FPÖ-Chef Kickl attackiert ORF-Moderator Thür: "Unsauberer Journalismus"

ORF-"SOMMERGESPRÄCHE" MIT FPÖ-CHEF KICKL
FPÖ-Chef Herbert Kickl spricht sich für "Leistungskultur" und gegen die Überwachung von Messengerdiensten aus. Kritik an seinem Gehalt lässt er nicht gelten, dafür kritisiert er den Moderator mehrfach.

Es ist Herbert Kickls viertes ORF-Sommergespräch als FPÖ-Chef- aber erstmals ist die FPÖ mit ihm an der Spitze seit Monaten in den Umfragen auf Platz eins. Mit 27 Prozent liegen die Freiheitlichen laut APA-Wahltrend derzeit rund 4 Prozent vor ÖVP und SPÖ.

Am Traunsee – vor dem teils wolkenverhangenen Traunstein – geht es zuerst jedoch um den passionierten Bergsteiger Kickl und seine Gipfelsiege. Er kenne die Gegend („Ein wunderschöner Flecken Erde“.) Am Berg schätze er die Perspektive, da gehe es auch um „Leben und Tod“, dort müsse man sich seine Bergpartner genau aussuchen – so ähnlich verhalte es sich auch in der Politik. 

ORF-"SOMMERGESPRÄCHE" MIT FPÖ-CHEF KICKL: THÜR / KICKL

ORF-Sommergespräch: Martin Thür und Herbert Kickl am Traunsee

„Mit uns gibt es keine neuen Steuern“

Erst am Tisch geht es um realpolitische Inhalte. Die Finanzen. Sein Vorwurf an die jetzige Regierung ist, dass die wirtschaftlichen Probleme in Österreich „hausgemacht“ seien. Wenn es so weitergehe, dann würden die Unternehmer das Land verlassen. Er verspricht, sollte die FPÖ der stärkere Regierungspartner sein: „Mit uns wird es keine neuen Steuern geben.“ Anders als vor geraumer Zeit, als er sich für eine Bankensteuer einsetzte und als die FPÖ den Juniorpartner stellte. Um zu sparen, werde eine Strukturreform notwendig sein. Kickl will unter anderem auf das europäische Verteidigungsbündnis Sky Shield verzichten, um zu sparen. Zudem sollte die Mindestsicherung als Privileg den Österreichern vorbehalten sein. Die Gegenfinanzierung folge einem "Stufenplan", sei unter anderem auch durch Wirtschaftswachstum gewährleistet.

Dass die Krankenkassenreform unter der ÖVP-FPÖ-Regierung keine Ersparnis von einer Milliarde gebracht hat, wie ebenfalls versprochen, liege an den nachfolgenden Regierungen („Das ist die Trägheit des Systems“).

Wenige Minuten später geht es um die Möglichkeit der Überwachung von Messenger-Diensten. Die FPÖ spricht sich dagegen aus, die ÖVP unter anderem dafür. Warum er die Überwachung als ehemaliger Innenminister ablehnt, beantwortet Kickl mit der Politik während der Pandemie. Die türkis-grüne Regierung habe die Bevölkerung, die sich gegen die Corona-Maßnahmen auflehnte, „kriminalisiert“. 

"Man kennt den Feind" – Nein zu Überwachung von Messengerdienst

Das Überwachungsinstrument könne man „dieser Regierung“ nicht in die Hand geben. Nach „Lehrjahren im Innenministerium“ sei er geläutert, habe seine Meinung zu den Überwachungsmöglichkeiten geändert. Viel mehr kann der FPÖ-Chef heute strengeren Gesetzen abgewinnen. Erneut fordert der FPÖ-Chef ein "Verbotsgesetz gegen den politischen Islam". Er argumentiert: „Man kennt den Feind, aber man weigert sich aber ein maßgeschneidertes Gesetz zu schaffen. Nein zur Messenger-Überwachung.“

Dann macht Martin Thür Ex-Sicherheitssprecher Hans-Jörg Jenewein zum Gesprächsthema. Es geht um die Spionage-Affäre im BVT, das konfiszierte Handy Jeneweins und eine Anklage gegen ihn und den ehemaligen Verfassungsschützer Egisto Ott wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses. Daraufhin entspinnt sich ein Schlagabtausch zwischen Thür und Kickl. Man lege nicht überall die gleichen Maßstäbe an, andernfalls wären die Gerichtssäle überfüllt.

„Das ist unsauberer Journalismus“

Zur Halbzeit geht es um das System und Kickls Salär. Dass er als FPÖ-Generalsekretär zu viel verdient habe, stellt Kickl mehrfach in Abrede. Die genaue Summe will er nicht nennen, nimmt auch keine von Thür erwähnte Zahl in den Mund. Er habe Geld verdient, das sei „nichts Unständiges“. Er sei nicht mehr an einer Firma (Werbeagentur „Ideenschmiede“) beteiligt, es handle sich um "haltlose Behauptungen", Thürs Fragen seien „unsauberer Journalismus“ – und sie seien auch „juristisch nicht sauber“. Er, Kickl, habe vom Moderator mehr Sensibilität erwartet, zumal dieser durch die Causa Lena Schilling mit haltlosen Vorwürfen Erfahrung habe.

