Hacklerregelung: "Ein Murks, ein fauler Kompromiss"
Es war ein Hin und Her, doch jetzt ist sie Geschichte: die Hacklerregelung. 2019 als Wahlzuckerl und (auch) unter der Zustimmung der ÖVP einmal mehr eingeführt, hat die türkis-grüne Bundesregierung dieses Pensionsspezifikum am Dienstag wieder abgeschafft.
Die Konsequenz: Wer 45 Jahre gearbeitet und noch nicht das Mindestpensionsalter von 65 Jahren erreicht hat, darf ab dem Jahr 2022 nicht mehr abschlagsfrei in Pension gehen.
Ersatzlos gestrichen ist die Hacklerpension freilich nicht. Die Grünen haben eine „Kompensation“ ausverhandelt – den „Frühstarterbonus“: Wer im Alter zwischen 15 und 20 Jahren bereits gearbeitet und Versicherungszeiten gesammelt hat, bekommt in der Pension monatlich 60 Euro zusätzlich aufs Konto.
Während die Opposition zürnt, wird das Ende der Hacklerpension von Fachleuten vielfach begrüßt.
„Nicht nachhaltig“
Pensionsexperte Bernd Marin befürwortet im Gespräch mit dem KURIER die Abschaffung, allerdings geht ihm die Änderung nicht weit genug: „Die Lösung ist ein Murks, ein fauler Kompromiss, unverständlich, unfair und nicht nachhaltig.“
Stattdessen solle man Anreize schaffen, „damit die Menschen länger arbeiten wollen und können“, so Marin: „Wir hatten 2019 genau dasselbe Pensionsalter wie im Jahr 1976 – 44 Jahre Stillstand, obwohl wir mittlerweile über ein Jahrzehnt länger leben.“
Wie problematisch die Lage ist, zeige sich allein daran, dass die Bundeszuschüsse zur Sicherung der Pensionen allein von 2018 bis 2024 um 55 Prozent von rund neun auf dann über 14 Milliarden Euro ansteigen. „Geld wächst“, sagt Marin, „koste es, was es wolle, offenbar längst auf den Bäumen.“
Befürworter der Hacklerregelung argumentierten wiederholt, dass schwer arbeitende Menschen nicht ewig im Erwerb bleiben könnten. Marin hält dem wie folgt entgegen: „Die sogenannte Hacklerregelung war nie für echte ‚Hackler‘. Nacht-, Schicht- und Schwerstarbeiter sollen und können früher abschlagsfrei in Pension gehen.“ Von der Hacklerregelung hätten allerdings vor allem Gutverdiener und Langzeitbeschäftigte profitiert: „Bis zu 90 Prozent der Mitarbeiter der Finanzverwaltung etwa haben sie genutzt.“
Hacklerregelung
Wer 45 Beitragsjahre hat, kann mit 62 Jahren ohne Abschläge in Frühpension gehen. Diese Regelung gilt ab 2022 nicht mehr. Die Frühpension mit 62 bleibt möglich, aber wie zuvor mit Abschlägen von 4,2 Prozent pro Jahr.
Frühstarterbonus
Soll die Hacklerpension ab 2022 ersetzen: Wer vom 15. bis zum 20. Lebensjahr gearbeitet hat und insgesamt 25 Beitragsjahre vorweisen kann, bekommt zusätzlich 60 Euro pro Monat und damit bis zu 840 Euro jährlich.
„Treffsichere Lösung“
Als Beamter ungewohnt klar äußerte sich wiederholt Kurzzeit-Sozialminister Walter Pöltner. Er ist seit November 2019 Chef der Alterssicherungskommission, die sich mit der Finanzierung des Pensionssystems beschäftigt.
Pöltner betont, dass die Regelung nicht treffsicher sei, Frauen benachteilige und vor allem Personen aus „gesicherten Arbeitsbereichen“ bevorzuge. „Grundsätzlich ist bekannt, dass ich die Abschaffung goutiere“, sagt Pöltner zum KURIER – und lobt den Frühstarterbonus: „Das halte ich für eine treffsichere Lösung. Damit werden etwa Lehrlinge, Handelsschülerinnen und Bauern unterstützt.“
Bonus noch teurer?
Anders bewertet das Neos-Sozialsprecher Gerald Loacker. Er warnt: Der Frühstarterbonus könnte sogar teurer ausfallen als die Hacklerregelung und 2050 rund 1,8 Milliarden Euro jährlich kosten. Die Abschaffung der Hacklerregelung begrüßen die Neos, aber so werde nur nicht vorhandenes Geld umverteilt. Dass SPÖ und FPÖ gegen die Abschaffung Sturm laufen, war absehbar.
Von einem „Anschlag auf die Langzeitversicherten“ sprach FPÖ-Klubobmann Kickl. Die SPÖ meint, dass man die Regelung beibehalten und das Pensionseinkommen der Frauen mit besserer Anrechnung der Kindererziehungszeiten hätte erhöhen sollen. FSG-Chef Rainer Wimmer: „Wir werden Widerstand leisten.“
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