Heinz Schaden: "Ohne meine Frau hätte es mich aufgestellt"
Heinz Schaden war 18 Jahre lang SPÖ-Bürgermeister in Salzburg, in Folge einer Swap-Affäre trat er 2017 zurück. Wie er die Entwicklung der Stadt und seiner Partei sieht – und wie es ihm seit seiner Verurteilung erging.
KURIER: Morgen sind Wahlen in Salzburg. Verraten Sie mir, wen Sie wählen?
Schaden: Ich habe schon gewählt. Wen, das bleibt bei mir.
Ich wäre davon ausgegangen, Sie wählen Rot?
Ich halte viel auf das Wahlgeheimnis.
SPÖ-Kandidat Bernhard Auinger hat mit Kay-Michael Dankl, KPÖ, einen starken Konkurrenten. Manche sagen sogar, er sei "der bessere Rote". Was sagen Sie?
Es stimmt mit Sicherheit, dass er sehr stark sozialdemokratische Themen setzt und der SPÖ ordentlich das Wasser abgräbt. Ich gehe davon aus, dass es eine Stichwahl geben wird. Auinger wird am Ende die besseren Karten haben. Dankl begeistert viele Junge, aber Auinger hat die Älteren auf seiner Seite – und das sind die, die wirklich zur Wahl gehen.
Die SPÖ gewinnt – aber nicht dank ihrer Themen?
Dankl hat Themen besetzt, die für viele Reizthemen sind – gerade das Wohnen verknüpft jeder mit ihm. Die SPÖ hat am ehesten noch das Thema Soziales. Aber die Bevölkerungsgruppe, die das betrifft, ist keine besonders laute im politischen Diskurs.
Die Wohnungspreise sind in Salzburg in absurde Höhen gestiegen – auch in Ihrer Bürgermeisterzeit.
Ich behaupte nicht, dass ich fehlerfrei war. Das Problem ist: Nur mit einem großen Angebot an Wohnraum kann man dauerhaft auf die Preise einwirken. Aber da sind der Stadt Salzburg Grenzen gesetzt. Es gibt de facto keine Baugründe mehr.
KPÖ-Kandidat Dankl sagt, man müsse „Zweckentfremdung und Spekulation verhindern“. Wie klingt das für Sie?
Das ist schon richtig. Wir haben in Salzburg sehr viele Wohnungen, die leer stehen, weil sie als reine Wertanlage gekauft bzw. nur während der Festspiele oder in den Ferien genutzt werden. Bis dato hat uns noch niemand sagen können, wie wir an die herankommen und sie auf den Markt bringen können.
Sie haben Salzburg 18 Jahre lang regiert. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Stadt seit Ihrem Abgang?
Das Positive vorweg. Es ist gelungen, die Stadt-Finanzen stabil zu halten, das ist hier nicht selbstverständlich. Das Negative: Es ist eine Lieblosigkeit zu spüren, wenn es darum geht, große Projekte umzusetzen. Vieles wird sofort beerdigt, wenn es Widerstand in der Bevölkerung gibt. Ein Beispiel: Seit Jahren reden wir, dass wir den Busverkehr verbessern wollen, mehr Busse brauchen aber mehr Platz. Auf einem Grundstück, das die Salzburg AG schon 2014 gekauft hat, hätte eine neue Remise entstehen sollen, das Projekt wurde aber ersatzlos gestrichen. Interessanterweise bemüht sich jetzt Dankl, das wieder aufzuwärmen.
Es klingt ein bisschen so, als wären Sie ein Fan von ihm.
Nein, nein (lacht). Ich gestehe ihm zu, dass er intelligent ist, eine hohe Sachkenntnis hat, gut rüberkommt und gut redet. Aber ich bin kein KPÖ-Wähler.
Heinz Schaden, gebürtiger Steirer, war 1999 der erste direkt gewählte Bürgermeister der Stadt Salzburg – und bis dato auch der längstdienende.
Seinen letzten Wahlsieg feierte der SPÖ-Politiker im März 2014, also vor genau zehn Jahren, als er bei der Bürgermeister-Wahl zunächst auf 45,4 Prozent kam und sich in der Stichwahl mit 68,9 Prozent gegen ÖVP-Konkurrent Harald Preuner durchsetzte. Preuner war es auch, der nach Schadens Rücktritt das Bürgermeister-Amt übernahm.
Dazu kam es in Folge des Salzburger Finanzskandals. 2013 stellte sich heraus, dass Schaden 2007 als Stadtoberhaupt negativ bewertete Swaps (Zinstausch-Geschäfte) an das Land Salzburg abgetreten hat. Schadenshöhe: 4,8 Millionen Euro.
