Heidi Horten: Wer ist die spendable "Gräfin" vom Wörthersee?
Bei den Menschen in ihrer Wahlheimat Kärnten ist Heidi Horten beliebt. Sie ist eine große Gönnerin. Kein Wunder also, dass sich das Land da revanchieren will. Und der 78-jährigen Milliardärin jetzt nicht nur den Landesorden in Gold verleiht – sondern obendrein gleich noch einen Adelstitel.
Als „Gräfin“ ist Heidi Horten in der Einladung zur Ordensverleihung tituliert. Irrtümlich, natürlich. Das bemüht man sich wenig später in der SPÖ-geführten Landesregierung zu erklären.
Es ist das dritte Mal innerhalb kürzester Zeit, dass Heidi Horten für Schlagzeilen sorgt. Nicht eben zu ihrer eigenen Freude, wie man vernimmt. Horten ist medienscheu. Mit der High Society hat sie wenig am Hut.
In Erscheinung tritt sie nur, wenn es um eines ihrer drei Herzensthemen geht: Charity, Kunst, Sport. Dass ihr zusätzlich die Politik am Herzen liegt, könnte man nach den jüngsten Geschehnissen meinen.
Im berüchtigten Ibiza-Video spricht Heinz-Christian Strache ganz offen von ihr: Horten habe – wie auch andere – über einen Verein zwischen 500.000 und zwei Millionen Euro gespendet. Sie lässt sofort dementieren.
Eine Million Euro an ÖVP
Drei Monate später kann sie eine andere Spende nicht mehr leugnen: Heidi Goëss-Horten, wie sie in vollem Namen seit ihrer dritten Ehe heißt, überwies seit 2018 nahezu eine Million Euro an die ÖVP unter Sebastian Kurz. Exakt 931.000 Euro sind es – gestückelt in Einzelbeträge von weniger als 50.000 Euro. So wurden die Zahlungen nicht sofort meldepflichtig.
Ob sie auch in den Jahren davor für die ÖVP gespendet hat (oder gar für mehrere Parteien), will Horten auf KURIER-Anfrage nicht beantworten. Das richtet ihr Anwalt aus.
Vermögen auch durch Arisierung
Für Tratsch und Aufregung sorgte in früheren Jahren weniger die Frage, wofür Horten ihr Vermögen ausgibt. Sondern eher jene, woher sie das Geld hat. Begonnen hatte alles in Velden am Wörthersee, wo sie im Alter von 19 Jahren den 30 Jahre älteren Helmut Horten kennenlernte. 1966 heirateten die beiden. Horten schenkte seiner Braut den Blauen Wittelsbacher, einen 35-Karat-Diamanten aus dem Kronjuwelenschatz Bayerns.
Der Unternehmer hatte sein Vermögen ab 1936 mit Kaufhäusern gemacht – nicht zuletzt auf Basis einer Arisierung des Warenhauses Gebrüder Alsberg. Während des Kriegs organisierte er als „Reichsverteiler für Textilien“ den rationierten Handel mit Kleidung. Seine Nazi-Kontakte brachten ihn nach dem Krieg für 17 Monate in ein Internierungslager. Kaum auf freiem Fuß nahm er seine Geschäfte wieder auf.
Die Milliardärin und Kaufhaus-Erbin besitzt laut Forbes-Magazin ein Gesamtvermögen von 2,71 Milliarden Euro. Das verschafft ihr den 715. Platz auf der Liste der 2000 reichsten Menschen der Welt. Unter diesen 2000 Milliardären finden sich im Jahr 2019 auch neun Österreicher. Heidi Goëss-Horten nimmt die Position der viertreichsten Österreicherin ein.
Als einzige weibliche österreichische Milliardärin reiht sich Horten hinter Dietrich Mateschitz (reichster Österreicher und damit Nummer 53 der Welt), Novomatic-Gründer Johann Graf und Immobilien-Tycoon Rene Benko ein.
Als ihr Mann 1987 verstarb, erbte Heidi Horten alles. Schon damals wurde ihr Vermögen auf einer Milliarde Dollar geschätzt. Weitere Beziehungen – mit einem französischen Blumengroßhändler und Millionär sowie mit einem britischen Ex-Bankier – folgten. Ihr Vermögen konnte sie weiter vermehren.
Kunstsammlerin Horten
Hortens Leidenschaft gilt seit den 1970er-Jahren der Kunst. 1996 war sie die „mysteriöse Käuferin“, die übers Telefon 30 Gemälde bei Sotheby’s London ersteigerte: Renoir, Picasso, Chagall, Francis Bacon. Agnes Husslein, damals Chefin von Sotheby’s Österreich, beriet ihre Freundin Horten beim Aufbau einer Kunstsammlung, die lange nur deren Privaträume zierte.
Im Vorjahr holte Husslein die Sammlung im Leopold Museum ans Licht: „WOW! The Heidi Horten Collection“ war ein Publikumshit. 360.000 Menschen sahen die Schätze, unter denen sich kunsthistorisch relevante Werke wie Klimts „Kirche in Unterach am Attersee“ (1916) finden.
Bahamas und 100 Meter lange Jacht
Ihren Lebensabend verbringt Horten auf den Bahamas und auf ihrer knapp 100 Meter langen Jacht „Carinthia VII“, einem der größten Privatschiffe der Welt. Vor allem aber am Wörthersee.
Zu den Nachbarn zählen die Reichen des Landes – Porsches, Piëchs und Flicks. Nicht immer läuft es friktionsfrei: Ein skurriler Streit mit Ingrid Flick über einen Feldweg brachte Horten 2012 sogar in deutsche Medien. Sie setzte sich durch.
Bei den Kärntnern ist sie beliebt. Zuletzt förderte sie Medizin-Einrichtungen mit rund 9,4 Millionen Euro. Und dann wäre da ihre Liebe zum KAC: Seit 1992 ist Horten beim Eishockey-Rekordmeister engagiert, sechs Meistertitel gewann der Klub in dieser Zeit, heute ist sie Ehrenpräsidentin. Ihre Stiftung investiert Millionen in Stars und Nachwuchsförderung, schätzt man. Das Engagement ebnete den Weg zur Ordensverleihung.
Übrigens: Ihr Mann Karl „Kari“ Anton Goëss stammt aus dem Adelsgeschlecht von Goëss. Wären Adelstitel in Österreich nicht längst verboten, stünde er im Rang eines Grafen. Auch heute nennen ihn viele salopp „den Grafen“.
Womit auch der Polit-Fauxpas rund um die „Gräfin“ Horten geklärt wäre.
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