Knapp 82 Prozent des Seeufers sind, wie die Rechercheplattform Addendum zuletzt berechnet hat, in privatem Besitz und größtenteils von Mauern und Gewächsen abgeschirmt. Von der gesamten Uferlänge am Wörthersee sind lediglich nur noch neun Prozent öffentlich zugänglich, wie folgende Grafik zeigt:
Eine deutsche Familie macht gerade bei Pörtschach eine Pause während einer Radtour. „Es ist wunderschön hier. Die Ruhe, der See und das Wetter“, sagt der Vater. Er wird von ohrenbetäubendem Lärm unterbrochen – ein Güterzug prescht mit 100 km/h vorbei. „Na gut, bis auf das hier – ist eigentlich nicht nötig, direkt am See die Gleise zu haben.“
Der auftretende Lärm hat auch schon Bürgerinitiativen auf den Plan gerufen, die eine Untertunnelung fordern. In Bad Saag warten die Initiatoren des „Kärntner Seenvolksbegehren“ Walter Polesnik und Gerhard Godescha. Sie fordern ein Verkaufsverbot für öffentlicher Seegrundstücke und sehen die neu eröffneten Seezugänge als Augenauswischerei der Politik. „ Die Seezugänge waren bereits vorhanden. Sich hinzustellen und diese als neugewonnen Fläche zu präsentieren, nur weil man nette Fotos mit neu angebrachten Rettungsringen haben möchte, erschließt sich mir nicht“, sagt Polesnik.
Nicht genug
Weiters fordern die beiden ein Neubebauungsverbot von Grundstücken im Besitz der öffentlichen Hand. Ganz anderer Meinung ist Otto Retzer, eine Kultfigur und Fixbestandteil der High Society rund um den Wörthersee. „Ich bin einer der Menschen, der am Abend gern in eines der hoch angesehenen Restaurants rund um den See geht. Diese leben nun mal von Menschen, die ihren Zweitwohnsitz am See haben“, sagt Retzer.
Retzer meint, dass es nicht weniger Seebebauung geben sollte, sondern mehr. „Es müssten noch einige ansprechende Hotels um den See gebaut werden“, ist der Regisseur überzeugt. Freunde von ihm hätten es während der Saison teilweise schon schwer, ihre Gäste unterzubringen.
Einen ganz anderen Weg möchte die im Westen des Wörthersees gelegene Gemeinde Velden beschreiten. Diese beschloss im Gemeinderat eine neue Strategie im Bezug auf die Seeverbauung. Wesentliche Ziele sind unter anderem ein generelles Abrücken der Baulinien vom Seeufer sowie die generelle Optimierung und Vernetzung von Grünräumen.
Velden will damit eine Vorreiterrolle rund um den See einnehmen. Die See- „Not“ macht erfinderisch.
Mauer musste weg
Aufruhr herrschte auch, als die Milliardärin Ingrid Flick 900 Meter Seestraße in Dellach kurzer Hand weg vom Ufer verlegen wollte. Nach massiven Protesten musste das Projekt, obwohl bereits von der damaligen Landesregierung beschlossen, stillgelegt werden. Prominente Unterzeichnerin einer Petition gegen die Verlegung war Heidi Horten, deren Grundstück sich ebenfalls entlang des Südufers befindet.
Einfallsreich sind Besitzer, wenn es darum geht einen direkten Seezugang zu schaffen. Paradebeispiel hierfür ist ein 30 Meter lange Brücke in Reifnitz, die eine Villenanlage samt Hotel über die Süduferstraße mit einem Seegrundstück verbindet. Nach einer Fahrt mit dem hauseigenen Lift befindet man sich direkt am See.
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