2017 wurde Schaden erstinstanzlich als Beitragstäter zur Untreue des damaligen Landesrats Othmar Raus verurteilt. 2019 bestätigte der Oberste Gerichtshof das Urteil: Drei Jahre Haft, eines davon unbedingt. Die Strafe von Raus wurde von zwei auf zweieinhalb Jahre erhöht. Raus konnte die Haft aus gesundheitlichen Gründen nicht antreten, im Oktober 2020 starb er.
Auch Schaden musste nicht ins Gefängnis – er bekam eine Anstellung beim Landestheater und konnte die Strafe im elektronisch überwachten Hausarrest verbüßen.
Zudem muss er der Stadt Salzburg Schadenersatz für Anwaltskosten zahlen. Bei einem Vergleich einigte man sich auf 250.000 Euro. Den größten Teil habe er bereits abbezahlt, sagt er zum KURIER.
In seiner Pension engagiert sich der bald 70-Jährige bei der Diakonie für Integrationsarbeit.
Wie halten Sie vom „neuen“ SPÖ-Bundesparteichef?
Wenn ich Andreas Babler live erlebe, finde ich ihn sehr gut. Ihm fehlt aber noch einiges, das man entwickeln muss, wenn man Bundeskanzler werden will. Es braucht auch sicher mehr Breite. Aber ich gehöre nicht zu denen, die ihm etwas zurufen oder ihn schlecht machen. Denn was wäre die Alternative? Hans Peter Doskozil definitiv nicht.
Sie finden, Babler ist nicht Kanzler-like?
Babler trifft in seinem Ungestüm vielleicht nicht immer den richtigen Ton. Da muss er noch dazulernen.
Apropos Zurufe: Hat die Partei nichts dazugelernt nach dem Abgang von Pamela Rendi-Wagner?
Es ist nicht die Partei, es sind immer die gleichen zwei: Doskozil und Dornauer (Tiroler SPÖ-Chef Georg Dornauer). Die zwei haben definitiv nichts dazugelernt.
Dornauer und Doskozil sagen, es müsse erlaubt sein, dass man auch an der eigenen Partei Kritik übt. War das nicht immer so?
Nein, diese Disziplinlosigkeit ist erst bei Rendi-Wagner eingerissen. Ich bin seit den 80er-Jahren Parteimitglied, so etwas hat es früher nicht gegeben. Vielleicht in der Spätphase von Werner Faymann rund um den 1. Mai. Von Alfred Gusenbauer gibt es das berühmte Zitat mit dem „üblichen Gesudere“. Aber ihm ist man, auch in Opposition, noch mit Respekt begegnet. Einfach, weil man wusste, es braucht diese Geschlossenheit gegen die schwarz-blaue Koalition.
Kann die Kanzlerschaft daran scheitern?
Das würde ich so nicht sagen, aber klar ist: Jeder Streit schwächt. Und das hat sich Babler auch nicht verdient.
Sie werden am 29. April 70 Jahre alt. Reizt es Sie, in die Politik zurückzukehren?
Nein. Konrad Adenauer ist mit 80 Bundeskanzler geworden, aber das schließe ich für mich aus (lacht).
Sie haben mit Ex-Kanzler Sebastian Kurz den Oberstaatsanwalt gemeinsam: Gregor Adamovic hat Sie 2017 wegen Untreue vor Gericht gebracht. Kurz sagt, die WKStA würde politisch einseitig ermitteln.
Was ich bestätigen kann, ist: Die WKStA arbeitet schon mit großer Vehemenz. Ob das immer mit Augenmaß erfolgt, wage ich zu bezweifeln. Dass sie einseitig unterwegs wären, stimmt aber nicht. Bei Kurz hat es einen ÖVPler erwischt, bei mir einen SPÖler.
Wie schnell erholt man sich von einem Schuldspruch?
Die psychische und finanzielle Erholung dauert lang. Aber ich habe bis heute das Glück, dass die Leute sehen, dass ich keine Linke gedreht, sondern einfach nur versucht habe, für die Stadt das Beste zu tun. Dass das eine Beihilfe zur Untreue ist, ist für viele unbegreiflich. Aber es ist, wie es ist. Ich bin darüber hinweg.
Sie haben immer betont, wie wichtig Ihre Frau in dieser Krise für Sie war. Sind Sie heute noch zusammen?
Die Ehe ist seit elf Jahren nicht nur aufrecht, sondern auch sehr gut. Ohne meine Frau hätte es mich aufgestellt.
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