Kickl als FPÖ-Chef Teil der Eliten?

„Leistungskultur“ und „Attraktivierungsmaßnahmen“

Der nächste Themenkomplex „Migration“ beginnt mit einer Frage zu Ungarns Staatschef Viktor Orban und damit, ob Kickl seinem Asylkurs etwas abgewinnen kann. Ungarn hat eine Sonderregel für Gastarbeiter aus Russland und Belarus eingeführt, die in der EU für große Bedenken sorgen. Statt darauf zu antworten, sagt Kickl, dass er Orban dafür kritisiert hat, Schlepper freigelassen zu haben. Wenige Minuten später geht es um den Arbeitsmarkt und die fehlenden Arbeitskräfte. Der Rot-weiß-rot-Karte kann Kickl weniger abgewinnen, erst will er das Arbeitskräftepotenzial innerhalb der EU nutzen. Dies gehe aber nur mit „Attraktivierungsmaßnahmen“ in Österreich, unter anderem durch die Senkung von Lohnnebenkosten und eine „Leistungskultur“. Drittstaatsangehörige ohne Arbeit „müssen wieder nach Hause“, sie sollten Versicherungsleistungen erhalten, aber keine Sozialhilfe.

Demut & Donald Trump

Nach der US-Wahl und den Präsidentschaftskandidaten gefragt, gibt sich Kickl betont einsilbig. Der US-Wahlkampf sei „sehr spannend“, er werde sich aber nicht weiter dazu äußern oder mehr zu Donald Trump oder Kamala Harris sagen. Die eigene Wahl betreffend redet Kickl die Umfragewerte klein. „Mir ist die Stimmung draußen viel wichtiger. Ich bekomme viel Zuspruch“, sei „demütig“ und bekomme „viel Dankbarkeit für das, was wir in Corona für die Menschen getan haben“.

FPÖ-Chef Kickl attackiert ORF-Moderator Thür: "Unsauberer Journalismus"

Beim ORF-Sommergespräch mit FPÖ-Parteichef Herbert Kickl kam es am Montagabend auch zu einer kleinen Störaktion am Traunsee. Ein kleines Boot mit einem Plakat mit der Aufschrift "From Putin With Love" und "Danke Herbert", "Dein Wladimir" tauchte plötzlich am Traunsee auf, wie aus Bildern von der ORF-Produktion hervorgeht.  

FPÖ-Chef Kickl attackiert ORF-Moderator Thür: "Unsauberer Journalismus"

Die Demonstranten von der Partei "Der Wandel" wurden von einem Boot der Feuerwehr Gmunden abgefangen. 

FPÖ-Chef Kickl attackiert ORF-Moderator Thür: "Unsauberer Journalismus"

In die Sendung mit Martin Thür schafften es die Demonstranten damit nicht. 

FPÖ-Chef Kickl attackiert ORF-Moderator Thür: "Unsauberer Journalismus"

Weitere Bilder von der ORF-Produktion. 

FPÖ-Chef Kickl attackiert ORF-Moderator Thür: "Unsauberer Journalismus"

FPÖ-Chef Kickl attackiert ORF-Moderator Thür: "Unsauberer Journalismus"

FPÖ-Chef Kickl attackiert ORF-Moderator Thür: "Unsauberer Journalismus"

„Als rechtsextrem punziert“

Zum Schluss des Gesprächs geht es um die Vergangenheit. Die Wahl 1999, aus der die ÖVP-FPÖ-Koalition hervorging, wiewohl die SPÖ die stimmenstärkste Partei war. Ob heuer der FPÖ ein ähnliches Schicksal dräuen könnte, schmettert Kickl ab und zeiht Thür erneut, nicht recherchiert zu haben. „Die SPÖ hat es damals nicht zusammengebracht. Derjenige, der die meisten Stimmen hat, der soll den Regierungsbildungsauftrag bekommen.“

Den obligatorischen Wordrap beantwortet der FPÖ-Chef schnell.

Wie viele Parteifreunde bei ihm schon zu Hause zu Gast gewesen seien, habe er nicht gezählt – zudem „geht Sie das nichts an“.

Auf einer Rechts-Skala von 0  bis 100  stehe er „in der guten Mitte, die immer als rechtsextrem punziert wird“.

In Karl Marx‘ Werk habe er „hineingelesen, dann besseres kennengelernt“. 

Sein dezidiertes Wahlziel: „Stärkste Kraft zu werden und logisch ist, dass die FPÖ den Regierungsbildungsauftrag bekommt, dass es dann fünf gute Jahre für Österreich werden.“

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