer“ werden und für brachliegendes Bauland wird eine Abgabe fällig. Wenn private Grundstücksbesitzer nicht selbst bauen oder eine Ausnahme geltend machen können, droht ihnen ein Verkauf an die Gemeinde unter Marktpreis oder eine jährliche Abgabe, die mehrere Tausend Euro betragen kann. Freilich: Sie können auch zum Marktpreis verkaufen, wenn sie dann noch Käufer finden. Bringen soll die Baulandmobilisierungsabgabe jährlich bloß 2,5 Millionen Euro.
„Es sind größere Eingriffe ins Wohnbausystem. Im Burgenland ist das einigermaßen revolutionär, weil mit der Abgabe auf gewidmetes unbebautes Bauland an den gewidmeten Stand herangegangen wird“, sagt Wifo-Ökonom Michael Klien. „Da ist das ein interessantes Experiment und vielleicht ein Beispiel für andere Bundesländer. In der Bodenbesteuerung liegt sehr viel Potenzial in Österreich, weil die Grundsteuer sehr gering ist.“
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